Griechenland hat Kontrolle über Virus verloren
Corona. Ein strenger und früher Lockdown hat die Zahl der Infizierten niedrig gehalten. Jetzt aber breitet sich die Pandemie drastisch aus. Für den langsam aufblühenden Tourismus ein Horrorszenario.
Athen. Schlechte Nachrichten für Griechenland: Laut neuesten Meldungen verzeichnete Griechenland in einer einzigen Woche an die 1000 neue Fälle von Covid-19, doppelt so viele wie in der Woche zuvor – das heißt, die Zahl der Neuerkrankungen steigt sprunghaft an. Noch aussagekräftiger ist ein Blick auf den Infektions-Reproduktionsfaktor R. Wie griechische Virologen bestätigten, ist er über eins geklettert, das heißt, die Pandemie expandiert wieder, die zweite Welle ist im Kommen. Und das ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Sommersaison, in der sonnenhungrige Athener, aber auch viele ausländische Touristen ausströmen, um Ferien zu machen – und das Virus weiterverbreiten.
Bis vor Kurzem war Griechenland eines der erfolgreichsten Länder bei der Bekämpfung der Coronapandemie. Ein früher und strenger Lockdown im ganzen Land zeigte bald Wirkung, die Horrormeldungen aus dem benachbarten Italien lehrten die Griechen, wie wichtig es ist, die Disziplin aufrechtzuerhalten.
Großstädte stark betroffen
Nach der Aufhebung der allgemeinen Ausgangsbeschränkungen Anfang Mai stieg die Zahl der Infizierten zunächst nur leicht. Doch das scheint nun vorbei. Immer mehr Hotspots werden verzeichnet, vor allem aber steigen die Zahlen in den Großstädten Thessaloniki und Athen an. Das deutet darauf hin, dass den Behörden die Kontrolle entglitten sein könnte.
Die Touristen sind jedenfalls nicht schuld daran. Hier waren die Behörden beeindruckend konsequent. Seit 1. Juli wurden an den Grenzen über 266.000 Tests durchgeführt, 508 Fälle ausgespürt und die Krankheitsträger isoliert. Reisende aus Krisenländern müssen negative Test vorweisen, die spätestens 72 Stunden vor der Anreise durchgeführt worden sind.
Ab nächster Woche kommen weitere wichtige Touristenherkunftsländer auf die Liste der Risikoländer, unter anderen Spanien, die Niederlande und Schweden. Die Hotspots zeigen, dass die Risken im Inland liegen: In einer
Fleischfabrik wurden 50 Fälle aufgespürt, die Insel Poros, die vor allem auch Ziel von vielen griechischen Besuchern ist, wird unter Teilquarantäne gestellt, Hochzeiten und Taufen erweisen sich als Übertragungsherde – ganz abgesehen von den notorisch überfüllten Massenverkehrsmitteln.
Athen verschärft Maßnahmen
Athen versucht, die Schrauben wieder anzuziehen. Die jüngsten Maßnahmen: Die internationale Messe von Thessaloniki wurde abgesagt, in Risikogebieten bleiben Gaststätten von Mitternacht bis sieben Uhr morgens gesperrt, alle Konzerte und sonstigen Veranstaltungen mit stehendem Publikum werden abgesagt. Doch einiges deutet darauf hin, dass es zu spät ist. Die „Durchdringung“der Bevölkerung mit dem Coronavirus könnte nicht mehr aufzuhalten sein.