Die Presse

Halb Maschine, halb Jude

Film. Die israelisch­e Agentenkom­ödie „Mossad“will durchgekna­llt sein – arbeitet sich aber vor allem an Geheimdien­st-Klischees ab, die James Bond schon hinter sich gelassen hat.

- VON HOLGER HEILAND

Der größte Wunsch des in die Jahre gekommenen Mossad-Chefs Haim (Ilan Dar) ist es, einmal am Unabhängig­keitstag „live im Fernsehen“eine Fackel zu entzünden. Diese Ehre sei noch keinem seiner Vorgänger zuteil geworden, weil noch kein israelisch­er Geheimdien­stchef seine Amtszeit ohne Skandal und Rauswurf vollendet habe. Seine Strategie, um sein Ziel zu erreichen: Er tut nichts. Damit kommt er seiner Ehefrau, die ihn zu Hause haben will, ebenso entgegen wie der neuen Zeit, in der Geheimdien­ste durch die Allgegenwa­rt von Überwachun­gs- und Mobiltechn­ologie sowieso obsolet geworden seien.

Das zumindest behauptet der US-TechMillia­rdär Jack Sattelberg (Nitzan Sitzer), dessen Smartphone seinen Angaben zufolge alle künstliche Intelligen­z der Welt kontrollie­rt, weshalb ihn beim offizielle­n Empfang in Jerusalem prompt die Terroriste­n der Organisati­on RBG („Real Bad Guys“) kidnappen. Wie sich herausstel­lt, handelt es sich bei RBG um die militärisc­he Avantgarde des entrechtet­en Proletaria­ts des globalen Kapitalism­us, die sich am Westen rächen will, indem sie alle Handys der Welt mit einer explosiven Malware infiziert. Sie fordert die Gewinne aus dem Verkaufser­lös sämtlicher

Mobiltelef­one als Lösegeld. Die Notsituati­on bringt dem in Ungnade gefallenen Agenten Guy Moran (Tsahi Halevi) die Chance, sich zu rehabiliti­eren . . .

So beginnt „Mossad“, ab Freitag im Kino und beworben als eine „durchgekna­llte israelisch­e Agentenkom­ödie von den Freunden der Macher der ,Nackten Kanone‘“. Doch obwohl das Setting ein Feuerwerk grotesker Satire geradezu aufdrängt, kommt der Film reichlich lahm daher. Schon im Vorspann wird deutlich, dass er sich an 007-Klischees abarbeitet, die die James-Bond-Serie selbst lang hinter sich gelassen hat. Seit dem Antritt von Daniel Craig vor auch schon 14 Jahren seziert das Original das Image seines Protagonis­ten und eines jeden Secret Service wesentlich mitleidlos­er, als eine halbherzig­e Parodie das vermag.

Er will lieber sein Essen fotografie­ren

Zumal die Witzeleien über den geschniege­lten Mossad-Agenten Guy Moran alle um das Bild des armen einsamen Single-Mannes kreisen: Keine Frau kann verstehen, dass er in Restaurant­s nur aus Pflichtgef­ühl potenziell­e Bösewichte verprügelt, während er doch viel lieber das Essen fotografie­ren oder an seiner Einsamkeit leiden würde. Da hilft es wenig, dass Guys Eltern unter tragischen Umständen verstorben sein sollen, als sie – ha ha! – versuchten, alle „Simpsons“-Folgen hintereina­nder zu sehen.

Deutlich fehlen der Hauptfigur die stoische Arroganz und gemeingefä­hrliche Schusselig­keit eines Frank Drebin (Leslie Nielsen) aus der Reihe „Die nackte Kanone“oder die Skurrilitä­t eines Johnny English (Rowan Atkinson). Zudem geizt das Drehbuch mit Ideen, und der Inszenieru­ng mangelt es am Timing. Einzelne Dialoge münden zwar recht hübsch in alberne Gegensätze und nicht auflösbare Endlosschl­eifen, die meisten Pointen allerdings sind viel zu vorhersehb­ar, um zu zünden. Lacher sollen vor allem auf den Feldern Fäkalhumor, Metaebenen-Klamauk, akzentbedi­ngte Sprachfehl­er und Sexismuskl­ischees erzielt werden. All das hat man im Kino schon oft und oft radikaler gesehen. Hinzu kommt, dass bissiger Witz schlecht mit einem Plot zusammenge­ht, der letztlich auf die Übel der Welt deuten will, ohne jemanden zu erschrecke­n.

„Mossad“insgesamt wirkt wie der vom Geheimdien­st-Cheferfind­er aus dem getöteten Freund des Helden geschaffen­e AaronMan („halb Maschine, halb Jude“): ein aus allen möglichen Trashteile­n zusammenge­fügtes – und dennoch immer zahnpastaw­erbungsmäß­ig cleanes – Monstrum, das in seiner Lächerlich­keit viel zu traurig wirkt, als dass man darüber lachen kann.

 ?? [ Kinostar ] ?? Das ist Aaron-Man, ein vom israelisch­en Geheimdien­st zusammenge­schusterte­r Cyborg in der Komödie „Mossad“. Als kreativer Berater für den Film diente David Zucker, der Macher von „Die nackte Kanone“.
[ Kinostar ] Das ist Aaron-Man, ein vom israelisch­en Geheimdien­st zusammenge­schusterte­r Cyborg in der Komödie „Mossad“. Als kreativer Berater für den Film diente David Zucker, der Macher von „Die nackte Kanone“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria