Ein Sommer der kurzen Projekte
Verkehr. Auf Wiens Straßen ist heuer so viel los wie in keinem anderen Sommer: im Autoverkehr genauso wie bei den temporären Sommerprojekten. Was kommt, was bleibt – und was schon wieder Geschichte ist.
Begegnungszonen, „Coole Straßen“und ein Pool – was kommt, was bleibt, was war.
Dieser Sommer ist wie kein anderer – auch auf den Wiener Straßen. Zunächst, im Frühling, war so wenig los wie seit vielen Jahren nicht. Und zuletzt, vor dem Badewochenende, fühlte sich der Sommer wettertechnisch an, als sei es Herbst. Vorigen Montag, heißt es vom Autofahrerclub ÖAMTC, war auf Wiens Straßen so viel los wie gewöhnlich an einem Montag im Oktober. Derzeit staut es sich etwa laut ÖAMTC jeden Tag auf der Tangente, und das liege nicht nur an den Bauarbeiten. Schließlich sind diesen Sommer mehr Wiener zu Hause als in anderen Jahren, und die Pandemie hat das Auto als Fortbewegungsmittel gegenüber Bus oder U-Bahn offenbar auch wieder attraktiver gemacht.
Und damit steigt mitunter der Unmut über diverse Projekte zur Verkehrsberuhigung, die im ruhigen Frühjahr kaum für Aufsehen gesorgt haben. Und so berichtet man beim ÖAMTC über derzeit viele Anrufe und Beschwerden. Baustellen und Verkehrsbehinderungen gebe es zwar jedes Jahr – aber heuer fallen sie mehr Leuten auf. So werden die Beschwerden, heuer speziell über die Kurzzeit-Projekte, mehr.
Denn auf der anderen Seite steht ein zweites großes Thema dieses Jahres: die Debatte um gerechte Platzverteilung in Städten, die international heuer zu einem viel diskutierten Thema wurde. Am Freitag fand aus diesem Anlass in Wien ein „Aktionstag für die Verkehrswende“statt. Am Nachmittag hatte die Initiative Platz für Wien, die bis zur Wien-Wahl das Thema stärker auf die politische Agenda bringen will und dazu bereits 30.000 Unterschriften gesammelt hat, zu einer Aktion auf der Triester Straße gerufen: Mit einer Menschenkette sollte auf die Notwendigkeit besserer Radinfrastruktur aufmerksam gemacht werden.
Ein Aktionstag für den Verkehr
Unterstützung dafür gibt es auch von „Fridays for Future“: Die hatten für Freitagabend zu einer Demonstration vom Stephansplatz bis zum Verkehrsministerium gerufen, um eine „Neuverteilung des öffentlichen
Raums zugunsten klimagerechter Mobilität“zu fordern. Im Grün-geführten Verkehrsministerium laufen die Aktivisten damit teils wohl offene Türen ein. Und auch das Wiener Verkehrsressort führt mit Birgit Hebein (Grüne) eine, die etwa die Anliegen der Initiative Platz für Wien explizit unterstützt. Ihre Projekte, mit denen Hebein den internationalen Schwung in der Debatte – teils werden Städte im Corona
Sommer großflächig umgebaut – nutzen will, stoßen aber vielfach auf Kritik. Halbherzig seien diese, nur temporär, sie sorgten für Verkehrsbehinderung, und von den Bezirken gibt es – es ist Wahljahr – teils offenen Widerstand bzw. Bestrebungen, Projekte frühzeitig zu stoppen. Was kommt heuer noch, was bleibt über den Sommer?
Einiges wird derzeit noch gebaut bzw. wurde gerade eben erst fertig: Der ChristianBroda-Platz beim Westbahnhof etwa ist nun ein „Cooler Platz“, das erste vollautomatische Sonnensegel wurde am Freitag in Betrieb genommen, und ebenfalls diese Woche wurde im 15. Bezirk die Pelzgasse zur nun gepflasterten und ab Herbst mit neuen Bäumen bepflanzten „Coolen Straße Plus“– also zu einer jener umgebauten Straßen, die bleiben. Auch in der Phorusgasse (4. Bezirk) laufen die Umbauarbeiten, und ebenfalls noch bis zum Herbst werden die Goldschlagstraße (14.) und die Franklinstraße (21.) zur „Coolen Straße Plus“.
Noch bis 20. September läuft daneben die heuer auf 18 Straßen ausgeweitete Aktion der temporären „Coolen StrAßen“: Zu den bekannteren zählen hier etwa Börsegasse (1. Bezirk), Karmeliterplatz (2.), Kandlgasse (7.), Schlesingerplatz (8.), Servitengasse, (9.) Hasnerstraße (16.) oder Staudgasse (18.). Diese Straßen werden zwar gesperrt, aber mit weniger Aufwand, etwa Rollrasen, Bemalung und Palettenmöbeln, umgestaltet. Und das, bestätigt man beim ÖAMTC, regt in Wien vergleichsweise wenig auf – es hat wenig Einfluss auf das Verkehrsgeschehen, sind es doch gewöhnlich ruhige Nebenstraßen, die so über den Sommer (und ohnehin nur in Abschnitten) gesperrt und alternativ genutzt werden.
Anders verhält es sich da bei temporären RAdwegen, die sind ein Aufreger sondergleichen. Und, so die Einschätzung des ÖAMTC, sie führen, etwa in der Hörlgasse (9.) oder in der Wagramer
Straße (22.), durchaus zu
Staus. Dabei läuft dieses
Projekt ohnehin über den Sommer aus. Vier „Pop-up-Bike-Lanes“gibt es derzeit: Jene auf der Wagramer Straße bis 4. September, die in der Praterstraße, in der Lassallestraße und die auf Rossauer Brücke, Türkenstraße, Hörlgasse und Straße des 8. Mai laut Plan bis zum 6. September. Verlängerungen wären möglich, aber nur in Kooperation mit den Bezirken. Und die haben, im Fall Wagramer Straße etwa, damit wenig Freude. Im Fall der Hörlgasse hingegen läuft die Planung für eine Umgestaltung zur dauerhaft verkehrsberuhigten Straße.
Sieben von 26 Begegnungszonen übrig
Vorerst vorbei sein dürfte im September, mit Ferienende, auch das Projekt der temporären Begegnungszonen: Von zunächst 26 solcher Zonen sind noch sieben übrig: Schützengasse (3. Bezirk), Rüdigergasse (5.), Zollergasse (7.), Rosinagasse, Gasgasse und Zwölfergasse (15.) und Brigittenauer Sporn (20. Bezirk). Laut aktuellem Stand sind diese noch bis 6. September Begegnungszonen, aber auch hier sind Verlängerungen möglich.