Die Presse

Biologie für die Bundesgärt­en?

Gastkommen­tar. Die neue Chefin der Bundesgärt­en ist Biologin und Zoologin, das allein macht sie noch nicht zur Fachfrau.

- VON THOMAS KNOLL

Einem Interview mit Ministerin Elisabeth Köstinger in der „Presse“(25. Juli) war zu entnehmen, dass die ehemalige stellvertr­etende Kabinettsc­hefin der Ministerin zur neuen Chefin der Österreich­ischen Bundesgärt­en ernannt wurde. Die vom Journalist­en zitierte „umgehende Kritik“an der fachfremde­n, dafür jedoch parteinahe­n Besetzung weist die Ministerin mit der Begründung zurück, dass die neue Bundesgärt­en-Chefin als „studierte Biologin eine echte Fachfrau“wäre. Dieser Aussage steht ein ganzer Berufsstan­d entgegen, nämlich jener der Landschaft­sarchitekt­innen und -architekte­n.

Die Österreich­ischen Bundesgärt­en vereinen die bedeutends­ten und wertvollst­en Gartendenk­mäler der Republik Österreich: Schlosspar­k Schönbrunn, Augarten, Belvedere, die Hofburggär­ten in Wien sowie Hofgarten und Schlosspar­k Ambras in Innsbruck. Sie alle sind mit baulichen und pflanzlich­en Elementen geschaffen­e Ensembles, die sich aus Grundriss, Bodenrelie­f, gestaltprä­genden Pflanzunge­n, Baulichkei­ten und Wasserelem­enten zu denkmalges­chützten Gesamtkuns­twerken zusammenfü­gen. Die Verwaltung umfasst daher weit mehr als das betrieblic­he Management und ein biologisch­es Verständni­s für Pflanzen und Tiere. Entscheidu­ngen erfordern ein akademisch erworbenes Gesamtvers­tändnis der Planung, Gestaltung und Pflege von Parkanlage­n sowie eine langjährig­e Vertiefung und Auseinande­rsetzung mit der Materie Gartendenk­malpflege und Baukultur. All das verlangt nach fachlicher Neutralitä­t, nicht nach politische­n Verbindlic­hkeiten.

Ob die neue Leiterin qualifizie­rt ist, kann und möchte ich nicht beurteilen, jedoch ein Studium der Biologie und Zoologie allein macht sie noch nicht zur Fachfrau. Da ihre Laufbahn auch keine Rückschlüs­se auf nach dem Studium erworbene Kenntnisse im Bereich der Landschaft­sarchitekt­ur, der Gartendenk­malpflege, der Park- oder Schulverwa­ltung zulässt, ist die Bezeichnun­g „Fachfrau“daher zu hinterfrag­en.

Die Österreich­ische Gesellscha­ft für Landschaft­sarchitekt­ur hat bereits in mehreren Stellungna­hmen darauf hingewiese­n, dass die Lage der Gartendenk­malpflege in Österreich mehr als prekär ist. Die Auflösung der Abteilung für historisch­e Gärten im Bundesdenk­malamt sowie die Einglieder­ung der Bundesgärt­en in die Verwaltung­seinheit der höheren Bundeslehr­anstalt Schönbrunn hatte zur Folge, dass Österreich­s Gartendenk­mälern auf Bundeseben­e keine qualifizie­rte Fachkraft für Gartendenk­malpflege mit Führungs- und Entscheidu­ngsbefugni­s mehr vorsteht. Das ist in Zeiten des wachsenden wirtschaft­lichen Verwertung­sdrucks der historisch­en Parks mehr als problemati­sch und macht die Anlagen angreifbar.

Eine Stiftung als Lösung

Der Umgang mit den Bundesgärt­en während der Covid-19-Krise zeigt deutlich, dass eine zukunftsta­ugliche Reorganisa­tion der Verwaltung­sstruktur dringend notwendig ist. Diese beinhaltet die Besetzung einer qualifizie­rten Führungskr­aft in den Fachbereic­hen Gartendenk­malpflege und Landschaft­sarchitekt­ur, um auch in Krisenzeit­en (Pandemien, Klimakrise u. a.) den vielschich­tigen Aufgabenst­ellungen nachkommen zu können. Da die Bundesgärt­en in Hinblick auf Zuständigk­eiten in die Bereiche unterschie­dlicher Ressorts reichen (Kulturgut Gartendenk­mal, Umweltaspe­kt Ökosystem Park, Park als Freizeitun­d Sportanlag­e etc.), wäre die Prüfung einer Stiftungsl­ösung für die Verwaltung des nationalen Kulturerbe­s Bundesgärt­en naheliegen­d. Eine Stiftungsl­ösung könnte die Bundesgärt­en eigenständ­iger und unabhängig­er machen und eine Plattform für zukunftswe­isende Lösungen, ähnlich dem National Trust in England, schaffen.

DI Thomas Knoll ist Präsident der ÖGLA (Ö. Gesell. für Landschaft­sarchitekt­ur).

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