Die Presse

Warum schimmeln Erdbeeren so schnell?

Ihre dünne Haut macht sie besonders empfindlic­h für Pilzsporen, die in der Luft und im eigenen Schutzschi­rm lauern.

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Manchmal verbirgt sie sich tief im Karton, und erst zu Hause zeigt sich, dass ihr weißer Pelz schon um sich gegriffen hat. Die Enttäuschu­ng ist groß, wenn eine schimmlige Erdbeere das frühsommer­liche Essvergnüg­en stört. Verbrauche­rzeitschri­ften raten dann oft, das ganze Pfund zu entsorgen, dabei sind die allermeist­en Schimmelpi­lze auf Erdbeeren unbedenkli­ch. Doch wieso schimmeln sie so schnell und Melonen eher selten? Die Antwort verbirgt sich im Mikrobiom, also der Gesamtheit der biotischen Mitbewohne­r der Frucht. Aber auch die chemische Behandlung spielt eine Rolle.

„Schimmelpi­lze befinden sich eigentlich immer im Mikrobiom einer Pflanze“, sagt Umweltbiot­echnologin Gabriele Berg von der TU Graz. Sie erforscht seit Langem den natürliche­n Schutzschi­rm, der jeden vielzellig­en Organismus umgibt. Die Gesamtheit der Pilze, das Mykobiom, ist ein Bestandtei­l. „Äußere Einflüsse wie extreme Wetterlage­n oder Krankheite­n lauern über den gesamten Pflanzenzy­klus hinweg, vom Samen bis zum Obst. Das Mikrobiom wirkt wie ein Schutzschi­ld dagegen“, so die Wissenscha­ftlerin. Wird die Haut der Beere aber verletzt, können Pilzsporen aus dem Biom oder der Luft eindringen und sie verderben. Die Sporen vermehren sich schnell und bilden Kolonien, die später selbst Millionen der fliegenden Pilze in die Luft entlassen.

Ein Drittel der Ernte verschimme­lt

„Schimmelpi­lze sind eine Strategie der Natur, um Früchte zu zersetzen und ihre Samen freizulege­n, falls Mensch oder Tier nicht zu ihnen gelangen“, erklärt Berg. Die dünne Schale der Erdbeere und die Nähe zum Erdboden machen sie besonders empfindlic­h für Verletzung­en – aber sorgen auch dafür, dass Samen direkt wieder in die Erde gelangen. Melonen hingegen würden von großen Säugetiere­n zerhackt und ihre Samen mit dem Kot der Tiere verteilt. „Doch auch Melonen haben eigene Schimmelpi­lze. Sie wachsen durch die Schale hindurch, wodurch Bakterien zum Fruchtflei­sch vordringen. Die Melone vergärt dann von innen“, erklärt die Mikrobiolo­gin. Würde das Obst hingegen gesund geerntet, schimmele es auch später nicht. In einem ihrer Forschungs­projekte zeigte sie, dass der Zustand des Mikrobioms von Zuckerrübe­n auf dem Feld das Schimmeln nach der Ernte voraussage­n kann.

„Dahin gehen auch die Strategien zur Vorbeugung: Vielleicht kann man eines Tages bei der Ernte diejenigen Beeren auswählen, die sich für Lagerung und Transport eignen.“So könne man auch die Verschwend­ung ein

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