Mit der Antisemitismus-Keule gegen eine eigensinnige Künstlerin
Statt linke Haltung zu bekunden, vertraut Lisa Eckhart stur der eigenen hypertrophen Intelligenz. Das geht nicht. Schon gar nicht im linksgrünen Hamburg.
Der Witz im Witz ist allerdings der, dass sich weder Friedrich Hollaender noch Eckhart über Juden lustig machen.
Ob das Telefon besetzt ist / Ob die Badewanne leckt / Ob dein Einkommen falsch geschätzt ist / Ob die Wurscht nach Seife schmeckt / Ob am Sonntag nicht gebacken / Ob der Prinz of Wales schwul / Ob bei Nacht die Möbel knacken / Ob dein Hund ’n harten Stuhl /An allem sind die Juden schuld / Die Juden sind an allem schuld.“
Viele werden Friedrich Hollaenders Couplet „An allem sind die Juden schuld“von 1931 kennen. Vermutlich werden aber nur wenige wissen, dass es der Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens als „widerlich und abstoßend“verurteilte. Das Spottlied sei das „Schulbeispiel einer Verkennung und Verzerrung“, wie sie „die antisemitische Agitation nicht anders darstellen würde“.
Den gleichen Vorwurf bekommt jetzt Lisa Eckhart zu hören. Vor zwei Jahren sagte sie in der WDR-Kabarettsendung „Mitternachtsspitzen“über Harvey Weinstein, Woody Allen und Roman Polanski: „Da haben wir immer gegen den Vorwurf gewettert, denen ginge es nur ums Geld, und jetzt plötzlich kommt raus, denen geht’s wirklich nicht ums Geld, denen geht’s um die Weiber, und deshalb brauchen sie das Geld.“Danach erklärte das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus: „Lisa Eckhart beherrscht die Klaviatur jahrhundertealter antisemitischer Stereotype vermischt mit Rassismus und Homophobie“; der Grünen-Politiker Volker Beck beschwerte sich beim WDR über ihr „Potpourri aus antisemitischen Klischees und schenkelklopfendem Humor, bei dem einem das Lachen nur im Halse stecken bleiben kann.“
Als ich vor Kurzem in einer Debatte auf die Ähnlichkeit zwischen Hollaenders Couplet und Eckharts Suada aufmerksam machte, kam der Einwand, es stehe eben grundsätzlich nur Juden zu, über Juden Witze machen. Nehmen wir an, unsere nicht wirklich wache, aber schon sehr „woke“Demokratie würde allen Minderheiten das Recht auf eine humorpolizeilich überwachte witzbefreite Zone garantieren.
Dann dürften endlich nur noch Blondinen über Blondinen, alte Männer über alte Männer und Burgenländer über Burgenländer witzeln.
Der Witz im Witz ist allerdings der, dass sich weder Hollaender noch Eckhart über Juden lustig macht. Sie verarschen nicht die Juden, sondern die Antisemiten. Dazu verwenden sie das Stilmittel der Persiflage, der Verspottung durch Überzeichnung, das seit der Antike zum Repertoire der Satire gehört. Sie entlarven das antisemitische Ressentiment, indem sie es ad absurdum treiben. Tut mir leid, es ist immer peinlich, einen Witz erklären zu müssen, aber das bleibt einem leider nicht erspart. „Wer Lisa Eckart Antisemitismus vorwirft, muss entweder geistesgestört sein oder böswillig“, sagt Dieter Nuhr. Oder schwer von Begriff.
Gar nicht witzig, sondern regelrecht beängstigend ist es, warum der Auftritt Lisa Eckharts beim Literaturfestival im Hamburger „Nochtspeicher“abgesagt wurde. Die Betreiber des Lokals fürchteten, durchaus zu Recht, dass die Schlägerbrigaden des von linken und grünen Politikern nicht nur geduldeten, sondern eifrig geförderten „Antifaschismus“die Veranstaltung sprengen würden.
„Wir weichen einer Gewalt, aber es gibt auch keinen eleganten Weg, der Gewalt nicht zu weichen“, sagte FestivalChef Hansen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Um Polizeischutz wolle man nicht bitten, weil dies jede weitere Aktivität in diesem „linken Viertel“Hamburgs verhindern würde. Feigheit hat den Nazis den Boden bereitet, jetzt bereitet sie den Boden für einen linken Totalitarismus, der mit Nazi-Methoden operiert.
Terrorisiert wird eine Künstlerin, die sich nicht in den Mainstream einordnet. Wer auf strunzdumme Schmähung setzt, braucht die „Antifaschisten“natürlich nicht zu fürchten. Weder ein Böhmermann, der die Österreicher pauschal als debil beschimpft, noch die „Taz“-Kolumnistin, die vor wenigen Wochen alle Polizisten auf der Müllhalde entsorgen wollte.