Auf das Glücksspiel folgen die Spender
Ibiza. Es war ein zähes Ringen, aber der Regieplan für den zweiten Akt im U-Ausschuss steht fest: Vorsitzender Wolfgang Sobotka wird befragt, genauso wie Rene´ Benko und Hans Peter Doskozil.
Wien. Vor der Sommerpause war der parlamentarische Untersuchungsausschuss eine thematische Insel – nicht nur, weil es um Ibiza ging: Während Österreich gegen die Ausbreitung des Coronavirus ankämpfte, richtete man im Lokal 7 der Wiener Hofburg die Aufmerksamkeit auf ein ganz anderes Thema. Zehn Befragungstage lang rollte man die Causa Ibiza auf – von Postenschacher über politische Einflussnahme auf Ermittlungen bis hin zu mutmaßlicher Korruption.
Auch wenn der U-Ausschuss seine Arbeit im September fortsetzt, wird die Pandemie nicht überstanden sein. Dann wird die Tagespolitik aber auch von einem ganz anderen Thema beeinflusst
AUF EINEN BLICK
Der Fahrplan. Die neue Befragungsrunde startet am 9. September mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Bis zum November sollen auch der Industrielle Hans Peter Haselsteiner, Burgenlands Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil (SPÖ), und Immobilieninvestor Rene´ Benko geladen werden. sein: der Wien-Wahl. Wer also vor dem Urnengang am 11. Oktober vor dem U-Ausschuss erscheinen muss, ist eine besonders heikle Frage. Je nach Auskunftsperson können Parteien die Befragung für den eigenen Wahlkampf nutzen.
Auch deswegen hat es also gedauert, bis sich die Fraktionen im Ausschuss einigen konnten. Wolfgang Sobotka (ÖVP), Nationalratspräsident und Ausschuss-Vorsitzender, hatte den Parteien sogar ein Ultimatum gegeben: Sollten sie sich nicht auf eine Ladungsliste einigen, werde er entscheiden. Es kam dann nicht so weit: Am Donnerstagnachmittag fixierten die Parteien ihren Fahrplan. „Habemus Ladungsliste“, twitterte der grüne Abgeordnete David Stögmüller nach dem Treffen.
So kam Sobotka nicht in die Verlegenheit, über sich selbst entscheiden zu müssen. Denn auch er steht auf der Ladungsliste. Am 9. September, dem ersten Befragungstag, muss Sobotka seine Rolle wechseln – und Auskunft erteilen. SPÖ und Neos wollen Sobotkas Berührungspunkte mit dem Glücksspielkonzern Novomatic beleuchten. Es geht einerseits um Treffen mit führendem Novomatic-Personal. Andererseits um seine Funktion als Präsident des Alois-MockInstituts – der Verein erhielt Geld von Novomatic.
Grundsätzlich soll im Ausschuss eine zentrale Frage geklärt werden: Wurde während Türkis-Blau Gesetzeskauf betrieben? Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt bereits. Im Ausschuss soll die politische Verantwortung geklärt werden. Als erster Themenblock ist im September die Causa Glücksspiel an der Reihe.
Ein Deal mit Novomatic?
Zur Erinnerung: FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo wurde im März 2019 zum Finanzvorstand der teilstaatlichen Casinos Austria bestellt. Es gab Zweifel an seiner Qualifikation, doch neben den Vertretern der Republik stimmte auch Novomatic dafür. Bloß: warum? Wurden womöglich Änderungen des Glücksspielgesetzes in Aussicht gestellt? Neben der FPÖ will der U-Ausschuss (mit Ausnahme der ÖVP, naturgemäß) den Fokus auf die Kanzlerpartei legen. Denn auch das Finanzressort unter Minister Hartwig Löger und Generalsekretär Thomas Schmid arbeitete an einer Novelle im Glücksspielbereich. Die WKStA ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung.
Neben Sobotka sind am ersten Befragungstag daher Bernhard Krumpel (ehemaliger Leiter Konzernkommunikation Novomatic und Sobotkas Ex-Pressesprecher) sowie Markus Braun geladen. Dieser Markus Braun hat übrigens nichts mit Wirecard zu tun, sondern ist Vorstand von Sigma Investment und ORF-Stiftungsrat, Sidlo war bei ihm Finanzvorstand. Am 10. September geht es mit Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner und Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) weiter.
Am 8. Oktober – also kurz vor der Wien-Wahl – soll es um die Causa Prikraf gehen. Auch hier gibt es mutmaßlich Gesetze auf Wunsch von Bekannten bzw. Spendern, dieses Mal im Gesundheitsbereich. Danach befasst sich der Ausschuss mit Großspendern: Am 21. Oktober ist Immobilieninvestor Rene´ Benko geladen. Der genaue Fahrplan reicht bis November, danach gibt es eine lose Vereinbarung: Unter anderem soll Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) zu Vereinen befragt werden.