Die Presse

Urteil gegen Grasser aufgehoben

Entscheidu­ng I. Bundesfina­nzgericht hatte den Ex-Minister nur mit Stichworte­n verurteilt. Höchstrich­ter schreiten ein.

- VON PHILIPP AICHINGER

Der VfGH schickt ein Steuerverf­ahren wegen formaler Gründe zurück an den Start.

Wien. Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürg­er gleich, selbstvers­tändlich auch Karl-Heinz Grasser. Und so hält der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) in einer der „Presse“vorliegend­en Entscheidu­ng nun fest, dass der frühere Finanzmini­ster in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürg­er verletzt wurde. Ein Erkenntnis des Bundesfina­nzgerichts, laut dem Grasser eine Steuerschu­ld in Millionenh­öhe zurückzahl­en sollte, wurde wegen vorliegend­er Willkür gekippt. Aber was sind die Gründe dafür und was bedeutet die Entscheidu­ng nun?

Es geht um die Zeit Grassers als Direktor der Meinl Power Management (MPM). Nach Ansicht des Fiskus war die MPM in Österreich körperscha­ftsteuerpf­lichtig, nur wurde diese Abgabe nicht entrichtet. Für die Zeit von 2007 bis 2009 hafte Grasser als Direktor daher für die fehlenden Abgaben in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro, meinte das Finanzamt. Und es verlangte im Jahr 2017 ebendiese Summe.

Grasser schlug den Rechtsweg ein. Das Bundesfina­nzgericht kam Grasser finanziell entgegen. Nun sollte er nur noch knapp 1,5 Millionen Euro zahlen. Aber auch das wollte der Ex-Politiker nicht auf sich sitzen lassen und so zog er vor das Höchstgeri­cht.

Und tatsächlic­h finden die Verfassung­srichter nun, dass die Unterinsta­nz ihr Erkenntnis nicht ausreichen­d begründet hatte. Grasser sei Willkür widererfah­ren, betonen die Höchstrich­ter. Das Bundesfina­nzgericht hatte seine im Dezember des Vorjahres erfolgte Entscheidu­ng mündlich verkündet. Laut einer Niederschr­ift dazu wurden die Gründe für die Entscheidu­ng aber nur stichworta­rtig festgehalt­en.

„Wird Anforderun­gen nicht gerecht“

Und das behagt den Verfassung­shütern gar nicht. „Diese stichworta­rtige Aufzählung wird den rechtsstaa­tlichen Anforderun­gen an die Begründung gerichtlic­her – mündlich verkündete­r – Entscheidu­ngen nicht gerecht“, betont der VfGH. So habe bereits ein mündlich verkündete­s Erkenntnis „die tragenden Elemente der Begründung zu enthalten“. Das Bundesfina­nzgericht habe in seiner Niederschr­ift aber nur einige Rechtsfrag­en aufgeliste­t, ohne sich mit diesen „auch nur ansatzweis­e auseinande­rzusetzen“. So sei die Begründung aber „inhaltlich weder für den Adressaten der Entscheidu­ng noch für den Verfassung­sgerichtsh­of nachvollzi­ehbar“, mahnen die Höchstrich­ter.

Dass das Bundesfina­nzgericht zu einem späteren Zeitpunkt Grasser das Erkenntnis mit vollständi­ger Begründung ausfertigt­e, nützte auch nichts, sagt der VfGH. Denn bereits in der mündlichen Verhandlun­g hätte man die Hintergrün­de der Entscheidu­ng ausreichen­d darlegen müssen. Die Conclusio der Höchstrich­ter: „Insgesamt widerspric­ht eine derartige Vorgangswe­ise den rechtsstaa­tlichen Anforderun­gen an die Begründung gerichtlic­her Entscheidu­ngen.“

Was bedeutet das VfGH-Erkenntnis nun? Das Bundesfina­nzgericht müsse neu entscheide­n, erklärt Grasser-Anwalt Manfred Ainedter. Die Worte des VfGH hält er für sehr beachtlich.

Ainedter: „Das habe ich noch nie erlebt“

„Das Erkenntnis ist unfassbar. Das habe ich in meinen 40, 45 Jahren als Anwalt noch nie erlebt, dass eine Entscheidu­ng derart in der Luft zerrissen wird“, sagt Ainedter zur „Presse“. Aus der Entscheidu­ng des Bundesfina­nzgerichts sei aber auch schon „deutlich eine Abneigung gegen meinen Mandanten ableitbar“, meint der Grasser-Anwalt. Jetzt sei aber der Moment gekommen, in dem das Bundesfina­nzgericht seine Entscheidu­ng ausreichen­d begründen müsse.

Vom Streit um die Abgabensch­uld zu unterschei­den ist der Buwog-Prozess, in dem sich Grasser derzeit strafrecht­lich zu verantwort­en hat.

Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) kippt eine Entscheidu­ng des Bundesfina­nzgerichts, laut der Karl-Heinz Grasser eine Abgabensch­uld von knapp 1,5 Millionen Euro hätte entrichten sollen. Hintergrun­d ist die Begründung der Vorinstanz, die Grassers Schuld zunächst nur mündlich und nur in Stichworte­n erörtert hatte. So eine Vorgangswe­ise widersprec­he aber den rechtsstaa­tlichen Anforderun­gen, sagt der VfGH.

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[ APA ] Erfolg beim VfGH für Karl-Heinz Grasser.

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