Medizinforschung mit markierten Aminosäuren
Biochemie. Dem österreichischen Medizinchemiker Markus Muttenthaler wurde der „Proof of Concept“-Grant des ERC verliehen: Seine Forschung zielt auf eine bessere Erklärung der Vorgänge im menschlichen Körper ab.
Aminosäuren sind zentrale Bausteine des Lebens. Der an der Uni Wien am Institut für Biologische Chemie tätige Markus Muttenthaler hat ein neues Verfahren entwickelt, mit dem diese Aminosäuren effizient markiert werden können: durch den Einbau von Isotopen – also Atomen, die zwar die gleiche Kernladungszahl und chemischen Eigenschaften, aber durch eine unterschiedliche Zahl von Neutronen im Kern eine andere Masse besitzen als die „normale“Variante des Elements. Für diese Forschung wurde der Medizinchemiker in der jüngsten Vergabeperiode des Europäischen Forschungsrates ERC mit dem „Proof of Concept“-Grant ausgezeichnet. Die isotopisch markierten Aminosäuren eröffnen neue Wege, um komplexe biologische Vorgänge besser analysieren zu können.
Markus Muttenthaler studierte an der TU Wien Technische Chemie und promovierte an der University of Queensland. Nach mehrjährigen Forschungsaufenthalten in den USA und in Spanien ging er zurück nach Australien, wo er seine erste eigenständige Forschungsgruppe an der University of Queensland aufbaute, die zu den weltweit führenden Forschungsstätten in den Bereichen Life Sciences und chemischer Biologie zählte. 2017 erhielt der Medizinchemiker den mit 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant des ERC, was ihm die Gründung eines neuen Forschungszweiges an der Uni Wien ermöglichte. Mit einer Gruppe von zehn Mitarbeitern an der Uni Wien arbeitet er nun an neuen Ansätzen zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen.
Andere Masse, leicht erkennbar
Mit dem nunmehrigen „Proof of Concept“-Grant, mit dem kommerzielle bzw. gesellschaftliche Projekte der Grundlagenforschung ausgezeichnet werden, sind 150.000 Euro verbunden, die Muttenthaler für die Umsetzung von einer kürzlich von seiner Gruppe entwickelten Technologie verwenden wird. Dabei soll die Struktur von Proteinen (Eiweißen), die aus Aminsäuren bestehen, mithilfe der NMR-Spektroskopie (Kernspinresonanzspektroskopie) oder Massenspektrometrie festgestellt werden. Isotopisch markierte Aminosäuren sind durch ihre verschiedene Masse klar unterscheidbar von den natürlichen Aminosäuren und bringen deshalb einige Vorteile für die Forschung.
Sie erleichtern zum Beispiel die Protein- und Peptidstrukturaufklärung mit NMR. Darüber hinaus haben sie in der Massenspektrometrie eine leicht erkennbare Signatur und ermöglichen den Forschern, die Wechselwirkung von Biomolekülen mit ihren Rezeptoren besser zu verstehen, genauere Ansätze für die Medikamentenentwicklung auszuloten und markierte Therapeutika zu entwickeln.
Da isotopisch markierte Aminosäuren die gleichen chemischen Eigenschaften wie ihre natürlichen Varianten haben und daher auch ohne Bedenken eingenommen werden können, lassen sie sich auch gut im Körper verfolgen.
Die Kommerzialisierung dieser Technologie, wie sie mit der aktuellen ERC-Förderung angestrebt wird, ermöglicht es den Forschern, die markierten Bausteine für ihre eigene Forschung künftig leichter zu nutzen und somit komplizierte biologische Fragestellungen beantworten zu können – Fragen, die ohne diese Technologie nicht zu beantworten sind. Der „Proof of Concept“-Grant eröffnet für Muttenthaler und sein Team den weiteren Weg, die Technologie bis zur Patentreife weiterzuentwickeln.