Die Presse

Gold lässt Euro und Dollar ziemlich schlecht aussehen

Es kommt auf den Maßstab an: In Gold war die europäisch­e Währung noch nie so wenig wert wie jetzt, verglichen mit Rohöl hält sie sich gut.

- E-Mails an: beate lammer@diepresse.com

Auf Sicht von hundert Jahren kann Gold nicht annähernd mit US-Aktien mithalten.

Die weithin verbreitet­e Annahme, dass das Sparbuch zwar nicht unbedingt eine besonders einträglic­he, aber eine der sichersten Anlageform­en wäre, kommt daher, dass die Wertentwic­klung von Anlageform­en in Euro (bzw. in den USA in Dollar) gemessen wird. Ein Dollar bleibt immer ein Dollar, ein Euro bleibt ein Euro. Wer 100.000 Euro auf einem Sparbuch hat, hat in einem Jahr noch immer 100.000 Euro, mitunter kommen sogar noch ein paar mickrige Zinsen dazu.

Und wenn die Bank pleite geht, wie die Commerzial­bank Mattersbur­g, erhält man sein Geld aus dem Topf der Einlagensi­cherung zurück (auch wenn es im Einzelfall Ärger geben kann, wie der Wirbel um Sparbücher von Kindern zeigt, deren Eltern bereits selbst 100.000 Euro aus der Einlagensi­cherung erhalten haben). Real sieht die Sache anders aus. Noch nie waren Euro und Dollar gemessen in Gold so wenig wert wie jetzt. Um eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) zu erwerben, musste man zuletzt 2060 Dollar oder 1738 Euro hinlegen. Vor 20 Jahren musste man dafür 275 Dollar bzw. 300 Euro aufwenden (damals kostete ein Euro kurzzeitig weniger als einen Dollar).

Nicht überall hat die Geldentwer­tung so stark zugeschlag­en: Um ein Fass Öl der Nordseesor­te Brent zu erwerben, muss man nur geringfügi­g mehr bezahlen als vor 20 Jahren und deutlich weniger als im Schnitt der vergangene­n zwei Dekaden. (Dass die Treibstoff­preise an den Tankstelle­n stärker gestiegen sind, hat mit höheren Steuern, Transport- und Personalko­sten zu tun.)

Die weltweite Geldflut hat vor allem an den Finanzmärk­ten die Preise hochgetrie­ben und (noch) nicht so sehr in der Realwirtsc­haft. Zu spüren bekommt man diese Vermögensw­erte-Inflation allerdings auch, wenn man gar nichts mit den Finanzmärk­ten am Hut hat, aber etwa eine Wohnung sucht. Während die Verbrauche­rpreise in Österreich seit 2000 nur um knapp 50 Prozent gestiegen sind, muss man für eine Eigentumsw­ohnung in Wien zweieinhal­b Mal so viel hinlegen, wie Daten von Statistik Austria und OeNB zeigen.

Vor 20 Jahren hätte man sein Geld also in Gold und Immobilien stecken sollen. Der Inflation trotzt man mit dieser Strategie aber nicht immer: Wer 1980 Gold gekauft hätte, säße real noch immer auf einem Minus.

Und wie sieht es mit Aktien aus? Immerhin war die Krisendich­te in den vergangene­n 20 Jahren extrem hoch: Mit dem Platzen der Dotcom-Blase, der Finanzkris­e und der Coronakris­e wurden die Börsen gleich von drei schweren Krisen heimgesuch­t. Dennoch hat sich der US-amerikanis­che S&P 500 in dieser Zeit mehr als verdoppelt. Damit hat er sich schwächer entwickelt als Gold, aber der Inflation standgehal­ten. Sogar der Wiener Leitindex ATX hat sich in zwanzig Jahren fast verdoppelt, hinzu kamen sowohl beim S&P 500 als auch beim ATX noch Dividenden. Auf Sicht von hundert Jahren haben die Aktien ganz generell die Nase vorn, auch der Goldpreis kann nicht annähernd mit USAktien mithalten.

Doch auch bei Aktien gilt: Kurzfristi­g kann alles anders aussehen, und im Fall des ATX bedeutet „kurzfristi­g“bereits 13 Jahre. So lange liegt das letzte Allzeithoc­h zurück. Goldanlege­r in der Eurozone mussten sieben Jahre warten, bis der Preis 2019 wieder ein Rekordhoch erreichte (in Dollar dauerte es von 2011 bis 2020).

Soll man also lieber auf Gold oder Aktien setzen? Am besten auf beides. Für Ausnahmeph­asen sollte man aber stets auch ein paar Euro parat halten. Erstens, damit man nicht zur Unzeit Aktien und Gold verkaufen muss, wenn man Geld braucht. Und zweitens zur Entspannun­g, weil ein Euro ein Euro bleibt. Zumindest nominell.

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