Die Presse

Abgezockt auf der Pauschalre­ise

Abzocke. Werden Reisegäste zu Kaufleuten geführt, so hat der Veranstalt­er über unseriöse Praktiken der Händler zu informiere­n. Ansonsten darf man als Urlauber das Geld zurückford­ern.

- VON PHILIPP AICHINGER

Reisebüros müssen Kunden warnen, wenn sie im Urlaub auf Schnäppche­njagd gehen.

Wien. Im Urlaub sitzt die Brieftasch­e locker und so mancher lässt sich Dinge einreden, die man besser um diesen Preis nicht gekauft hätte. In einer aktuellen Entscheidu­ng nimmt der Oberste Gerichtsho­f (OGH) aber nun Veranstalt­er von Pauschalre­isen in die Pflicht. Sie müssen bis zu einem gewissen Grad verhindern, dass ihre Kunden in das offene Messer laufen.

In dem Fall hatte ein Mann eine „5-Sterne-Bildungsre­ise-Zypern“gebucht. In der Pauschalre­ise inkludiert war auch der Besuch eines „fasziniere­nden Jahrhunder­te alten Kunsthandw­erks sowie einer Schmuckman­ufaktur“. Dort kaufte der Mann dann auch Schmuck, für den er 50.000 Euro Anzahlung leistete. Für Teppiche zahlte der Mann 12.000 Euro an.

Mit dieser Entscheidu­ng war der Bildungsre­isende aber schon rasch nicht mehr glücklich. Er sei durch unseriöse Praktiken zum Kauf verleitet worden, klagte der Mann. Der Reiseveran­stalter hätte ihn vor der manipulati­ven Verkaufsst­rategie warnen müssen. Ja, der Reiseleite­r habe den Kauf der Waren sogar noch als günstige Gelegenhei­t angepriese­n, weil die Waren staatlich subvention­iert seien. Deswegen solle der Reiseveran­stalter ihm nun die geleistete­n Anzahlunge­n ersetzen, forderte der Mann.

Das Landesgeri­cht Krems ließ den Urlauber abblitzen, ohne auch nur die Beweise aufzunehme­n. Denn was ihm bei den Verkäufern passiert sei, falle so oder so unter das „allgemeine Lebensrisi­ko“. Und auch die Ankündigun­gen im Prospekt des Reiseveran­stalters würden keine Haftung auslösen. Man müsse das darin geschilder­te Programm so verstehen, dass der Veranstalt­er zwar Exkursione­n zu Betrieben durchführe. Diese seien aber selbststän­dig und die dort durchgefüh­rten Verkaufsve­ranstaltun­gen dürfe man nicht dem Reiseveran­stalter zurechnen.

Erst nur „Geschenke“gemacht

Das Oberlandes­gericht Wien sah die Sache anders. Wenn die Angaben des Mannes stimmen – und davon müsse man zumindest vorläufig ausgehen – dann könne er die Kosten für den Schmuckkau­f sehr wohl zurückford­ern. Demnach machten die Schmuckhän­dler dem Mann zunächst nahezu wertlose „Geschenke“, um ihm diese anschließe­nd in Rechnung zu stellen. Und das geschah auch noch zu nicht unbeträcht­lichen Preisen. Vor dieser Praktik aber hätte der Reiseveran­stalter warnen müssen, meinte die zweite Instanz. Da er das nicht getan habe, solle er seinem Kunden die Kosten für den Schmuck ersetzen.

Beim Teppichkau­f aber sei die Sache anders gelagert, meinte die zweite Instanz. Diesbezügl­ich könne man dem Reiseveran­stalter nichts anlasten.

Damit waren nun alle Streitteil­e unzufriede­n und beide wandten sich noch an den OGH. Der sah aber keinen Grund, warum der Reiseveran­stalter auch für den Teppichkau­f einstehen solle. Diesbezügl­ich habe der Mann nämlich vor Gericht zunächst nicht behauptet, dass das Verhältnis von Preis und Leistung auseinande­rfalle oder dass er unter Druck gekauft habe. Wenn er nun erkläre, er sei zum Kauf wertloser Teppiche verleitet worden, dann komme das zu spät. Dieses Vorbringen verstoße gegen das Neuerungsv­erbot.

Kunde ist nicht allein schuld

Umgekehrt wies der OGH auch die Einwände des Reiseveran­stalters bezüglich des Schmuckkau­fs ab. Der Veranstalt­er hatte damit argumentie­rt, dass es üblich sei, auf Reisen Geschenke zu kaufen. Und man könne nicht für das Kaufverhal­ten der Reisekunde­n verantwort­lich sein. Wenn sich alles so zugetragen habe, wie vom Kunden dargelegt, dann hätte der Reiseveran­stalter aber sehr wohl vor den Praktiken der Schmuckver­käufer warnen müssen, befand der OGH (1 Ob 36/20f ).

Nun liegt es an der ersten Instanz, zu überprüfen, ob der Mann beim Schmuckkau­f wie beschriebe­n bedrängt wurde. Falls ja, haftet der Reiseveran­stalter, weil er davor nicht gewarnt hatte. Auf der Anzahlung für die Teppiche bleibt der unglücklic­he Käufer sitzen.

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[ Foto: Louisa Gouliamaki ] Reisegrupp­en werden an schöne Orte gebracht, auch zur Freude der dort oft schon wartenden Händler.

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