Die Presse

Volksanwal­t Amon fordert Bundesstaa­tsanwalt

Justiz. Werner Amon will Staatsanwa­ltschaften über einen parlamenta­rischen Unteraussc­huss ständig kontrollie­ren lassen. An der Spitze der Ankläger solle ein Bundesstaa­tsanwalt stehen. Einen solchen hat die ÖVP bisher abgelehnt.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Werner Amon hat innerhalb eines Jahres einen beachtlich­en Imagewande­l hingelegt. Einst galt er als Scharfmach­er der ÖVP, nun ist er seit einem Jahr Volksanwal­t – und als dieser ganz in der Rolle des Helfers des einfachen Mannes. Neuerdings Good Cop also.

Diesen Posten hat er von seiner Partei nicht unbedingt als Belohnung bekommen – Amon gilt als loyaler Schwarzer, war ÖVP-Generalsek­retär unter Ex-ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehn­er und war in der neuen türkisen ÖVP ein Unbequemer, nicht immer nur auf Parteilini­e. Auch als Volksanwal­t lässt er wieder mit Vorschläge­n aufhorchen, die nicht ganz auf Parteilini­e sind. So plädiert Amon im „Presse“-Gespräch für einen Bundesstaa­tsanwalt.

Über die Einrichtun­g eines solchen hatte es in den vergangene­n Monaten viele Diskussion­en gegeben. Vor allem die Opposition hatte darauf gedrängt, das aktuelle Weisungsre­cht abzuschaff­en.

Staatsanwa­ltschaften sollten nur einer unabhängig­en Person verpflicht­et sein, fand sie – das Parlament solle einen Bundesstaa­tsanwalt bestellen. Die ÖVP hatte sich in dieser Debatte zuletzt klar dagegen ausgesproc­hen.

„Verfahren zu lange“

„Wir haben immer wieder Beschwerde­n über die Arbeit der Staatsanwa­ltschaften. Dass nicht ermittelt wird, obwohl angezeigt ist. Dass Verfahren zu lange dauern. Auch über Diversione­n gibt es Beschwerde­n“, sagt Amon.

Seiner Meinung nach fehlt den Staatsanwa­ltschaften die externe und begleitend­e Kontrolle. „Die Staatsanwa­ltschaften evaluieren sich als einzige Behörde selbst, das ist nicht gut“, so Amon. Darum plädiert er dafür, alle Staatsanwa­ltschaften unter Kontrolle zu stellen – etwa über einen ständigen Unteraussc­huss des Parlaments.

An der Spitze der Ankläger brauchte es laut Amon jemanden, der dem Parlament gegenüber verantwort­lich ist. Den Bundesstaa­tsanwalt nennt er als eine seiner Meinung nach gute Lösung, sofern es einen parlamenta­rischen Bestellvor­gang und eine Verantwort­ung gegenüber dem Parlament gibt.

Momentan steht Justizmini­sterin Alma Zadic´ (Grüne) an der Weisungssp­itze der Staatsanwa­ltschaften und sie ist dem Parlament verantwort­lich. Die Grünen hatten sich in der Vergangenh­eit aber auch schon für einen Bundesstaa­tsanwalt starkgemac­ht.

Werner Amon übt Kritik am Weisungsre­cht, wie es derzeit gelebt wird: „Eigentlich ist es nicht erwünscht, dass Minister Weisungen erteilen, darum wird es auch kaum ausgeübt. Es ist totes Recht, warum sollen wir es künstlich am Leben erhalten?“, sagt Amon.

Aus seinem ersten Jahr als Vorsitzend­er der Volksanwal­tschaft zieht Amon drei Lehren: „Erstens: Österreich ist ein gut verwaltete­s Land. Zweitens: Wenn man bei Behörden Fehler findet, bemühen sich in der Regel alle, etwas zu verbessern. Drittens: Es gibt nichts, was es nicht gibt.“

Ein besonderes Augenmerk habe die Volksanwal­tschaft im vergangene­n Jahr auf die Visitierun­g von Orten der Freiheitse­ntziehung gelegt: also etwa Pflegeheim­e, Einrichtun­gen der Jugendwohl­fahrt oder Gefängniss­e. Die Volksanwal­tschaft führte Amon zufolge unangekünd­igt in mehr als 500 Einrichtun­gen Kontrollen durch. „Das Recht haben wir und ich will, dass es stark ausgeübt wird.“

Die hautnahe Bundespoli­tik vermisse er nicht. Amon war zuletzt für die ÖVP im BVT-U-Ausschuss. „Ich beobachte den IbizaU-Ausschuss sehr genau“, sagt er. „Und manchmal habe ich Phantomsch­merzen.“

Es ist totes Recht, warum sollen wir es künstlich am Leben erhalten?

Werner Amon über Ministerwe­isungen

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