Korruptionsjäger auf falscher Spur
Causa Casinos. Chats ließen die WKStA glauben, Peter Sidlo wolle mit Novomatic dealen. Doch half er einem slowakischen Investor beim Versuch, Casinos-Anteile und eine Bank zu übernehmen. Auch zum Vorteil der FPÖ.
Hallo Joschi. Ich habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen.
Peter Sidlo in einer WhatsApp-Nachricht an den damaligen FP-Klubobmann, Johann Gudenus
Wien. „Hallo Joschi. Ich habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen.“Es ist diese WhatsApp-Nachricht vom 12. August 2018 von Peter Sidlo an ExFPÖ Klubobmann Johann Gudenus, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als heiße Spur betrachtet. Sie sieht darin den Beginn der vermuteten Postenschacherei bei der Casinos Austria (Casag). Allein, wie es aussieht, sitzen die Ermittler da einem Irrtum auf. Denn eigentlich geht es darin um etwas anderes – wenn auch nicht minder Interessantes.
Bei dem angesprochenen Deal geht es nämlich nicht um die Novomatic, wie die Ermittler glauben, sondern um eine geplante Übernahme der Wiener Privatbank durch einen slowakischen Investor, der sich auch für Anteile an der Casinos Austria interessierte. Der Vermittler: Peter Sidlo. Und der „Deal“sollte auch der FPÖ Vorteile bringen. Aber beginnen wir von vorn.
Im Kern drehen sich die Casinos-Ermittlungen um den Vorwurf, dass hinter der Bestellung von Peter Sidlo (FPÖ) zum CasagFinanzchef eine parteipolitische Abmachung stand. Der Casag-Mitaktionärin Novomatic soll im Gegenzug zur Bestellung Entgegenkommen bei Glücksspiellizenzen versprochen worden sein. Außerdem soll die ÖVP dem Deal zugestimmt haben, wenn der damalige Finanz-Generalsekretär, Thomas Schmid, im Gegenzug zum Chef der Staatsholding Öbag avancieren würde.
Ein Hauptindiz für diese Version war für die Ermittler jener erwähnte Gesprächsverlauf auf WhatsApp, der der „Presse“vorliegt. Liest man den allerdings zur Gänze, lässt das am angenommenen Sachverhalt zweifeln. Da steht etwa: „Sie kennen Sazka gut und benötigen jedoch zur Beteiligungsstruktur (Finanzierung) ein paar Details. Wer kann uns diese besorgen? Lg Peter“.
Slowakische Freunde
Tatsächlich sind die „Freunde“, von denen Sidlo spricht, nicht Novomatic. Sondern offenbar ist die Arca-Gruppe gemeint, die lang im Besitz des slowakischen Oligarchen Pavel Krupa stand. Der wiederum hat gute Kontakte zum tschechischen Milliardär Patrik Tka´cˇ – und der steht mit seiner J&T Group hinter der Sazka-Gruppe, die Anteile an der Casinos Austria hält. Um diese Anteile tobte seit Jahren ein Eigentümerstreit – und offenbar glaubte Sidlo, dass der beigelegt werden könnte, wenn Sazka an Arca verkauft. Der ursprüngliche Plan der Arca-Gruppe war,
Investmentmöglichkeiten in Österreich zu finden. Eine davon war die Übernahme der Wiener Privatbank, die Peter Sidlo für Arca abwickeln sollte. Er wurde von den Eigentümern der Bank auch zum Aufsichtsrat bestellt – quasi als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem Investor.
Diese geplante Übernahme führte dann auch zur Idee eines Einstiegs bei der Casinos. Denn wer eine Bank kaufen will, muss einen Zuverlässigkeitstest bestehen. Ein ähnliches Verfahren gibt es auch für all jene, die sich an der Casinos beteiligen wollen. Offenbar wollte Sidlo also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Hohe Kredite für die FPÖ
Eine politische Komponente stand aber auch dahinter: Denn die FPÖ sollte von der Übernahme der Bank profitieren. Das legt zumindest ein Notizzettel nahe, der bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung von Johann Gudenus gefunden wurde – von wem die Notiz stammt, ist unklar. Auf dem Papier sind für den Fall der Übernahme jedenfalls vier Vorteile für die FPÖ aufgelistet. Einer davon: Die Partei könnte von der Wiener Privatbank jährliche Kredite von 15 bis 20 Millionen Euro bekommen – das ist selbst für Großparteien eine sehr hohe Summe.
Eine zentrale Frage bleibt dabei: Was hätte sich die Arca-Gruppe im Gegenzug
AUF EINEN BLICK
Peter Sidlo (46) wird vorgeworfen, dass er durch einen Deal zwischen FPÖ, ÖVP und Novomatic zum Finanzvorstand der Casinos Austria wurde. Er bestreitet das, räumt aber Unterstützung vom damaligen FPÖ-Chef, Heinz-Christian Strache, ein. Eine Chatnachricht an Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, die die Korruptionsermittler als Indiz für Postenschacher sehen, hat mit Blick auf den Chatverlauf aber einen anderen Hintergrund. von der FPÖ erwartet? Auch das bleibt vorerst offen. Aus diesen Ideen wurde letztlich aber ohnehin nichts, weil die Bankenaufseher Arca kritisch gegenüberstanden und das die Investorengruppe auch spüren ließen – Grund waren frühere strafrechtliche Ermittlungen wegen Geldwäsche gegen einen der Eigentümer. Daraufhin zog Arca den Antrag im September 2018 zurück. Eine mehrheitliche Übernahme der Bank kam nicht zustande. Somit starben auch die Casinos-Pläne, weil anzunehmen war, dass Arca auch dort die nötige Prüfung nicht bestehen würde.
Strache unterstützte Sidlo
Peter Sidlo landete dennoch im Casag-Vorstand. Wie es dazu kam? Sidlo selbst präsentiert diese Version: Als der Generalrat der Nationalbank durch Ministerratsbeschluss neu besetzt wurde, wurde Bettina GlatzKremsner für die ÖVP entsendet, Sidlo für die FPÖ. Die beiden verstanden sich gut. Und als Glatz-Kremsner von der Casinos schwärmte, fragte Sidlo den damaligen FPÖChef, Heinz-Christian Strache, ob er ihn bei der Bewerbung als Vorstand unterstützen würde. Der sagte zu, wie er selbst im U-Ausschuss bestätigte. Die Casinos-Vorstände wurden also unter anderem wieder mit Glatz-Kremsner und Sidlo besetzt. Ob und welche Personalia sonst noch unter diese politische Einigung gefallen sind, welche Versprechen es im Gegenzug gab, wird der U-Ausschuss ab Herbst weiter beleuchten.
Die Ermittlungen in der Casinos-Causa gestalten sich inzwischen schleppend: Zwar kam mit Ende Juli mit 1500 Seiten der bisher längste Aktenvermerk mit etlichen ChatAuswertungen dazu, wirklich Stichhaltiges fehlt aber. Es bleibt bei Konjunktiven und Vermutungen. Übrigens wurde nach einem Jahr Ermittlungen bisher weder Johann Gudenus noch Peter Sidlo zur Einvernahme geladen.