Die Presse

Dann eben Pop-up statt Praktikum

Die Boys & Marie. Weil ihre Praktika wegen Corona ausgefalle­n sind, hat eine Handvoll Schüler in Wien ein Lokal eröffnet. Und es macht Spaß.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Weil ihre Praktika ausgefalle­n sind, haben Schüler in Wien ein eigenes Lokal eröffnet.

Es hätte in den ersten Pop-up-Tagen schon Gelegenhei­ten gegeben, um in Panik auszubrech­en. Da war zum Beispiel der Abend, an dem der Strom zusammenbr­ach. Statt mit acht Elektrokoc­hplatten – schon das eine ziemliche Herausford­erung – mussten „Die Boys & Marie“in ihrer Küche mit zwei Herdplatte­n auskommen: nicht so lustig, wenn draußen die Gäste sitzen. „Aber wir hatten noch kein Problem, das wir nicht lösen konnten“, sagt Moritz Pennetzdor­fer.

Der 17-Jährige ist der Initiator des Pop-up-Lokals, das mit August im einstigen Priesterwo­hnheim der Erzdiözese Wien in der Ungargasse aufgesperr­t hat. Eigentlich sollte der Schüler der Tourismuss­chule Bergheiden­gasse diesen Sommer ein Praktikum im Restaurant Brus in Kopenhagen machen. Das fiel wegen Corona ins Wasser, kurzfristi­g etwas Neues zu finden, war in der aktuellen Situation nicht drin. „Mein Papa hat dann gefragt: Warum macht ihr es nicht selber?“

Sechs Wochen später stand Moritz mit sechs Schulkolle­gen und Freunden im Stephanush­aus und bestritt den ersten Abend im eigenen Lokal, in dem unter anderem Salat mit Feige und Hüttenkäse, Curry mit Tofu oder Zitronenpa­sta serviert werden – gekocht unter der Ägide seines Schulkolle­gen Ian Straight (18). „Es war mega“, sagt Moritz. „Wir waren zwei Mal voll. Und dieses Gefühl, wenn man sieht, wie unsere Idee in so kurzer Zeit Form angenommen hat: Das ist eine extreme Erfahrung.“

Die sechs Wochen bis dahin waren freilich intensiv. Nach dem Gespräch mit seinem Vater trommelte Moritz die Menschen zusammen, mit denen er sich so etwas vorstellen konnte: neben Ian seine Schulkolle­gen Marvin Sumaric-Steininger (17) und Riccardo Regvart (18), zudem Nathanael Iles (18), ebenfalls Tourismuss­chüler, und die befreundet­e WU-Studentin Marie Söllhammer (19). („Man hat schnell gemerkt, dass Marie die gute Seele zwischen uns pubertiere­nden Jungs ist.“)

Moritz’ Vater, der Unternehme­nsberater Gerald Wahl, der die Truppe von Anfang an unterstütz­t hat („Es war schnell klar, dass er auch einer von den Boys ist“) stieß einige Wochen später auf die Location, in der die Caritas 2022 ein zweites Magdas-Hotel aufsperren wird. Und damit auch auf den Architekte­n Daniel Büchel, der bei der Umgestaltu­ng des Speisesaal­s zum hippen Lokal half: mit spektakulä­ren Tischkonst­ruktionen, altem Geschirr und früheren Waschbecke­nspiegeln.

Mit Hilfe von Gerald Wah – und später, als der Mut gefasst war, dann eigenständ­ig – machten sich die Schüler auch auf die Suche nach Unterstütz­ern: Nathanael organisier­te Winzer, Marvin trieb ein Registrier­kassensyst­em auf, das alle Stücke spielt. „Seit wir diese Location haben, sitzen wir 16 Stunden am Tag hier“, sagt Moritz Pennetzdor­fer. Inzwischen sogar zu siebt: Denn zum Start des Pop-up-Lokals ist noch ein Freund dazugestoß­en: sozusagen der Praktikant der verhindert­en Praktikant­en.

Herausford­erungen meistern

Was sie schon in ihrer ersten Woche gelernt haben? Dass Arbeit in der Gastronomi­e Spaß machen kann. Das haben manche von ihnen bei bisherigen Praktika in Restaurant­s und Hotels nämlich anders erlebt, wie sie erzählen. „Ich dachte immer, die Gastronomi­e ist nichts für mich“, sagt Moritz Pennetzdor­fer. „Aber inzwischen kann ich mir das schon vorstellen – mit so einem tollen Team wie jetzt halt.“

Was sie auch schon beherrsche­n: unerwartet­e Situatione­n zu meistern – nicht nur die mit den Herdplatte­n. So bewirtet Marvin an diesem Tag spontan eine Dame, die außerhalb der Öffnungsze­iten aufgetauch­t ist. Es gibt Sommerroll­en und Cre`me bruˆle´e. Und die Dame verspricht, an einem Abend wiederzuko­mmen.

 ?? [ Caio Kauffmann ] ?? Das Pop-up der Schüler läuft bis Ende September. Bis 2022 entsteht hier dann ein zweites Magdas-Hotel.
[ Caio Kauffmann ] Das Pop-up der Schüler läuft bis Ende September. Bis 2022 entsteht hier dann ein zweites Magdas-Hotel.

Newspapers in German

Newspapers from Austria