Das Recht auf Eigentum ist letztlich auch nur ein Stück Papier
Was geht es bitte den Staat an, wenn ein Unternehmer seine Firma verkaufen will? Auch Österreich beteiligt sich gerade an dieser protektionistischen Eskalation.
Dazu kommt, dass jede Beschränkung des Rechts auf Besitz einer Volkswirtschaft langfristig
Schaden zufügt.
Als Donald Trump zu Beginn seiner Amtszeit die Parole „America first“ausgab und protektionistische Maßnahmen zum tatsächlichen (oder nur vermeintlichen) Schutz der US-Wirtschaft ankündigte, hagelte es Kritik der Europäer, die den freien Welthandel in Gefahr sahen; teilweise zu Recht. Doch „Protektionismus“ist in der Regel, was die anderen so treiben; wer hingegen selbst zu derartigen Methoden greift, schützt bloß seine legitimen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Die Methode ist bewährt und international üblich. Protektionist, das ist immer der andere.
Auch Österreich beteiligt sich, weitgehend ohne größere öffentliche Debatte, gerade an dieser protektionistischen Eskalation. So trat dieser Tage das sogenannte Investitionskontrollgesetz in Kraft; es soll heimische Unternehmen vor einem Abverkauf ins Ausland schützen; gerade in der näheren Zukunft, wenn viele Betriebe vermutlich wirtschaftlich arg geschwächt dastehen werden und so zu lohnenden, weil billigen Übernahmezielen werden könnten.
Um das zu verhindern, ist der Verkauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen jetzt in noch wesentlich stärkerem Umfang als bisher an eine Bewilligung des Staats geknüpft. Jedenfalls dann, wenn ein Betrieb sensible Produkte herstellt. Also etwa Verteidigungsgüter, kritische Energie- oder digitale Infrastruktur, Wasser, aber auch das Betreiben der „Systeme für die Datensouveränität der Republik“sowie Forschung und Entwicklung in den Bereichen Arzneimittel, Impfstoffe oder Medizinprodukte fällt darunter („Die Presse“, 29. 7. 2020). Bei solchen Unternehmen ist schon der Verkauf von mehr als zehn Prozent der Anteile genehmigungspflichtig, bei weniger sensiblen Branchen wie Nahrungsmitteln oder Telekommunikation liegt die Schwelle bei 25 Prozent – vorausgesetzt, der Käufer kommt von außerhalb Europas, in der Praxis also aus China oder den USA. Ohne Plazet der Obrigkeit wird es dort künftig nicht einmal eine Minderheitsbeteiligung geben können.
Das ist dann doch eine ganz erhebliche Einschränkung der Eigentumsrechte von Unternehmern, was zwar nicht wenigen Österreichern vermutlich eher gleichgültig sein wird, aber erhebliche Folgen haben kann. Denn Investoren werden sich künftig noch genauer überlegen, ob sie in einem Land Unternehmen gründen oder kaufen wollen, wenn der Staat eine derart umfangreiche Mitsprache beim allfälligen Verkauf hat.
Vielleicht wird der eine oder andere Verkauf eines strategisch wichtigen Unternehmens an Chinesen so tatsächlich verhindert – aber erstens muss das nichts grundsätzlich Schädliches sein und zweitens halt um den Preis, dass die ausländischen Investments in Österreich möglicherweise darunter leiden werden, was gerade für eine offene, exportgetriebene Volkswirtschaft eher schädlich sein wird.
Dazu kommt, dass jede Beschränkung des Rechts auf Besitz einer Volkswirtschaft langfristig Schaden zufügt. Sehr genau spiegelt das der „Bericht der Eigentumsrechte“wider, den das deutsche Liberale Institut jährlich vorlegt. 2019 hieß es da: „Weltweit führen eine steigende Rechtssicherheit und besser geschützte Eigentumsrechte zu einem höheren Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf, verstärken die Direktinvestitionen und führen auch zu einem höheren Wirtschaftswachstum.“Aber eben nicht überall: „Im Fünftel der Staaten mit der weltweit höchsten politischen und rechtlichen Stabilität ist das Pro-Kopf-Einkommen mit durchschnittlich 57.343 US-Dollar mehr als 15 Mal höher als im letzten Fünftel des Index, wo das Durchschnittseinkommen pro Kopf nur 3646 US-Dollar beträgt.“
Das ist ein Argument, das eigentlich ziemlich eingängig und leicht verständlich sein sollte. Das aber den kleinen Nachteil hat, politisch viel schwerer vermittelbar zu sein als das Argument, einem „Ausverkauf der heimischen Wirtschaft“an böse Chinesen oder profitgeile Amerikaner einen gesetzlichen Riegel vorgeschoben zu haben.