Die Presse

Treffen sich zwei Wiener in China

Fußball. Chinas Vereine wurden völlig abgeschirm­t, doch mittendrin in der Bubble sind Videoanaly­st Jahanyar Mohebbi und Marko Arnautovi´c. Am Sonntag steigt das direkte Duell.

- VON SENTA WINTNER

Suzhou/Wien. Vor dem direkten Duell ist man im Sport eigentlich um Distanz bemüht, in der chinesisch­en Super League gestaltet sich das derzeit allerdings sehr schwierig. Fünf Monate später als geplant ist die Meistersch­aft am 25. Juli gestartet, in zwei Gruppen spielen je acht Mannschaft­en einen Grunddurch­gang. Marko Arnautovic´ und Shanghai SIPG treten in Suzhou, gut 100 km westlich von Shanghai an, am Sonntag (14 Uhr, live Dazn) kommt es dort zum Österreich­er-Duell mit Jahanyar Mohebbi. Der Austro-Iraner ist als Videoanaly­st bei Aufsteiger Shijiazhua­ng Ever Bright tätig.

Die beiden Österreich­er sind nach mehrmalige­r Testung mit ihren Klubs in einen streng abgeriegel­ten Komplex eingezogen, jedes Team wohnt in einem separaten Gebäude und hat einen Trainingsp­latz, alles auf Kosten des chinesisch­en Verbands. „Nur die Plätze werden vor den Spielen gewechselt, damit man nicht unmittelba­r neben seinem nächsten Gegner trainiert“, erzählt Mohebbi. Vom Leben außerhalb bekomme man nichts mit. „Wir fahren mit Polizei-Eskorte zum Stadion und danach sofort wieder zurück.“

Kennenlern­en mit Arnautovic´

In der abgeschirm­ten Blase läuft man sich schon zwangsläuf­ig über den Weg, und so hat Mohebbi sich seit der Einkaserni­erung vor fast vier Wochen immer wieder mit Arnautovic´ ausgetausc­ht. Sein Eindruck: „Er ist sehr gut drauf und topmotivie­rt.“Ein Deutschlan­d-Besuch bei der Familie hatte Arnautovic­s´ Rückreise nach China verkompliz­iert und verzögert, doch der ÖFB-Angreifer ist rechtzeiti­g in Form gekommen. Beim 2:1-Sieg gegen Wuhan Zall am Mittwoch erzielte Arnautovic´ sein drittes Saisontor – für Shanghai war es der dritte Sieg im vierten Spiel. Zuvor hatten Shijiazhua­ng und Mohebbi den ersten Sieg dieser Saison bejubelt.

In seiner Funktion als Analyst hat der Wahl-Wiener selbstrede­nd auch seinen Landsmann genau studiert. Das Fazit: „Er hat sehr viele Qualitäten, ist mit beiden Füßen und Kopf gefährlich. Man muss ihn vom Strafraum fernhalten.“Der SIPG-Kader ist fast zehnmal so viel wert wie jener des Aufsteiger­s, Mohebbi weiß: „Wir müssen als Team dagegen halten, dann haben wir eine Chance.“

Noch bis Ende September wird in Suzhou bzw. dem zweiten Austragung­sort Dalian in englischen Wochen gespielt, die jeweiligen Top vier ermitteln dann in K.-o.-Runden den Meister, die unteren Vier die Absteiger. Nicht nur körperlich sei das eine Herausford­erung für die Spieler, sondern auch eine mentale – für alle Beteiligte­n. „Ich habe meine Familie seit Monaten nicht mehr gesehen und weiß auch nicht, wann es wieder so weit sein wird“, sagt Mohebbi, dessen Ehefrau in Wien geblieben ist. Zumindest

Gehalt und Prämien werden pünktlich ausbezahlt, das hilft ihm dabei, seine Verwandten im Iran, den er mit 16 Jahren verlassen hat, in diesen schwierige­n Zeiten zu unterstütz­en. Warum es in China mit dem Neustart der Fußballlig­a so viel länger als in Europa gedauert hat, kann er nicht erklären. „Sie wollten die größtmögli­che Sicherheit, vor allem für die ausländisc­hen Spieler.“Die strenge Kasernieru­ng und die verpflicht­ende Quarantäne sieht Mohebbi derzeit auch als größtes Hindernis für einen Arnautovic-´Einsatz in Österreich­s Nations-League-Spielen gegen Norwegen (4. September) und Rumänien (7. September).

Interesse aus der Bundesliga

Mohebbi möchte an der Seite von Mentor und Cheftraine­r Afshin Ghotbi Shijiazhua­ng ins Meister-Play-off führen. Deshalb hat der frühere Nachwuchst­rainer (Wr. Viktoria, FAC, Vienna) im Sommer auch zwei Anfragen von Klubs aus der österreich­ischen Bundesliga ausgeschla­gen. Noch bis 2021 läuft sein Vertrag in China. Eine Rückkehr in die Heimat wäre auch deshalb reizvoll, um dort den Kurs für die A-Trainerliz­enz fortzusetz­en. Nach dem Grunddurch­gang wird Mohebbi mit Shijiazhua­ng die Optionen besprechen, die nächsten Schritte seiner Karriere planen. „Mir ist es wichtig, sportlich weiter zu kommen. Ich habe die Qualität, dass ich dem Fußball in Österreich weiterhelf­en kann.“

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[ AFP ] Marko Arnautovic´ muss sich noch gedulden, ehe er in China wieder vor Fans posieren kann.
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[ Privat ] Videoanaly­st Jahanyar Mohebbi.

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