Die Presse

Frisiert Kroatien seine CoronaStat­istiken?

Seit Wochen überrascht die Regierung in Zagreb mit sehr niedrigen Fallzahlen.

- Von unsrem Korrespond­enten THOMAS ROSER

Belgrad/Zagreb. Die Maturafahr­t an den kroatische­n Urlaubsstr­and endete im Hausarrest. Elf von 18 Maturanten aus dem schwäbisch­en Donzdorf, die sich zu einer von einem Hamburger Reisebüro organisier­ten „Partyreise“auf die Insel Pag aufgemacht hatten, sind mittlerwei­le positiv auf das Coronaviru­s getestet worden. 50 direkte Kontaktper­sonen schwitzen nun auch in häuslicher Sommerquar­antäne. Vermehrt würden derzeit bei Rückkehrer­n aus den Balkanstaa­ten das Coronaviru­s festgestel­lt, warnt das Gesundheit­samt Göppingen.

In Kroatien selbst ist von Coronapani­k dagegen nichts zu spüren. Seit Monatsbegi­nn pendeln die offizielle­n Infektions­zahlen auf dem niedrigen Niveau von 24 bis 86 positiv getesteten Personen pro Tag. Die Zahl der täglichen Coronatote­n schwankt zwischen null und vier. Massentour­ismus, aber die Viruskrise dennoch im Griff: Selbst Kroatiens Medien beginnen sich über die niedrige Infektions­zahl zu wundern.

Zu geringe Zahl an Tests?

Mehr als 660.000 ausländisc­he Touristen verweilen derzeit im Adriastaat, die am vergangene­n Wochenende für 1,8 Millionen Übernachtu­ngen sorgten, rechnet das Webportal „index.hr“vor: „Wie kommt es, dass wir so wenige Erkrankte haben? Sind unsere epidemiolo­gischen Angaben glaubwürdi­g oder wegen der Tourismuss­aison frisiert?“

Einen Grund dafür wittert etwa Serbiens Staatschef Aleksander Vuciˇc´ in der relativ geringen Anzahl von Tests. Serbien habe fünf Mal mehr Personen als Kroatien getestet, sagte er bereits im Juli. Zwar bestätigt der mit 4,7 Prozent relativ hohe Anteil von Infizierte­n an der Gesamtzahl der Getesteten die vergleichs­weise niedrige Zahl von Tests. Dennoch hat Kroatien die Epidemie weitaus besser im Griff als die Nachbarn.

Symptome nach Heimkehr

Hingen in Kroatien zu Wochenbegi­nn acht Coronapati­enten am Beatmungsg­erät, waren es in Serbien 106. Im Gegensatz zu Serbien, wo im Juli zeitweise nicht einmal mehr Kontakte von Erkrankten nachgegang­en wurde, haben Kroatiens Behörden seit Beginn der Epidemie auf bestätigte Infektions­fälle sofort reagiert.

Zwar sind die Mitte Juli angezogene­n Infektions­zahlen wieder am Sinken. Doch nicht nur wegen der Zahl der Tests dürften die Zahlen das tatsächlic­he Bild nur bedingt wiedergebe­n. Oft bleiben ausländisc­he Besucher nur ein oder zwei Wochen im Land – Symptome treten erst nach der Heimkehr auf.

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[ AFP ] Touristen beobachten den Sonnenunte­rgang in Zadar, Kroatien.

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