Biologie für die Bundesgärten?
Gastkommentar. Die neue Chefin der Bundesgärten ist Biologin und Zoologin, das allein macht sie noch nicht zur Fachfrau.
Einem Interview mit Ministerin Elisabeth Köstinger in der „Presse“(25. Juli) war zu entnehmen, dass die ehemalige stellvertretende Kabinettschefin der Ministerin zur neuen Chefin der Österreichischen Bundesgärten ernannt wurde. Die vom Journalisten zitierte „umgehende Kritik“an der fachfremden, dafür jedoch parteinahen Besetzung weist die Ministerin mit der Begründung zurück, dass die neue Bundesgärten-Chefin als „studierte Biologin eine echte Fachfrau“wäre. Dieser Aussage steht ein ganzer Berufsstand entgegen, nämlich jener der Landschaftsarchitektinnen und -architekten.
Die Österreichischen Bundesgärten vereinen die bedeutendsten und wertvollsten Gartendenkmäler der Republik Österreich: Schlosspark Schönbrunn, Augarten, Belvedere, die Hofburggärten in Wien sowie Hofgarten und Schlosspark Ambras in Innsbruck. Sie alle sind mit baulichen und pflanzlichen Elementen geschaffene Ensembles, die sich aus Grundriss, Bodenrelief, gestaltprägenden Pflanzungen, Baulichkeiten und Wasserelementen zu denkmalgeschützten Gesamtkunstwerken zusammenfügen. Die Verwaltung umfasst daher weit mehr als das betriebliche Management und ein biologisches Verständnis für Pflanzen und Tiere. Entscheidungen erfordern ein akademisch erworbenes Gesamtverständnis der Planung, Gestaltung und Pflege von Parkanlagen sowie eine langjährige Vertiefung und Auseinandersetzung mit der Materie Gartendenkmalpflege und Baukultur. All das verlangt nach fachlicher Neutralität, nicht nach politischen Verbindlichkeiten.
Ob die neue Leiterin qualifiziert ist, kann und möchte ich nicht beurteilen, jedoch ein Studium der Biologie und Zoologie allein macht sie noch nicht zur Fachfrau. Da ihre Laufbahn auch keine Rückschlüsse auf nach dem Studium erworbene Kenntnisse im Bereich der Landschaftsarchitektur, der Gartendenkmalpflege, der Park- oder Schulverwaltung zulässt, ist die Bezeichnung „Fachfrau“daher zu hinterfragen.
Die Österreichische Gesellschaft für Landschaftsarchitektur hat bereits in mehreren Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass die Lage der Gartendenkmalpflege in Österreich mehr als prekär ist. Die Auflösung der Abteilung für historische Gärten im Bundesdenkmalamt sowie die Eingliederung der Bundesgärten in die Verwaltungseinheit der höheren Bundeslehranstalt Schönbrunn hatte zur Folge, dass Österreichs Gartendenkmälern auf Bundesebene keine qualifizierte Fachkraft für Gartendenkmalpflege mit Führungs- und Entscheidungsbefugnis mehr vorsteht. Das ist in Zeiten des wachsenden wirtschaftlichen Verwertungsdrucks der historischen Parks mehr als problematisch und macht die Anlagen angreifbar.
Eine Stiftung als Lösung
Der Umgang mit den Bundesgärten während der Covid-19-Krise zeigt deutlich, dass eine zukunftstaugliche Reorganisation der Verwaltungsstruktur dringend notwendig ist. Diese beinhaltet die Besetzung einer qualifizierten Führungskraft in den Fachbereichen Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur, um auch in Krisenzeiten (Pandemien, Klimakrise u. a.) den vielschichtigen Aufgabenstellungen nachkommen zu können. Da die Bundesgärten in Hinblick auf Zuständigkeiten in die Bereiche unterschiedlicher Ressorts reichen (Kulturgut Gartendenkmal, Umweltaspekt Ökosystem Park, Park als Freizeitund Sportanlage etc.), wäre die Prüfung einer Stiftungslösung für die Verwaltung des nationalen Kulturerbes Bundesgärten naheliegend. Eine Stiftungslösung könnte die Bundesgärten eigenständiger und unabhängiger machen und eine Plattform für zukunftsweisende Lösungen, ähnlich dem National Trust in England, schaffen.
DI Thomas Knoll ist Präsident der ÖGLA (Ö. Gesell. für Landschaftsarchitektur).