Baden in Corona-Zeiten: Wie viel Zwang ist möglich?
Zwischenbilanz. Wiens Bäder freuen sich über relativ hohe Besucherzahlen. Regierungsvorgaben machen Probleme – nicht ganz unerwartet.
Wien. Diese Saison gelten andere Maßstäbe. Ein Durchschnittssommer lockte in den vergangenen Jahren ungefähr 2,5 Millionen Besucher in die 27 Wiener Sommerbäder. Das heurige Ziel sei, zumindest die Hälfte der üblichen Gästezahlen zu erreichen, so der Sprecher der Wiener Bäder, Martin Kotinsky, im Gespräch mit der „Presse“.
In der gesamten Saison konnten bisher 847.067 Badegäste verzeichnet werden. Wegen der Coronapandemie und der zahlreichen Regentage im Juni ist diese Zahl für die Wiener Bäder ein beachtliches Ergebnis: „Bereits 800.000 Gäste waren ein Erfolg für uns. Damit muss man unter diesen Umständen zufrieden sein“, betont Kotinsky.
Der bisherige Tagesbestwert liegt bei 51.321 Besuchern. Dieser wurde am 28. Juni, dem heißesten Tag des Monats mit beinahe 32 Grad Celsius, erreicht.
Im Bereich der Organisation gebe es dennoch „Kleinigkeiten, die überdacht werden sollten“. Für die Planung dieser ganz und gar untypischen Saison hatte das Team der MA 44, Abteilung der Wiener Bäder, lediglich drei Wochen Zeit. Überdies wurden die Vorgaben der Bundesregierung laufend neu verlautbart, was die Situation durch zusätzlichen administrativen Aufwand erschwerte.
Das betraf beispielsweise die Maskenpflicht in Sanitärräumen oder die Verordnung, zehn Quadratmeter Liegefläche pro Person zur Verfügung zu stellen. Eine Alternativlösung wünscht sich die MA 44 auch bezüglich der Saisonkarten: Diese wurden heuer nicht verkauft, was Stammgäste verärgerte.
Zudem gestaltete sich die Umsetzung der Coronamaßnahmen teilweise kompliziert. Die langen Schlangen beim Einlass lösten bei
Besuchern Unmut aus. Infolgedessen haben sich bereits zwei Polizeieinsätze ereignet, die durch verärgerte Gäste beim Eingang verursacht wurden.
„Es ist zu viel“
Je nach Beckengröße können laut Kotinsky außerdem die von der Bundesregierung empfohlenen sechs Quadratmeter Wasserfläche pro Gast nur schwer eingehalten werden. Das große Becken des Kongressbads dürfte den Regeln zufolge beispielsweise 158 Menschen fassen – unter diesen Umständen wird das Zählen der Badenden zum unmöglichen Unterfangen.
Martin Kotinsky erklärt, dass die Beckenaufsicht zwar kontrolliere, man bei ohnehin herabgesetzten Gästezahlen jedoch nur auf die Abstände achten könne. „Man kann den Leuten nur sagen: Es ist zu viel. Zwingen kann man niemanden.“
Bewährt hat sich hingegen die sogenannte Bäderampel, die seit Ende Mai in Betrieb ist. Mit deren Hilfe können die Besucher online (www.wien.gv.at/baederampel)
Echtzeitinformationen über die Auslastung der Bäder abrufen. Insgesamt an vier Tagen stand die Ampel bis jetzt bei allen Bädern auf „Rot“– das bedeutet Extremauslastung in allen Anlagen. Es habe im Juli bereits über 150.000 Zugriffe auf die Website gegeben, so Kotinsky.
Nun hofft man auf ein reibungsloses Ende der Saison, mit der man „in Summe zufrieden ist“. In den ersten elf Tagen des Monats August wurden bereits 235.000 Besucher gezählt. Die Gästezahl verringert sich jedoch – je nach Wetterlage – ab Mitte August.
Gürtel-Pool als Alternative?
Eine weitere Möglichkeit, sich (kostenlos) abzukühlen, ist die Freizeitoase „Gürtelfrische West“, die sich am Kreuzungsplateau zwischen Stollgasse und Felberstraße befindet. Dazu wollte sich Kotinsky nicht äußern. Am Auftaktwochenende hatten über 2000 Menschen das Pop-up-Schwimmbecken besucht. Doch auch hier gilt eine Auflage: Nur sechs Personen gleichzeitig sind im 33 Quadratmeter großen Pool erlaubt.