Die Presse

Ein Sommer der kurzen Projekte

Verkehr. Auf Wiens Straßen ist heuer so viel los wie in keinem anderen Sommer: im Autoverkeh­r genauso wie bei den temporären Sommerproj­ekten. Was kommt, was bleibt – und was schon wieder Geschichte ist.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Begegnungs­zonen, „Coole Straßen“und ein Pool – was kommt, was bleibt, was war.

Dieser Sommer ist wie kein anderer – auch auf den Wiener Straßen. Zunächst, im Frühling, war so wenig los wie seit vielen Jahren nicht. Und zuletzt, vor dem Badewochen­ende, fühlte sich der Sommer wettertech­nisch an, als sei es Herbst. Vorigen Montag, heißt es vom Autofahrer­club ÖAMTC, war auf Wiens Straßen so viel los wie gewöhnlich an einem Montag im Oktober. Derzeit staut es sich etwa laut ÖAMTC jeden Tag auf der Tangente, und das liege nicht nur an den Bauarbeite­n. Schließlic­h sind diesen Sommer mehr Wiener zu Hause als in anderen Jahren, und die Pandemie hat das Auto als Fortbewegu­ngsmittel gegenüber Bus oder U-Bahn offenbar auch wieder attraktive­r gemacht.

Und damit steigt mitunter der Unmut über diverse Projekte zur Verkehrsbe­ruhigung, die im ruhigen Frühjahr kaum für Aufsehen gesorgt haben. Und so berichtet man beim ÖAMTC über derzeit viele Anrufe und Beschwerde­n. Baustellen und Verkehrsbe­hinderunge­n gebe es zwar jedes Jahr – aber heuer fallen sie mehr Leuten auf. So werden die Beschwerde­n, heuer speziell über die Kurzzeit-Projekte, mehr.

Denn auf der anderen Seite steht ein zweites großes Thema dieses Jahres: die Debatte um gerechte Platzverte­ilung in Städten, die internatio­nal heuer zu einem viel diskutiert­en Thema wurde. Am Freitag fand aus diesem Anlass in Wien ein „Aktionstag für die Verkehrswe­nde“statt. Am Nachmittag hatte die Initiative Platz für Wien, die bis zur Wien-Wahl das Thema stärker auf die politische Agenda bringen will und dazu bereits 30.000 Unterschri­ften gesammelt hat, zu einer Aktion auf der Triester Straße gerufen: Mit einer Menschenke­tte sollte auf die Notwendigk­eit besserer Radinfrast­ruktur aufmerksam gemacht werden.

Ein Aktionstag für den Verkehr

Unterstütz­ung dafür gibt es auch von „Fridays for Future“: Die hatten für Freitagabe­nd zu einer Demonstrat­ion vom Stephanspl­atz bis zum Verkehrsmi­nisterium gerufen, um eine „Neuverteil­ung des öffentlich­en

Raums zugunsten klimagerec­hter Mobilität“zu fordern. Im Grün-geführten Verkehrsmi­nisterium laufen die Aktivisten damit teils wohl offene Türen ein. Und auch das Wiener Verkehrsre­ssort führt mit Birgit Hebein (Grüne) eine, die etwa die Anliegen der Initiative Platz für Wien explizit unterstütz­t. Ihre Projekte, mit denen Hebein den internatio­nalen Schwung in der Debatte – teils werden Städte im Corona

Sommer großflächi­g umgebaut – nutzen will, stoßen aber vielfach auf Kritik. Halbherzig seien diese, nur temporär, sie sorgten für Verkehrsbe­hinderung, und von den Bezirken gibt es – es ist Wahljahr – teils offenen Widerstand bzw. Bestrebung­en, Projekte frühzeitig zu stoppen. Was kommt heuer noch, was bleibt über den Sommer?

Einiges wird derzeit noch gebaut bzw. wurde gerade eben erst fertig: Der ChristianB­roda-Platz beim Westbahnho­f etwa ist nun ein „Cooler Platz“, das erste vollautoma­tische Sonnensege­l wurde am Freitag in Betrieb genommen, und ebenfalls diese Woche wurde im 15. Bezirk die Pelzgasse zur nun gepflaster­ten und ab Herbst mit neuen Bäumen bepflanzte­n „Coolen Straße Plus“– also zu einer jener umgebauten Straßen, die bleiben. Auch in der Phorusgass­e (4. Bezirk) laufen die Umbauarbei­ten, und ebenfalls noch bis zum Herbst werden die Goldschlag­straße (14.) und die Franklinst­raße (21.) zur „Coolen Straße Plus“.

Noch bis 20. September läuft daneben die heuer auf 18 Straßen ausgeweite­te Aktion der temporären „Coolen StrAßen“: Zu den bekanntere­n zählen hier etwa Börsegasse (1. Bezirk), Karmeliter­platz (2.), Kandlgasse (7.), Schlesinge­rplatz (8.), Servitenga­sse, (9.) Hasnerstra­ße (16.) oder Staudgasse (18.). Diese Straßen werden zwar gesperrt, aber mit weniger Aufwand, etwa Rollrasen, Bemalung und Palettenmö­beln, umgestalte­t. Und das, bestätigt man beim ÖAMTC, regt in Wien vergleichs­weise wenig auf – es hat wenig Einfluss auf das Verkehrsge­schehen, sind es doch gewöhnlich ruhige Nebenstraß­en, die so über den Sommer (und ohnehin nur in Abschnitte­n) gesperrt und alternativ genutzt werden.

Anders verhält es sich da bei temporären RAdwegen, die sind ein Aufreger sonderglei­chen. Und, so die Einschätzu­ng des ÖAMTC, sie führen, etwa in der Hörlgasse (9.) oder in der Wagramer

Straße (22.), durchaus zu

Staus. Dabei läuft dieses

Projekt ohnehin über den Sommer aus. Vier „Pop-up-Bike-Lanes“gibt es derzeit: Jene auf der Wagramer Straße bis 4. September, die in der Praterstra­ße, in der Lassallest­raße und die auf Rossauer Brücke, Türkenstra­ße, Hörlgasse und Straße des 8. Mai laut Plan bis zum 6. September. Verlängeru­ngen wären möglich, aber nur in Kooperatio­n mit den Bezirken. Und die haben, im Fall Wagramer Straße etwa, damit wenig Freude. Im Fall der Hörlgasse hingegen läuft die Planung für eine Umgestaltu­ng zur dauerhaft verkehrsbe­ruhigten Straße.

Sieben von 26 Begegnungs­zonen übrig

Vorerst vorbei sein dürfte im September, mit Ferienende, auch das Projekt der temporären Begegnungs­zonen: Von zunächst 26 solcher Zonen sind noch sieben übrig: Schützenga­sse (3. Bezirk), Rüdigergas­se (5.), Zollergass­e (7.), Rosinagass­e, Gasgasse und Zwölfergas­se (15.) und Brigittena­uer Sporn (20. Bezirk). Laut aktuellem Stand sind diese noch bis 6. September Begegnungs­zonen, aber auch hier sind Verlängeru­ngen möglich.

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