Abgezockt auf der Pauschalreise
Abzocke. Werden Reisegäste zu Kaufleuten geführt, so hat der Veranstalter über unseriöse Praktiken der Händler zu informieren. Ansonsten darf man als Urlauber das Geld zurückfordern.
Reisebüros müssen Kunden warnen, wenn sie im Urlaub auf Schnäppchenjagd gehen.
Wien. Im Urlaub sitzt die Brieftasche locker und so mancher lässt sich Dinge einreden, die man besser um diesen Preis nicht gekauft hätte. In einer aktuellen Entscheidung nimmt der Oberste Gerichtshof (OGH) aber nun Veranstalter von Pauschalreisen in die Pflicht. Sie müssen bis zu einem gewissen Grad verhindern, dass ihre Kunden in das offene Messer laufen.
In dem Fall hatte ein Mann eine „5-Sterne-Bildungsreise-Zypern“gebucht. In der Pauschalreise inkludiert war auch der Besuch eines „faszinierenden Jahrhunderte alten Kunsthandwerks sowie einer Schmuckmanufaktur“. Dort kaufte der Mann dann auch Schmuck, für den er 50.000 Euro Anzahlung leistete. Für Teppiche zahlte der Mann 12.000 Euro an.
Mit dieser Entscheidung war der Bildungsreisende aber schon rasch nicht mehr glücklich. Er sei durch unseriöse Praktiken zum Kauf verleitet worden, klagte der Mann. Der Reiseveranstalter hätte ihn vor der manipulativen Verkaufsstrategie warnen müssen. Ja, der Reiseleiter habe den Kauf der Waren sogar noch als günstige Gelegenheit angepriesen, weil die Waren staatlich subventioniert seien. Deswegen solle der Reiseveranstalter ihm nun die geleisteten Anzahlungen ersetzen, forderte der Mann.
Das Landesgericht Krems ließ den Urlauber abblitzen, ohne auch nur die Beweise aufzunehmen. Denn was ihm bei den Verkäufern passiert sei, falle so oder so unter das „allgemeine Lebensrisiko“. Und auch die Ankündigungen im Prospekt des Reiseveranstalters würden keine Haftung auslösen. Man müsse das darin geschilderte Programm so verstehen, dass der Veranstalter zwar Exkursionen zu Betrieben durchführe. Diese seien aber selbstständig und die dort durchgeführten Verkaufsveranstaltungen dürfe man nicht dem Reiseveranstalter zurechnen.
Erst nur „Geschenke“gemacht
Das Oberlandesgericht Wien sah die Sache anders. Wenn die Angaben des Mannes stimmen – und davon müsse man zumindest vorläufig ausgehen – dann könne er die Kosten für den Schmuckkauf sehr wohl zurückfordern. Demnach machten die Schmuckhändler dem Mann zunächst nahezu wertlose „Geschenke“, um ihm diese anschließend in Rechnung zu stellen. Und das geschah auch noch zu nicht unbeträchtlichen Preisen. Vor dieser Praktik aber hätte der Reiseveranstalter warnen müssen, meinte die zweite Instanz. Da er das nicht getan habe, solle er seinem Kunden die Kosten für den Schmuck ersetzen.
Beim Teppichkauf aber sei die Sache anders gelagert, meinte die zweite Instanz. Diesbezüglich könne man dem Reiseveranstalter nichts anlasten.
Damit waren nun alle Streitteile unzufrieden und beide wandten sich noch an den OGH. Der sah aber keinen Grund, warum der Reiseveranstalter auch für den Teppichkauf einstehen solle. Diesbezüglich habe der Mann nämlich vor Gericht zunächst nicht behauptet, dass das Verhältnis von Preis und Leistung auseinanderfalle oder dass er unter Druck gekauft habe. Wenn er nun erkläre, er sei zum Kauf wertloser Teppiche verleitet worden, dann komme das zu spät. Dieses Vorbringen verstoße gegen das Neuerungsverbot.
Kunde ist nicht allein schuld
Umgekehrt wies der OGH auch die Einwände des Reiseveranstalters bezüglich des Schmuckkaufs ab. Der Veranstalter hatte damit argumentiert, dass es üblich sei, auf Reisen Geschenke zu kaufen. Und man könne nicht für das Kaufverhalten der Reisekunden verantwortlich sein. Wenn sich alles so zugetragen habe, wie vom Kunden dargelegt, dann hätte der Reiseveranstalter aber sehr wohl vor den Praktiken der Schmuckverkäufer warnen müssen, befand der OGH (1 Ob 36/20f ).
Nun liegt es an der ersten Instanz, zu überprüfen, ob der Mann beim Schmuckkauf wie beschrieben bedrängt wurde. Falls ja, haftet der Reiseveranstalter, weil er davor nicht gewarnt hatte. Auf der Anzahlung für die Teppiche bleibt der unglückliche Käufer sitzen.