Rechts, rechter, rechtspopulistisch? Die drei Optionen in der FPÖ
Ob Freude oder Frust über die Lage der FPÖ – es wird wohl nicht lang halten. Die Kernthemen bleiben, die Partei auch. Die Frage ist nur: In welcher Form?
Seit der Nationalratswahl 2019 findet bei der FPÖ am Wahlabend etwas höchst Ungewöhnliches statt: Selbstkritik. Im Vorjahr, bei der Wahlparty in der Prateralm, sagten es Funktionäre noch persönlich in die Kamera: „Wir sind schuld.“Jetzt, nach der Wien-Wahl, schreibt es Klubchef Herbert Kickl auf Facebook: „Nicht andere Parteien haben uns diesmal besiegt. Die FPÖ selbst hat dieses Geschäft für unsere Gegner erledigt.“Und man muss hinzufügen (auch diese Worte sind eher ungewöhnlich an dieser Stelle): Kickl hat recht.
Dabei wäre es für die Freiheitlichen so einfach gewesen, gemütlich in die Opferrolle zu schlüpfen und die Schuld bei anderen zu suchen. Bei Ex-Parteichef HeinzChristian Strache, zum Beispiel, der zumindest ein paar Prozentpunkte erhielt. Bei der Pandemie, die der regierenden SPÖ in die Hände spielt. Oder den Türkisen, die im Wahlkampf mehr an die Blauen als an die alten Schwarzen erinnerten.
Aber das Ergebnis war sogar für alle Realisten und Pessimisten in der FPÖ schwer verdaubar: nicht einmal acht Prozent, wahrscheinlich nicht einmal Platz vier. Die Partei, die jahrelang einen schicken Nebenwohnsitz in Weidling finanzieren konnte, befindet sich im Keller.
Ob nun – je nach Standpunkt – Frust oder Freude darüber herrscht: Es wird vermutlich nicht allzu lang halten. Denn die Kernthemen der Partei bleiben bestehen. Der Kampf gegen alles, was als fremd gesehen wird, wird wohl auch in Zukunft im Wahlkampf ziehen. Und die Folgen von Corona auf dem Arbeitsmarkt könnten die Freiheitlichen in Zukunft ebenfalls für sich nutzen. Krisen gibt es genug – auch für die Zeit, in der die FPÖ aus der eigenen Krise findet. Aber davor muss die Partei die für sie wichtigste Frage beantworten: Wie soll es weitergehen?
Es gibt wohl drei naheliegende Optionen. Mit drei naheliegenden Vertretern. Keiner von ihnen stellt allerdings den Führungsanspruch, und das ist ein Grund dafür, dass es nicht (so schnell) eine Obmanndebatte geben wird. Es fehlt eine klare Alternative zu Parteichef Norbert Hofer. Womöglich muss die FPÖ das tun, was sich Parteien so oft vornehmen: zuerst über Inhalte, dann über Köpfe sprechen.
Die erste Variante ist die unwahrscheinlichste, vorgebracht vom langjährigen Spitzenfunktionär Andreas Mölzer: eine Abkehr vom Rechtspopulismus, von der Stimmenmaximierung um jeden Preis – und dafür ein Fokus auf die Kernthemen. Mölzers Vorschlag ist „eine berechenbare Rechtspartei, die zwar nie mehr als 15 Prozent bekommen wird, dafür aber politikfähig ist“, sagt er dem „Kurier“. Eine Honoratiorenpartei nennt er sie. Mit einem Kurs klar rechts der Mitte.
Die zweite Option wirkt vermutlich wahrscheinlicher, als sie tatsächlich ist, zumindest, wenn man sich auf den FPÖEvents umsieht (oder umsah – in einer Zeit, als es noch große Veranstaltungen und kein Rauchverbot gab): Kickls Kurs, haarscharf am rechten Rand. Bei der Basis führt er zu maximaler Zustimmung. Darüber hinaus aber zur maximalen Provokation. Das Schmuddel-Image wird der Ex-Innenminister wohl nicht mehr los. Viele glauben: Das möchte er auch nicht. Aufmerksamkeit ist auf diese Weise sicher. Allerdings auch die ewige Rolle in der Fundamentalopposition.
Und dann gibt es – womit wir bei der dritten Variante wären – in der FPÖ noch die, die regieren wollen. Oder es auch noch immer tun: wie Manfred Haimbuchner, Vize-Landeshauptmann in Oberösterreich. Gemeinsam mit Mario Kunaseks FPÖ Steiermark repräsentiert er die stärkste freiheitliche Landespartei. Und wie Kunasek will er auch (noch?) in seinem Bundesland bleiben. Das Ziel ist eine Partei, mit der die ÖVP regieren will, mit der sich die Wirtschaft nicht geniert. Eine salonfähige rechtere Volkspartei, wobei der Rechtsruck innerhalb der ÖVP schon einkalkuliert ist.
Und Hofer? Er möchte in der Theorie die Themenpalette seiner Partei verbreitern. Mehr Frauen, mehr Akademiker(innen) ansprechen. Er versucht es mit dem Pflegethema, bisher eher erfolglos. Trotzdem ist es der kleinste gemeinsame Nenner einer kleinen Partei. Und solang sich die FPÖ nicht entscheidet, wird er es auch bleiben.
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