Verstappen gewinnt den Reifenpoker
Formel 1. Red Bulls Taktik im zweiten Silverstone-GP ging voll auf: Max Verstappen entschied das Rennen vor dem Mercedes-Duo für sich. Sebastian Vettel erlebte das nächste Debakel.
Formel 1. Red-Bull-Pilot Max Verstappen hat überraschend die Mercedes-Dominanz in der Formel 1 gebrochen. Der Niederländer gewann den zweiten Grand Prix in Silverstone nach einem gelungenen Reifenpoker bei Hitze vor WM-Leader Lewis Hamilton und dessen Mercedes-Teamkollegen Valtteri Bottas. Die Silberpfeile hatten die ersten vier Rennen der laufenden Saison gewonnen.
Ex-Weltmeister Sebastian Vettel erlebte auf seiner Ferrari-Abschiedstournee das nächste Debakel und verpasste nach einem Dreher am Start die Punkteränge.
Abseits der Rennstrecke sorgt die FIA-Strafe gegen Racing Point weiter für Unruhe. Mehrheitseigentümer Lawrence Stroll wies die sanktionierten Plagiatsvorwürfe gegen sein Team mit scharfen Worten zurück. Auch die geplante Neuverteilung des Preisgelds stößt nicht überall auf Anklang.
Silverstone/Wien. Im fünften Rennen der Formel-1-Saison kam erstmals nicht ein Mercedes als Erstes ins Ziel. Red-Bull-Pilot Max Verstappen verwies mit einer meisterhaften Reifenstrategie am Sonntag beim Jubiläumsrennen in Silverstone Lewis Hamilton und Valtteri Bottas auf die Plätze. „Jungs, was für ein tolles Rennen. Ich danke euch, danke an die Fabrik. Wir geben weiter Gas“, sagte Verstappen im Boxenfunk nach dem neunten Sieg seiner Karriere und sprang seinen Ingenieuren und Mechanikern vor Freude in die Arme: „Wir werden das feiern!“
Verstappen war im Gegensatz zu seinen Rivalen mit den ganz harten Reifen gestartet und kam erst in der 27. Runde erstmals an die Box. Mit neuen Medium-Pneus fuhr er knapp hinter Bottas, aber noch vor Hamilton, auf die Strecke zurück. Kurz danach holte sich Verstappen vom Finnen auch die Führung zurück, den nächsten Wechsel vollzog das Spitzenduo gleichzeitig. Als Hamilton schließlich in der 42. Runde folgte, war der Weg für Verstappen frei.
„Das habe ich nicht kommen sehen! Aber nach dem ersten Stint sah es danach aus, dass wir sehr gut zu den Reifen waren“, analysierte der Niederländer. „Wir haben einfach gepusht, und es ist ein unglaubliches Ergebnis, hier zu gewinnen.“Hamilton zog mit seinem 155. Podestplatz mit Michael Schumacher gleich und behauptete die WM-Führung, war aber logischerweise nicht zufrieden. „Das war nicht unser Tag“, gestand der Brite danach ein.
Noch schlimmer erwischte es jedoch Ex-Weltmeister Sebastian Vettel, der auf seiner Ferrari-Abschiedstournee das nächste Debakel erlebte. Der Deutsche verpasste nach einem Dreher kurz nach dem Start als Zwölfter WMPunkte. Während des Rennens beklagte sich Vettel mit heftigen Worten, dass er seiner Meinung nach zu früh zum ersten Boxenstopp reingeholt wurde. „Ich hänge hier fest. Ihr wisst, dass ihr es verbockt habt“, schimpfte der 33-Jährige. Dass Teamkollege Charles Leclerc Vierter wurde, machte es für Vettel umso bitterer.
Racing-Point-Aushilfe Nico Hülkenberg durfte im Gegensatz zur Vorwoche diesmal auch Rennkilometer machen, allerdings zwang ihn ein Technikproblem kurz vor Ende noch einmal an die Box und kostete ihn zwei Plätze. Damit fiel er vom dritten Startplatz am Ende auf Rang sieben zurück und baute seinen unrühmlichen Rekord auf 178 Rennen ohne Podestplatz aus.
Die Streitthemen im F1-Zirkus
Das Jubiläum in Silverstone wurde getrübt von der Unruhe neben der Strecke. Noch vor dem Rennen hatte Lawrene Stroll, Mehrheitseigentümer von Racing Point, in einer seltenen öffentlichen Stellungnahme scharfe Kritik an der FIA-Strafe gegen sein Team (15 Punkte Abzug in KonstrukteursWM, 400.000 Euro Bußgeld) geübt. „Ich habe nie bei irgendetwas in meinem Leben betrogen“, betonte der kanadische Geschäftsmann. „Meine Integrität und die meines Teams stehen außer Frage. Diese Anschuldigungen sind absolut inakzeptabel und nicht wahr.“
Der Vater von Racing-Point-Pilot Lance Stroll ist „extrem wütend“und „entsetzt“und warf den Rivalen fehlenden Sportsgeist vor. „Sie ziehen unseren Namen durch den Schmutz, und ich werde nicht einfach danebenstehen und es akzeptieren. Ich beabsichtige, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Unschuld zu beweisen.“
Auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff wähnte eine „kleine Revolution“der Rivalen, „weil sie nicht die Leistung bringen wie Racing Point“. Zudem monierte er erneut, dass im neuen Grundlagenvertrag, der bis 12. August unterschrieben sein soll und ab 2021 die Preisgeldverteilung regelt, Mercedes das „größte Opfer“sei. (swi)