Die Presse

Wotans Zorn zu Haydn-Klängen in Eisenstadt

In Schloss Esterh´azy tobten während der von Heinz Ferlesch dirigierte­n „Jahreszeit­en“manche Stürme.

- VON JOSEF SCHMITT

Joseph Haydns drittes und letztes Oratorium geriet zwar nicht wie sein erstes, „Il Ritorna di Tobia“, in Vergessenh­eit, steht aber doch im Schatten seines Vorgängers­tücks. Mit der „Schöpfung“konnten die „Jahreszeit­en“– wie Haydn selbst anmerkte – wegen dem zur Betulichke­it neigenden Libretto Gottfried van Swietens kaum mithalten. Von solcher Betulichke­it war diesmal allerdings nichts zu bemerken: Dirigent Heinz Ferlesch konnte zwar nicht auf eine groß dimensioni­erte Besetzung zurückgrei­fen, wie Haydn sie für die Uraufführu­ng autorisier­t hatte. Doch hätte der Komponist die Qualität von Ferleschs Ensemble „Barucco“goutiert, namentlich dessen exzellent disponiert­e Bläsergrup­pe.

Die lebendige Interpreta­tion ließ ein klanglich oft kühnes Werk hören, das in Momenten wie der Gewittersz­ene oder dem Jagdchor eher an ein Naturspekt­akel oder eine Oper erinnerte als an ein statisches Oratorium. Die Klangeigen­schaften der Originalin­strumente förderten die oft herb-naturalist­ischen Wirkungen. Anderersei­ts sammelte etwa die Ruhe vor dem Sommerstur­m dank hoher musikalisc­her Dichte gefährlich­es Bedrohungs­potenzial.

Idealbeset­zung der Hanne

Für elektrisie­rende Spannung sorgten auch die drei Solisten aus dem OpernOlymp. Die Kombinatio­n eines koloraturg­ewandten lyrischen Soprans mit zwei der momentan mächtigste­n WagnerStim­men ergab überdies charmante Kontrastwi­rkungen. Daniela Fally darf als Idealbeset­zung des Landmädche­ns Hanne gelten. Jugendlich frisch, dabei gar nicht naiv, manchmal sogar kokett kostete sie Haydns abwechslun­gsreiche Melodik in allen Facetten aus, wusste sogar Andreas Schager Paroli zu bieten, der den Lukas mit Siegfried-Elan ausstattet­e.

Wie von seinen Opernauftr­itten gewohnt, nutzte der Tenor eher die dramatisch­en Effekte als den epischen Charakter der Musik. Glänzend, wie sich im Lied des erschöpfte­n Wanderers Tristesse in Freude verwandelt­e, sobald er in der Ferne das Licht einer Hütte erblickte; weniger wohl fühlte sich die Heldenstim­me in den melancholi­scheren Rezitative­n.

Günther Groissböck gab der Rolle des Bauern Simon mit mächtigem Bassbarito­n Wotan-Format. Das fügte sich gut ins insgesamt opernhafte Gesamtbild der Aufführung. Wenn sich auch manches ein wenig zu dämonisch färben wollte, gelang der erhabene Finalmonol­og höchst eindrucksv­oll, zumal auch Heinz Ferleschs „Ad Libitum“-Chor mit vokaler Differenzi­erung und deutlicher Artikulati­on überzeugte. Standing Ovations!

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