Es ist Zeit, den Jedermann sterben zu lassen
„Caroline Peters als Buhlschaft ist eine Stimmungskanone“, von Barbara Petsch, 3. 8.
100 Jahre sind offensichtlich genug, die Produktion ist ausgereizt und begeistert nur sehr mäßig.
Ein guter alternder Jedermann, der sich von Salzburg ohnedies verabschiedet. Eine Buhlschaft, die brav und mütterlich wirkt, aber eben ohne weiteren Anspruch. Die überdimensionale Plastiktorte als Geburtstagssymbol, dass die Produktion als Sondermüll entsorgt werden müsste? All das liest sich in den Kritiken sowieso. Aber für mich eine absolute Fehlinterpretation ist die Aufarbeitung der Läuterung und des Glaubens. Eine Produktion, die sehr zeitgemäß durchaus spannende Akzente setzt, zeigt das Thema „Glaube“mit einem Mönch in klamaukhafter Kleidung, der eher zur Löwingerbühne passt. Da fehlt es an jeglicher Erfahrungsdimension von „Glaube“. In einer krisenhaften Zeit wäre es doch spannend, die „Wirkkraft des Glaubens“modern so zu dramatisieren, wie dies auch zu diesem Mysterienspiel in seiner ureigenen Form gehört. Anscheinend fehlen aber sämtliches Einfühlungs- und Denkvermögen dazu.
Es mag ein trauriges Symbol für eine dekadente Gesellschaft sein, in der viele mit Glauben nur mehr eine veraltete Mönchskutte verbinden. Die Regie gehört jedenfalls dazu. Und es passt oft genug auch zum Erscheinungsbild der Salzburger Festspiele mit ihrem Hochadel- und High-SocietyImage. Aber das Mysterienspiel hat als zentrale finale Botschaft
nun einmal die Kraft des Glaubens, und daran scheitert diese Produktion gänzlich.
Was übrig bleibt, ist eine Fehlinterpretation mit sonst interessanten zeitgemäßen Akzenten. In Summe fehlt die Fähigkeit, dieses Stück ganzheitlich zu erfassen und zu interpretieren. Schade.
Mag. Walter Hermann, 7033 Pöttsching