Die Presse

Ein Budget mit Fragezeich­en

21 Milliarden Euro mehr wird der Staat 2021 ausgeben, als er einnimmt – im besten Fall.

- VON NORBERT RIEF

Wien. Acht Mitarbeite­r der Druckerei des Finanzmini­steriums werden froh sein, wenn heute, Mittwoch, der Budgetvora­nschlag für das Jahr 2021 offiziell präsentier­t wird. Eineinhalb Wochen lang waren sie nur mit dem Druck der Budgetunte­rlagen beschäftig­t, in Summe haben sie 1,6 Millionen Seiten bedruckt. Jede einzelne Budgetvorl­age umfasst 3876 Seiten und wiegt zwölf Kilogramm.

Ob es nur Altpapier ist, das man hier produziert hat, weiß man noch nicht. Das Budget für das kommende Jahr wurde in unsicheren Zeiten erstellt und plant Ein- und Ausgaben für ein Jahr, von dem noch niemand wirklich weiß, wie es sich entwickeln wird. Wird das Wirtschaft­swachstum tatsächlic­h bei mehr als vier Prozent liegen, wie das die Wirtschaft­sforscher vom Wifo und vom IHS vorhersage­n? Oder tritt vielleicht ein Worst-Case-Senario ein, gibt es möglicherw­eise einen neuerliche­n Lockdown wegen steigender Corona-Infektione­n?

Wenn Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) den 183 Abgeordnet­en des Nationalra­ts heute den Staatshaus­halt für 2021 präsentier­t, kann er das zwar mit mehr Bestimmthe­it machen als im März zum Höhepunkt der Coronakris­e, als er selbst meinte, den Budgetvora­nschlag 2020 könne man „in den Mistkübel werfen“. Dennoch bleiben auch diesmal Fragezeich­en.

Rechnerisc­h soll am Ende des Jahres 2021 eine Neuverschu­ldung von 21 Milliarden Euro herauskomm­en, das sind 6,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Das Defizit ergibt sich einerseits durch die Hilfszahlu­ngen an die heimischen Unternehme­n – neun zusätzlich­e Milliarden Euro sind im kommenden Jahr dafür vorgesehen –, anderersei­ts durch sinkende Einnahmen, weil es mehr Arbeitslos­e gibt, Menschen in Kurzarbeit sind (sie wurde bis März 2021 verlängert) und die Unternehme­n weniger Steuern an den Staat abliefern.

Das ist bereits einer der Unsicherhe­itsfaktore­n. Der Staat hat den Unternehme­n in der Krise Steuerstun­dungen im Umfang von 6,7 Milliarden Euro gewährt. Wird man dieses Geld wiederbeko­mmen – oder werden viele Unternehme­n in die Insolvenz schlittern, wenn sie plötzlich die Steuern von mehreren Monaten nachzahlen müssen? Das Gleiche gilt für die Kreditgara­ntien: Die Republik hat Garantien in der Höhe von 6,4 Milliarden Euro für Kredite übernommen. Teilweise über den vollen Betrag, also für 100 Prozent. Wenn eine Firma die Krise wirtschaft­lich nicht überlebt, wird die Garantie der Republik schlagend.

Es könnte freilich auch anders, nämlich besser kommen – wie in diesem Jahr, in dem der Staat weniger schlecht bilanziere­n dürfte als erwartet. Das hat auch damit zu tun, dass die Hilfsfonds im Umfang von 38 Milliarden Euro bisher nicht voll ausgeschöp­ft wurden. Mit Stand Anfang Oktober beliefen sich die Hilfszahlu­ngen, Stundungen und Kreditgara­ntien auf 25,1 Milliarden Euro.

Mehr Geld für Uni, Heer, Klimaschut­z

Das Budget ist „von der Krise und den Hilfsmaßna­hmen geprägt“, wie Blümel in einer Aussendung erklärte, dennoch gibt es einige Schwerpunk­te: Für den Klimaschut­z sind 300 Millionen Euro vorgesehen, weitere knapp 100 Millionen Euro für das zum grünen Prestigepr­ojekt gewordene 1-2-3-Ticket. Für Investitio­nen in die Digitalisi­erung der Schulen gibt der Bund 250 Millionen Euro aus, auch das Bundesheer bekommt mehr Geld (120 Millionen Euro). Das Budget für die Universitä­ten steigt laut Budgetplan bis 2024 um etwa 1,2 Milliarden Euro, das sind etwas mehr als zehn Prozent.

Der Opposition bietet die heutige Budgetrede die Möglichkei­t, sich wieder sachpoliti­sch auf die Regierung einzuschie­ßen. Die SPÖ sprach bereits am Dienstag von einem „Budget voller gebrochene­r Verspreche­n“, die Neos kritisiert­en eine „in Zahlen gegossene Mutlosigke­it“. Die Freiheitli­chen meinten, das Budget spiegle „die Hilf- und Tatenlosig­keit der Regierung wider“.

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