In Weimar haben die Frauen die Hosen an
„Tatort“. In „Der letzte Schrey“(1. 6. im ORF) geht es um familiäre Verwicklungen. Amüsant, trotz des Schreckens.
Ein Mann hält in einem AutobahnCafe,´ plaudert mit der Kellnerin, die in sein Auto einsteigt, bald darauf sind die zwei verheiratet. Welch eine romantische Geschichte. Der „Tatort: Der letzte Schrey“ist allerdings eher gespickt mit wenig wahrscheinlichen familiären Verwicklungen. Die deutsche Krimireihe hat eine gewisse Vorliebe für Dramen im gutbürgerlichen Milieu. Der Zuschauer erfährt: Die wohlhabenden Menschen sind selten glücklich und oft schwer verschuldet. Wie beruhigend.
Herr und Frau Schrey leben in einem noblen Haus. Sie hat was von einer Domina. Als Einbrecher der herben Blondine eine Pistole an die Schläfe halten, herrscht sie ihren entsetzten Mann an, der den Eindringlingen den Schmuck anbietet, um die Gattin zu retten: „Du Schlappschwanz!“„Ich bitte dich, nicht vor den Leuten“, mahnt der sanftmütige Senior.
In Weimar ermitteln Christian Ulmen („Herr Lehmann“) als Lessing und Nora Tschirner als Kira Dorn. Die Kommissare sind auch im Leben ein (köstliches) Paar. Das ist was Neues. Weniger neu, aber unterhaltsam: In Krimis haben jetzt die Frauen die sprichwörtlichen Hosen an. Als Dorn und Lessing mit gezogenen Pistolen in einer Ruine nach möglichen Tätern fahnden, hat er mehr Angst als sie. Wir bangen mit beiden.
Murmel Clausen (Buch) und Mira Thiel (Regie) sind für diesen „Tatort“verantwortlich. Er ist voll überraschender Wendungen, ein wenig wie bei Feydeau. Man amüsiert sich trotz des dargebotenen Schreckens, kann aber nicht glauben, dass sich derartige Zufälle im richtigen Leben ereignen. (bp)