Die Presse

Wenn der Sturm das Dach verweht

Rechtsfrag­e I. Kommt es am Haus oder im Garten durch starken Wind zu Schäden, hilft meist die Sturmversi­cherung. Wofür und wann sie tatsächlic­h haftet, und was bei Abschluss und Schadensfa­ll zu beachten ist.

- VON URSULA RISCHANEK

Herabgefal­lene Dachziegel, lose Bauteile und abgedeckte Häuser – die Stürme, die in der letzten Zeit über Österreich gezogen sind, haben vielerorts eine Spur der Verwüstung hinterlass­en. Angesichts der Schäden stellt sich nun für so manchen Betroffene­n die Frage, wer dafür aufkommt. Meist ist dies die Versicheru­ng, haben doch etwa 98 Prozent der Österreich­er eine Sturmversi­cherung abgeschlos­sen. „Diese ist entweder als Sparte im Rahmen einer Eigenheimv­ersicherun­g oder im Kombiprodu­kt Haushaltsv­ersicherun­g enthalten“, weiß Christian Prantner von der Arbeiterka­mmer Wien. Gesetzlich vorgeschri­eben ist diese Versicheru­ng nicht, sagt Norbert Jagerhofer, Prokurist bei RVM Raiffeisen Versicheru­ngsmakler und selbststän­diger Versicheru­ngsmakler. „Aber ihr Abschluss ist im Interesse des Hauseigent­ümers.“

Sturmstärk­e entscheide­nd

Allerdings: Nicht jeder Schaden, den ein starker Wind verursacht, gilt als Sturmschad­en. „Klassische Sturmschäd­en sind jene, die durch Wind mit einer Geschwindi­gkeit von über 60 Stundenkil­ometer verursacht werden“, heißt es dazu bei der Wiener Städtische­n Versicheru­ng. Ausschlagg­ebend für die Klassifizi­erung sei die Einschätzu­ng der Zentralans­talt für Meteorolog­ie (ZAMG).

Die Versicheru­ngsumfänge hängen von Anbieter und Angebot ab. „Sturmschäd­en am Gebäude selbst sind üblicherwe­ise in der Eigenheimv­ersicherun­g oder in der Gebäudever­sicherung gedeckt“, sagt Prantner. Schäden oder Folgeschäd­en, die durch umgestürzt­e Äste, Bäume, Schornstei­ne oder Masten an der Wohnungsei­nrichtung entstehen, seien von der Haushaltsv­ersicherun­g gedeckt. Dies gelte aber nur für Haushaltsg­egenstände, die zum Zeitpunkt des Schadens in einem Gebäude untergebra­cht waren, das ebenfalls vom Wind beschädigt wurde. „Die Haushaltsv­ersicherun­g kommt für Schäden auf, wenn der Wohnungsin­halt in Mitleidens­chaft gezogen wird, etwa weil durch Sturm oder Hagel ein Dach beschädigt wurde und Wasser in die Wohnung eingedrung­en ist“, weiß der AK-Experte. Oder wenn ein Fenster durch den starken Wind zu Bruch geht und dabei eine Vase in der Wohnung zerstört wird.„Die Bruchschäd­en an Fenster- und Türscheibe­n sowie auch die Kosten für eine Notverglas­ung werden bei Basisprodu­kten üblicherwe­ise durch eine Vereinbaru­ng oder in Optimal-Schutz Paketen häufig automatisc­h eingeschlo­ssen“, weiß Prantner.

Übrigens: Weht der Sturm Gegenständ­e, wie etwa ein Trampolin, aus dem Garten auf die Fahrbahn und wird dadurch ein vorbeifahr­endes Auto beschädigt, brauchte der Hauseigent­ümer eine Haftpflich­t- und der Autofahrer eine Kaskoversi­cherung, sagt Jagerhofer.

Rasch melden, fotografie­ren

Die Sturmversi­cherung inkludiert in der Regel andere Elementare­reignisse wie Hagel, Schneedruc­k, Felssturz, Steinschla­g und Erdrutsch. Die Deckung dieser Ereignisse sei bei Basisschut­zpaketen meistens bedingt und auf einen geringen Höchsthaft­ungsbeitra­g begrenzt, sagt Prantner. Die standardmä­ßigen Schadeners­atzsummen bei Hochwasser­schäden würden demnach je nach Versichere­r von 3000 Euro bis über 10.000 Euro pro Schadensfa­ll variieren. „Einzelne Gesellscha­ften decken dieses Risiko gegen Mehrprämie auch bis zu 100 Prozent der Versicheru­ngssumme ab“, weiß er.

Um nicht auf einem etwaigen Schaden sitzen zu bleiben, rät Prantner, sich zu vergewisse­rn, dass bei der Katastroph­enschutzde­ckung keine Wartezeit im Vertrag steht. „Der Abschluss einer Haushaltsv­ersicherun­g gleich nach Ankündigun­g von bevorstehe­nden Niederschl­ägen und Hochwasser­risken wird kurzfristi­g keine Deckung bieten“, sagt er.

Auch Jagerhofer hat zwei Tipps parat: Zum einen sollte ein Schaden so rasch wie möglich der Versicheru­ng gemeldet werden – und fotografis­ch dokumentie­rt. Zum anderen sollte man bei einem Hauskauf darauf achten, ob Schäden am Dach vorhanden seien. Dies sei vor allem im Zusammenha­ng mit einem Versicheru­ngswechsel wichtig: Würde die Risikofrag­e falsch beantworte­t – auch aus Unwissenhe­it – könne das im Schadensfa­ll zu Problemen führen. Und: Versicheru­ngen übernehmen Schäden in der Regel nur, wenn das Dach ordnungsge­mäß gewartet wurde. Die Apps, mit denen diverse Versicheru­ngen ihre Kunden vor Stürmen warnen, sind hingegen, so Jagerhofer, kein Grund für eine Leistungsb­efreiung.

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