Urteil gegen Grasser aufgehoben
Entscheidung I. Bundesfinanzgericht hatte den Ex-Minister nur mit Stichworten verurteilt. Höchstrichter schreiten ein.
Der VfGH schickt ein Steuerverfahren wegen formaler Gründe zurück an den Start.
Wien. Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich, selbstverständlich auch Karl-Heinz Grasser. Und so hält der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in einer der „Presse“vorliegenden Entscheidung nun fest, dass der frühere Finanzminister in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger verletzt wurde. Ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts, laut dem Grasser eine Steuerschuld in Millionenhöhe zurückzahlen sollte, wurde wegen vorliegender Willkür gekippt. Aber was sind die Gründe dafür und was bedeutet die Entscheidung nun?
Es geht um die Zeit Grassers als Direktor der Meinl Power Management (MPM). Nach Ansicht des Fiskus war die MPM in Österreich körperschaftsteuerpflichtig, nur wurde diese Abgabe nicht entrichtet. Für die Zeit von 2007 bis 2009 hafte Grasser als Direktor daher für die fehlenden Abgaben in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro, meinte das Finanzamt. Und es verlangte im Jahr 2017 ebendiese Summe.
Grasser schlug den Rechtsweg ein. Das Bundesfinanzgericht kam Grasser finanziell entgegen. Nun sollte er nur noch knapp 1,5 Millionen Euro zahlen. Aber auch das wollte der Ex-Politiker nicht auf sich sitzen lassen und so zog er vor das Höchstgericht.
Und tatsächlich finden die Verfassungsrichter nun, dass die Unterinstanz ihr Erkenntnis nicht ausreichend begründet hatte. Grasser sei Willkür widererfahren, betonen die Höchstrichter. Das Bundesfinanzgericht hatte seine im Dezember des Vorjahres erfolgte Entscheidung mündlich verkündet. Laut einer Niederschrift dazu wurden die Gründe für die Entscheidung aber nur stichwortartig festgehalten.
„Wird Anforderungen nicht gerecht“
Und das behagt den Verfassungshütern gar nicht. „Diese stichwortartige Aufzählung wird den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher – mündlich verkündeter – Entscheidungen nicht gerecht“, betont der VfGH. So habe bereits ein mündlich verkündetes Erkenntnis „die tragenden Elemente der Begründung zu enthalten“. Das Bundesfinanzgericht habe in seiner Niederschrift aber nur einige Rechtsfragen aufgelistet, ohne sich mit diesen „auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen“. So sei die Begründung aber „inhaltlich weder für den Adressaten der Entscheidung noch für den Verfassungsgerichtshof nachvollziehbar“, mahnen die Höchstrichter.
Dass das Bundesfinanzgericht zu einem späteren Zeitpunkt Grasser das Erkenntnis mit vollständiger Begründung ausfertigte, nützte auch nichts, sagt der VfGH. Denn bereits in der mündlichen Verhandlung hätte man die Hintergründe der Entscheidung ausreichend darlegen müssen. Die Conclusio der Höchstrichter: „Insgesamt widerspricht eine derartige Vorgangsweise den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen.“
Was bedeutet das VfGH-Erkenntnis nun? Das Bundesfinanzgericht müsse neu entscheiden, erklärt Grasser-Anwalt Manfred Ainedter. Die Worte des VfGH hält er für sehr beachtlich.
Ainedter: „Das habe ich noch nie erlebt“
„Das Erkenntnis ist unfassbar. Das habe ich in meinen 40, 45 Jahren als Anwalt noch nie erlebt, dass eine Entscheidung derart in der Luft zerrissen wird“, sagt Ainedter zur „Presse“. Aus der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts sei aber auch schon „deutlich eine Abneigung gegen meinen Mandanten ableitbar“, meint der Grasser-Anwalt. Jetzt sei aber der Moment gekommen, in dem das Bundesfinanzgericht seine Entscheidung ausreichend begründen müsse.
Vom Streit um die Abgabenschuld zu unterscheiden ist der Buwog-Prozess, in dem sich Grasser derzeit strafrechtlich zu verantworten hat.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) kippt eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichts, laut der Karl-Heinz Grasser eine Abgabenschuld von knapp 1,5 Millionen Euro hätte entrichten sollen. Hintergrund ist die Begründung der Vorinstanz, die Grassers Schuld zunächst nur mündlich und nur in Stichworten erörtert hatte. So eine Vorgangsweise widerspreche aber den rechtsstaatlichen Anforderungen, sagt der VfGH.