Bei Friedhof in Grube gefallen: kein Schadenersatz
Haftung. Auf der Suche nach einer Abkürzung kam eine Frau nachts zu Sturz. Die Klage scheiterte, weil ihr Verhalten zu ungewöhnlich war.
Wien. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt entgegen des Sprichworts nicht immer selbst hinein. Was vor allem im Bereich eines Friedhofs von Vorteil ist. Aber auch, wenn jemand anderer hineinfällt, können sich daraus Probleme und Rechtsfragen ergeben. So geschehen in einem Fall, in dem eine Frau spätnachts in eine Grube stürzte und sich dabei verletzte. Aber kann sie deswegen auch Schadenersatz fordern?
Es war zwischen vier und fünf Uhr Früh, als die Frau an der Grünfläche mit der zwei Meter tiefen Grube vorbeikam. Es handelte sich um eine Containergrube, in der die Grünabfälle des daneben liegenden Friedhofs lagern. Leider landete auch die Frau in der Grube und sie erlitt dabei schwere Verletzungen. Nun klagte sie den Eigentümer des Grundstücks auf Schadenersatz.
Die Frau habe dort aber nichts verloren gehabt, meinte die erste Instanz. Die Wiesenfläche sei kein Weg, daher gebe es auch keine Wegehalterhaftung. Der Eigentümer des Grundstücks habe nicht damit rechnen müssen, dass eine ortskundige Person nachts auf dieser Wiese spaziere. Das Oberlandesgericht Wien bestätigte diese Ansicht.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) nahm die nächtliche Spaziergängerin ebenfalls in die Pflicht. Sie habe eine Abkürzung gesucht, aber dafür einen falschen Weg eingeschlagen. Tatsächlich ging sie zunächst über einen gepflegten Schotterweg, der zum Container führt. Der Weg ging aber in weiterer Folge in eine unebene, betonierte Fläche und dann in eine ungepflegte Wiese über. Erst, als auch noch ein Maschendrahtzaun auftauchte, kehrte die Frau um. Nur achtete sie nicht darauf, dass die Wiesenfläche zur Grube hin nicht abgesichert war. Und das Unheil nahm seinen Lauf.
Weitergehen unverständlich
„Dass jemand des Nachts bei unzureichender Beleuchtung einen zu einem Grünabfallcontainer neben dem Friedhof führenden Weg irrtümlich benützt, mag vorkommen“, gestanden die Höchstrichter noch ein. „Dass so jemand dann aber nach dem Ende des gepflegten Schotterwegs und der daran anschließenden grob betonierten Fläche den Weg verlässt und im Dunkeln auf einer Wiesenfläche neben der Containergrube auf der Suche nach einem Abkürzungsweg weitergeht, ist tatsächlich ein sehr ungewöhnliches Verhalten“, mahnte der OGH (5 Ob 57/20y).
Deswegen könne man dem Grundstückseigentümer keinen Vorwurf machen. Die Frau ist am Unglück selbst schuld und bleibt auf ihrem Schaden sitzen.