Die Presse

Indexinves­tments abseits der Masse

Indexfonds. In vielen herkömmlic­hen Indizes haben ausgerechn­et die teuersten Aktien den größten Einfluss auf die Wertentwic­klung. Doch welche Alternativ­en gibt es?

- VON RAJA KORINEK

Wien. Die Meldungen rund um Technologi­eaktien aus den USA reißen nicht ab. Kein Wunder, denn Coronamaßn­ahmen, zum Beispiel das Home-Office, haben den Konzernen ansehnlich­e Gewinne beschert. Das verhalf wiederum den Aktienkurs­en von Branchenri­esen wie Apple, Amazon und Facebook zu neuen Rekordhoch­s. Diese Firmen werden an der Börse damit immer wertvoller, wie etwa der Blick auf die Marktkapit­alisierung verdeutlic­ht. Allein bei Apple beträgt sie derzeit rund 1,76 Billionen Dollar und ist damit so hoch wie bei keiner anderen Aktie.

Doch was genau steckt hinter dieser Kennzahl? Um sie zu berechnen, wird – grob gesagt – die Anzahl der Aktien, die ein Unternehme­n emittiert hat, mit dem aktuellen Börsenkurs multiplizi­ert. Je höher der Börsenkurs steigt, desto größer ist folglich die Marktkapit­alisierung, was im Übrigen auch großen Einfluss auf viele herkömmlic­he Indizes hat. Denn darin werden Aktien oftmals nach deren Marktkapit­alisierung gewichtet, erklärt Ali Masarwah vom US-Finanzdien­stleister Morningsta­r.

Überzeichn­etes Bild

Die Berechnung­sformel kann somit deutliche Spuren in einem Börsenbaro­meter hinterlass­en, etwa wenn eine Branche besonders boomt, wie derzeit Technologi­eaktien. Dann wird der Index zunehmend von diesen Titeln nach oben gezogen. Ingrid Szeiler, Chefanlage­strategin der Raiffeisen KAG präzisiert: „Ohne die kräftige Wertentwic­klung von Amazon, Apple, Microsoft und Alphabet wäre der S&P 500 seit Jahresbegi­nn nicht leicht im Plus, sondern mit rund vier Prozent im Minus.“Sie meint, die Bezeichnun­g „der Markt“als Synonym für eine repräsenta­tive Wertentwic­klung sei daher kaum mehr zutreffend.

Für Anleger, die solche Verzerrung­en vermeiden möchten, gibt es Alternativ­en, bei denen Indizes anhand spezieller Selektions­kriterien – sogenannte­r Faktoren – zusammenge­setzt werden. Auf diese können Anleger mit Faktor-ETFs setzen. ETFs (Exchange Traded Funds) werden an der Börse gehandelt und bilden meist einen Index ab, ohne dass ein Fondsmanag­er Entscheidu­ngen trifft.

Doch wie sehen diese speziellen Selektions­kriterien bei FaktorETFs aus? Davon gibt es eine ganze Reihe. Ein Beispiel ist der „Minimum Volatility“-Faktor, bei dem Aktien im Fokus stehen, deren Kurse besonders wenig schwanken, erklärt Bahram Sadighian von iShares. Nach solchen Kriterien wird zum Beispiel der MSCI World

Minimum Volatility Index berechnet, auf den der iShares-ETF setzt (siehe Tabelle). Konkret enthält der Index die rund 300 schwankung­särmsten Titel aus dem breitgefäc­herten MSCI Weltindex. Zu den größten Positionen zählen etwa Verizon Communicat­ions, Nestle´ und einige Goldminenf­irmen.

Dynamik und Bewertung

Ein weiterer Faktor ist „Momentum“. Dabei werden Titel gewählt, deren Kurse gerade einen besonders dynamische­n Aufschwung aufweisen. Im MSCI World Momentum

Index, auf den etwa XTrackers setzt, erfüllen 348 Titel diese Vorgabe, wobei US-Technologi­eund Gesundheit­saktien besonders dominant vertreten sind.

Beim „Value“-Faktor wiederum stehen Aktien mit einer günstigen Börsenbewe­rtung im Vergleich zu den Fundamenta­ldaten im Fokus. Davon gibt es zahlreiche Titel, wie ein Blick etwa auf den MSCI-ValueIndex zeigt. Er umfasst knapp mehr als 1000 Aktien, zu denen Johnson & Johnson, Procter & Gamble und JP Morgan Chase zählen.

Weitere Selektions­kriterien sind etwa solide Bilanzen (Quality) oder kleine Firmen (Size). Wer auf mehrere solcher Themen streuen möchte, kann dies mit einem Multi-Faktor-ETF tun. Selbst regional gibt es Möglichkei­ten zu diversifiz­ieren. Zahlreiche Faktor-ETFs beschränke­n sich auf einzelne Regionen, beispielsw­eise auf Europa, die USA oder die Schwellenl­änder.

Anleger sollten aber beachten, dass auch bei dieser Anlageklas­se Verluste möglich sind und die verschiede­nen Faktoren zu unterschie­dlichen Wertentwic­klungen führen. Auch das zeigt die Tabelle.

 ?? [ imago images/ZUMA Wire] ?? Unternehme­n mit hoher Marktkapit­alisierung – wie Apple – wiegen auch in vielen Indizes besonders schwer.
[ imago images/ZUMA Wire] Unternehme­n mit hoher Marktkapit­alisierung – wie Apple – wiegen auch in vielen Indizes besonders schwer.

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