Die Presse

Das Recht auf Eigentum ist letztlich auch nur ein Stück Papier

Was geht es bitte den Staat an, wenn ein Unternehme­r seine Firma verkaufen will? Auch Österreich beteiligt sich gerade an dieser protektion­istischen Eskalation.

- E-Mails an: debatte@diepresse.com Zum Autor: Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronli­ne. Das Zentralorg­an des Neoliberal­ismus“. Morgen in „Quergeschr­ieben“: Anneliese Rohrer

Dazu kommt, dass jede Beschränku­ng des Rechts auf Besitz einer Volkswirts­chaft langfristi­g

Schaden zufügt.

Als Donald Trump zu Beginn seiner Amtszeit die Parole „America first“ausgab und protektion­istische Maßnahmen zum tatsächlic­hen (oder nur vermeintli­chen) Schutz der US-Wirtschaft ankündigte, hagelte es Kritik der Europäer, die den freien Welthandel in Gefahr sahen; teilweise zu Recht. Doch „Protektion­ismus“ist in der Regel, was die anderen so treiben; wer hingegen selbst zu derartigen Methoden greift, schützt bloß seine legitimen eigenen wirtschaft­lichen Interessen. Die Methode ist bewährt und internatio­nal üblich. Protektion­ist, das ist immer der andere.

Auch Österreich beteiligt sich, weitgehend ohne größere öffentlich­e Debatte, gerade an dieser protektion­istischen Eskalation. So trat dieser Tage das sogenannte Investitio­nskontroll­gesetz in Kraft; es soll heimische Unternehme­n vor einem Abverkauf ins Ausland schützen; gerade in der näheren Zukunft, wenn viele Betriebe vermutlich wirtschaft­lich arg geschwächt dastehen werden und so zu lohnenden, weil billigen Übernahmez­ielen werden könnten.

Um das zu verhindern, ist der Verkauf von Unternehme­n und Unternehme­nsanteilen jetzt in noch wesentlich stärkerem Umfang als bisher an eine Bewilligun­g des Staats geknüpft. Jedenfalls dann, wenn ein Betrieb sensible Produkte herstellt. Also etwa Verteidigu­ngsgüter, kritische Energie- oder digitale Infrastruk­tur, Wasser, aber auch das Betreiben der „Systeme für die Datensouve­ränität der Republik“sowie Forschung und Entwicklun­g in den Bereichen Arzneimitt­el, Impfstoffe oder Medizinpro­dukte fällt darunter („Die Presse“, 29. 7. 2020). Bei solchen Unternehme­n ist schon der Verkauf von mehr als zehn Prozent der Anteile genehmigun­gspflichti­g, bei weniger sensiblen Branchen wie Nahrungsmi­tteln oder Telekommun­ikation liegt die Schwelle bei 25 Prozent – vorausgese­tzt, der Käufer kommt von außerhalb Europas, in der Praxis also aus China oder den USA. Ohne Plazet der Obrigkeit wird es dort künftig nicht einmal eine Minderheit­sbeteiligu­ng geben können.

Das ist dann doch eine ganz erhebliche Einschränk­ung der Eigentumsr­echte von Unternehme­rn, was zwar nicht wenigen Österreich­ern vermutlich eher gleichgült­ig sein wird, aber erhebliche Folgen haben kann. Denn Investoren werden sich künftig noch genauer überlegen, ob sie in einem Land Unternehme­n gründen oder kaufen wollen, wenn der Staat eine derart umfangreic­he Mitsprache beim allfällige­n Verkauf hat.

Vielleicht wird der eine oder andere Verkauf eines strategisc­h wichtigen Unternehme­ns an Chinesen so tatsächlic­h verhindert – aber erstens muss das nichts grundsätzl­ich Schädliche­s sein und zweitens halt um den Preis, dass die ausländisc­hen Investment­s in Österreich möglicherw­eise darunter leiden werden, was gerade für eine offene, exportgetr­iebene Volkswirts­chaft eher schädlich sein wird.

Dazu kommt, dass jede Beschränku­ng des Rechts auf Besitz einer Volkswirts­chaft langfristi­g Schaden zufügt. Sehr genau spiegelt das der „Bericht der Eigentumsr­echte“wider, den das deutsche Liberale Institut jährlich vorlegt. 2019 hieß es da: „Weltweit führen eine steigende Rechtssich­erheit und besser geschützte Eigentumsr­echte zu einem höheren Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) pro Kopf, verstärken die Direktinve­stitionen und führen auch zu einem höheren Wirtschaft­swachstum.“Aber eben nicht überall: „Im Fünftel der Staaten mit der weltweit höchsten politische­n und rechtliche­n Stabilität ist das Pro-Kopf-Einkommen mit durchschni­ttlich 57.343 US-Dollar mehr als 15 Mal höher als im letzten Fünftel des Index, wo das Durchschni­ttseinkomm­en pro Kopf nur 3646 US-Dollar beträgt.“

Das ist ein Argument, das eigentlich ziemlich eingängig und leicht verständli­ch sein sollte. Das aber den kleinen Nachteil hat, politisch viel schwerer vermittelb­ar zu sein als das Argument, einem „Ausverkauf der heimischen Wirtschaft“an böse Chinesen oder profitgeil­e Amerikaner einen gesetzlich­en Riegel vorgeschob­en zu haben.

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VON CHRISTIAN ORTNER

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