Ein Becken voll flüssigem Metall für saubere Energie
Metallurgie. Wasserstoff aus Methan herstellen, völlig emissionsfrei, und als Nebenprodukt hochreinen Kohlenstoff gewinnen – dieses Kunststück ist Forschenden der Montanuni Leoben gelungen. Alles, was es dafür braucht, ist ein über 1000 Grad heißes Metall
Wasserstoff ist einer der Hoffnungsträger für eine klimafreundliche, saubere Zukunft. Das kleinste und leichteste Element des Periodensystems ist als H2-Molekül ein hervorragender Energieträger, von allen Brenn- und Treibstoffen hat es die höchste Energiedichte. Bei der Reaktion mit Sauerstoff wird sie frei, übrig bleibt lediglich reines Wasser. Doch abgesehen von der aufwendigen Lagerung (Wasserstoff braucht hohen Druck oder sehr tiefe Temperaturen, um flüssig zu werden) ist vor allem die Herstellung bisher problematisch: Wasserstoff wird entweder durch die Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen, bei der aber pro Tonne H2 rund zehn Tonnen CO2 anfallen – was seine Klimabilanz ruiniert. Oder man stellt ihn durch die Elektrolyse her, bei der durch elektrischen Strom Wasser in seine Elemente gespalten wird – was enorme Mengen an Energie benötigt.
Eine energetisch wesentlich günstigere und obendrein emissionsfreie Alternative hat eine Arbeitsgruppe um Peter Moser an der Montanuniversität Leoben entwickelt: Die Forscher erzeugen Wasserstoff aus Methan, indem sie das Gas in eine spezielle Mischung aus flüssigem Kupfer und Nickel leiten, die zwischen 1000 und 1200 Grad Celsius heiß ist. „Durch dieses Metallbad wird das Methangas unter Luftabschluss von unten durchgeleitet, auf dem Weg nach oben zersetzt es sich in Wasserstoff und Kohlenstoff. Der Wasserstoff blubbert dann oben hinaus, der Kohlenstoff legt sich in Flocken auf die Schmelze“, beschreibt Moser das als Pyrolyse bezeichnete Verfahren.
Metallschmelze beim Endverbraucher
Obwohl bei dem Verfahren hohe Temperaturen benötigt werden, ist der Energieaufwand noch immer vier bis fünf Mal niedriger als bei der Elektrolyse, versichert Moser. Und da im Gegensatz zur Dampfreformierung kein CO2 entsteht, weil der bei der Pyrolyse des Methans frei werdende Kohlenstoff ohne Luft nicht oxidieren kann, ist die Methode prinzipiell auch emissionsfrei – vorausgesetzt, man verwendet für das Aufheizen des Metallbads erneuerbare Energien.
Mit der bestehenden Infrastruktur ließe sich das Verfahren auch vergleichsweise einfach umsetzen, ergänzt der Bergbauingenieur, schließlich gibt es ein europaweites, intaktes Erdgasnetz. „Die Pyrolyseanlagen lassen sich relativ klein dimensionieren, mit einem Becken von ein, zwei Kubikmetern können bereits mittlere Industriebetriebe mit Wasserstoff versorgt werden. Das Erdgas würde also über die bestehenden Leitungen bis zum Endverbraucher transportiert, und vor Ort würde dann der Wasserstoff produziert werden. Man müsste am gesamten Energieversorgungsnetz nicht viel ändern.“
Neben der Wasserstoffproduktion sei der Kohlenstoff, der zunächst nur als Nebenprodukt angefallen sei, immer stärker in den Fokus geraten, so Moser. „Der Kohlenstoff lässt sich auf unterschiedliche Weise verwenden: etwa als nanoporöses Material, mit dem wiederum Wasserstoff gespeichert werden kann, etwa in einem Autotank. Aber auch für andere Hightech-Anwendungen lässt sich der Kohlenstoff nutzen, weil er extrem rein ist. Und durch die Gestaltung des Pyrolyseprozesses können wir seine Eigenschaften steuern.“
So ließe sich der Kohlenstoff auch als Graphen oder Graphit gewinnen – wertvolle industrielle Rohstoffe für den Leichtbau sowie für die Herstellung von Computerchips oder Batterien. Selbst in der Landwirtschaft oder der Bauindustrie sieht Moser Verwendung für den Kohlenstoff: Als poröses Material soll er Wasser und Dünger im Boden halten und so den Pflanzenanbau umweltfreundlicher machen, in Beton verbessert er bauphysikalische Eigenschaften.
Die Industrie zeigt jedenfalls Interesse an der Methode: Unter anderem ist der Stahlkonzern Voestalpine Kooperationspartner des Forschungsprojekts. Bereits nächstes Jahr soll eine Pilotanlage gebaut werden, bis 2030 will Moser dann in industriellem Maßstab Wasserstoff produzieren.
Als Konkurrenz zur Elektrolyse sieht Moser das Verfahren aber nicht – eher als Zwischenlösung, bis Ökostrom in unbegrenzter Menge vorhanden ist. Bis dahin arbeitet seine Gruppe an weiteren Verbesserungen: Mit neuen Metallmischungen soll die Pyrolyse auch bei unter 200 Grad funktionieren.