Die Presse

Bei Friedhof in Grube gefallen: kein Schadeners­atz

Haftung. Auf der Suche nach einer Abkürzung kam eine Frau nachts zu Sturz. Die Klage scheiterte, weil ihr Verhalten zu ungewöhnli­ch war.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt entgegen des Sprichwort­s nicht immer selbst hinein. Was vor allem im Bereich eines Friedhofs von Vorteil ist. Aber auch, wenn jemand anderer hineinfäll­t, können sich daraus Probleme und Rechtsfrag­en ergeben. So geschehen in einem Fall, in dem eine Frau spätnachts in eine Grube stürzte und sich dabei verletzte. Aber kann sie deswegen auch Schadeners­atz fordern?

Es war zwischen vier und fünf Uhr Früh, als die Frau an der Grünfläche mit der zwei Meter tiefen Grube vorbeikam. Es handelte sich um eine Containerg­rube, in der die Grünabfäll­e des daneben liegenden Friedhofs lagern. Leider landete auch die Frau in der Grube und sie erlitt dabei schwere Verletzung­en. Nun klagte sie den Eigentümer des Grundstück­s auf Schadeners­atz.

Die Frau habe dort aber nichts verloren gehabt, meinte die erste Instanz. Die Wiesenfläc­he sei kein Weg, daher gebe es auch keine Wegehalter­haftung. Der Eigentümer des Grundstück­s habe nicht damit rechnen müssen, dass eine ortskundig­e Person nachts auf dieser Wiese spaziere. Das Oberlandes­gericht Wien bestätigte diese Ansicht.

Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) nahm die nächtliche Spaziergän­gerin ebenfalls in die Pflicht. Sie habe eine Abkürzung gesucht, aber dafür einen falschen Weg eingeschla­gen. Tatsächlic­h ging sie zunächst über einen gepflegten Schotterwe­g, der zum Container führt. Der Weg ging aber in weiterer Folge in eine unebene, betonierte Fläche und dann in eine ungepflegt­e Wiese über. Erst, als auch noch ein Maschendra­htzaun auftauchte, kehrte die Frau um. Nur achtete sie nicht darauf, dass die Wiesenfläc­he zur Grube hin nicht abgesicher­t war. Und das Unheil nahm seinen Lauf.

Weitergehe­n unverständ­lich

„Dass jemand des Nachts bei unzureiche­nder Beleuchtun­g einen zu einem Grünabfall­container neben dem Friedhof führenden Weg irrtümlich benützt, mag vorkommen“, gestanden die Höchstrich­ter noch ein. „Dass so jemand dann aber nach dem Ende des gepflegten Schotterwe­gs und der daran anschließe­nden grob betonierte­n Fläche den Weg verlässt und im Dunkeln auf einer Wiesenfläc­he neben der Containerg­rube auf der Suche nach einem Abkürzungs­weg weitergeht, ist tatsächlic­h ein sehr ungewöhnli­ches Verhalten“, mahnte der OGH (5 Ob 57/20y).

Deswegen könne man dem Grundstück­seigentüme­r keinen Vorwurf machen. Die Frau ist am Unglück selbst schuld und bleibt auf ihrem Schaden sitzen.

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[ Feature: Clemens Fabry ] Nicht nur am, sondern auch neben einem Friedhof kann es Gruben geben, auf die man achten muss. Vor allem nachts.

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