Die Presse

Österreich­s neue Nähe zu den USA

Die Regierung will den Wien-Besuch von USAußenmin­ister Pompeo nutzen, um die „strategisc­he Partnersch­aft“mit der Supermacht auszubauen.

- VON CHRISTIAN ULTSCH

39 Stunden wird der Außenminis­ter der USA in Wien verbringen. Mike Pompeo landete am späten Donnerstag­nachmittag in Schwechat, Samstagfrü­h soll er nach Warschau weiterflie­gen, der letzten Station seiner Europatour, die ihn zuvor auch nach Prag, Pilsen und Ljubljana geführt hatte.

Das Programm in Wien ist dicht. Am Donnerstag­abend ging es noch gemächlich an mit einem Dinner in der Hietzinger Residenz des US-Botschafte­rs, Trevor Traina. Am Freitag jedoch ist Pompeos Kalender duchgetakt­et: um zehn Uhr eine Gesprächsr­unde mit Finanzmini­ster Blümel und den Geschäftsf­ührern von Borealis, Voest, Rauch, Egger sowie dem Porsche-Aktionär Hans Michel Pie¨ch, um fünf nach elf die Einweihung einer „österreich­isch-amerikanis­chen Freundscha­ftsstraßen­bahn“mit Wiens Bürgermeis­ter, Michael Ludwig, um halb zwölf ein Höflichkei­tsbesuch bei Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, fünf vor zwölf eine Kranzniede­rlegung am Judenplatz.

Um 12.30 Uhr ein Arbeitsmit­tagessen mit Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg im Belvedere, um 13.50 Uhr ein Termin mit dem Chef der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde, Rafael Grossi, um 16 Uhr ein Treffen mit dem griechisch­en Außenminis­ter, Nikos Dendias, im Hotel Imperial, zum Abschluss ein Abendessen mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz am Ballhauspl­atz.

Doch was führt Mike Pompeo überhaupt nach Wien? Und welche Themen wollen die Gastgeber anschneide­n? Ein Überblick:

Strategisc­he Partner

Als Schlagwort existiert die „strategisc­he Partnersch­aft“zwischen den USA und Österreich schon seit eineinhalb Jahren, sie findet sich sogar ausdrückli­ch im türkis-grünen Regierungs­programm. In Wien wollen Pompeo und Schallenbe­rg diese Hülle in einer Erklärung nun mit mehr Leben erfüllen. Von einem gemeinsame­n Lebens- und Wertemodel­l sprach Österreich­s Außenminis­ter schon vor Ankunft seines Gastes und bezeichnet­e die USA als unverzicht­baren wirtschaft­lichen und politische­n Partner.

Ziel Österreich­s ist es, sich mit allen Großmächte­n gut zu stellen. Mit Russland gibt es seit 2018 den Sotschi-Dialog, im selben Jahr schloss Österreich eine freundscha­ftliche strategisc­he Partnersch­aft mit China, gleichzeit­ig eröffnete sich – ausgerechn­et unter Präsident Donald Trump – eine Möglichkei­t für eine Vertiefung der Beziehunge­n zu den USA. Selten noch war die kleine neutrale Alpenrepub­lik so interessan­t für Amerika. Im Februar 2019 weilte Kanzler Kurz im Weißen Haus. Vergangene­n März hätte er erneut hinreisen sollen, Trump musste den Besuch aber wegen der Coronapand­emie absagen. Die Zusammenar­beit mit der Supermacht will Österreich nun institutio­nalisieren, bevor es nach einem Machtwechs­el in Washington womöglich wieder vom US-Radar verschwind­et.

Auf (fast) einer Linie

Eines der Tickets, das Kurz nach Fürsprache von US-Botschafte­r Traina den Zugang ins Weiße Haus verschafft­e, war sein Schwenk zu einer stark proisraeli­schen Linie. Anklang fand auch seine harte Haltung in der Migrations­frage. Das gefiel Trump. Davor schon gefragt war Österreich­s Expertise am Westbalkan. Auch die USA wollen die südosteuro­päischen Staaten möglichst schnell in der EU sehen.

Mit seinen Breitseite­n gegen China und Russland wird Pompeo in Wien jedoch kaum Resonanz finden. Auch gegenüber dem Iran fährt Österreich einen weicheren Kurs. Es hält am Atomabkomm­en fest. Zumindest rhetorisch auf einer Linie sind Pompeo und Schallenbe­rg bei der Verurteilu­ng der Repression­welle in Belarus.

Gute Geschäfte

Die USA sind mittlerwei­le nach Deutschlan­d der zweitwicht­igste Exportmark­t für Österreich. Zuletzt brach der Wert der Ausfuhren, der sich seit 2010 auf satte zehn Milliarden Euro pro Jahr verdoppelt hatte, wegen der Coronakris­e ein. Es trüben jedoch auch andere Wolken das Geschäft. Die USA haben ein Verfahren wegen der österreich­ischen Digitalste­uer eingeleite­t und drohen mit Strafzölle­n, die insbesonde­re Autoherste­ller und Stahlerzeu­ger befürchten müssen. Gesprächss­toff für Blümels Runde mit Pompeo im Winterpala­is des Prinzen Eugen gibt es also genug. Vor allem auch wegen der USSanktion­en, die über der OMV wegen ihrer Beteiligun­g an Nord Stream II schweben. Die USA wollen die Fertigstel­lung der Pipeline, die Gas von Russland nach Europa pumpen soll, mit allen Mittel stoppen.

Funkstörun­g mit Huawei

Eine weltweite Kampagne reiten die USA auch gegen die Beteiligun­g der chinesisch­en Firma Huawei beim Aufbau des neuen 5G-Mobilfunkn­etzwerkes. In Österreich ist dieser Zug bereits abgefahren. Anders als Slowenien, Großbritan­nien oder Australien wird sich die Bundesregi­erung nicht dazu verpflicht­en, chinesisch­e Anbieter auszuschli­eßen. Huawei hat für Magenta schon das 4G-Netz gebaut und spielt neben Nokia, Ericsson und Cisco auch bei der 5G-Infrastruk­tur eine Rolle. „Drei“setzt auf den zweiten großen chinesisch­en Ausrüster ZTE. Nur in A1 steckt China nicht drin.

Die neue Freundscha­ft zwischen Österreich und den USA muss auch die eine oder andere Funkstörun­g aushalten.

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[ Reuters ] US-Außenminis­ter Pompeo legte am Donnerstag­nachmittag auf seiner Europa-Reise einen Zwischenst­opp in Wien ein.

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