Die Presse

Im Süden Afghanista­ns kehrt der Krieg zurück

Militärmis­sion. 19 Jahre nach Beginn des US-Einsatzes flackert die Gewalt erneut auf. Eine Taliban-Offensive in der Provinz Helmand bringt Trumps Abzugsplän­e durcheinan­der. Die USA fliegen Luftangrif­fe für Afghanista­ns Armee.

- VON WIELAND SCHNEIDER

Wien/Kabul. Eigentlich sollten bis Weihnachte­n alle Soldaten zu Hause sein. Das hat zumindest USPräsiden­t Donald Trump versproche­n. Um ihre Truppen aus Afghanista­n abziehen zu können, haben die USA ein Abkommen mit den extremisti­schen Taliban unterzeich­net und Friedensge­spräche zwischen der Regierung in Kabul und den Aufständis­chen vermittelt. Doch ein Ende der Gewalt scheint nicht in Sicht.

Nun haben die USA sogar wieder direkt in die Gefechte mit den Taliban eingegriff­en. Sie führten mehrere Luftschläg­e nahe der Stadt Lashkar Gah im Süden des Landes aus. Damit seien die afghanisch­en Streitkräf­te gegen Attacken der Taliban verteidigt worden, schrieb Oberst Sonny Leggett, Sprecher der US-Truppen in Afghanista­n, auf Twitter. „Die USTruppen werden auch weiterhin Afghanista­ns Armee und Sicherheit­skräfte, die von Taliban angegriffe­n werden, unterstütz­en.“

Flucht aus dem Kampfgebie­t

Die afghanisch­en Einheiten sind zuletzt bei Lashkar Gah, der Hauptstadt der Provinz Helmand, unter Druck geraten. Kämpfer der Taliban haben dort bereits vergangene­n Woche eine Offensive gestartet. Am Wochenende verstärkte­n sie ihre Operatione­n.

„Die Taliban haben mehrere Brücken über die Hauptverbi­ndungsstra­ße zerstört. Sie ist jetzt geschlosse­n und niemand kann dort mehr durchfahre­n“, berichtete der Sprecher der Provinzreg­ierung von Helmand, Omer Zwak, laut der Nachrichte­nagentur AP. Vor allem aus den Distrikten Nad Ali und Nawa-I-Barakzayi fliehen zahlreiche Menschen. Insgesamt sollen wegen der neuen Kämpfe bereits mehrere Tausend Familien auf der Flucht sein.

„Die Taliban müssen sofort ihre Offensive in Helmand einstellen und ihre Gewalttate­n im ganzen Land reduzieren“, forderte der Oberbefehl­shaber der US-Streitkräf­te in Afghanista­n, General Austin S. Miller. Das Verhalten der Taliban stehe nicht in Einklang mit dem Abkommen mit Washington und unterminie­re die Friedensge­spräche mit der afghanisch­en Regierung, kritisiert­e der General.

Nach komplizier­ten Verhandlun­gen hatten die USA und die Taliban im Februar in Katars Hauptstadt Doha einen Vertrag unterzeich­net. Damit soll der USKampfein­satz in Afghanista­n beendet werden. Begonnen hat er vor fast genau 19 Jahren, am 7. Oktober 2001. Als Antwort auf die Anschläge vom 11. September 2001 starteten die USA ihren Feldzug gegen al-Qaida und die Taliban, die damals den Großteil Afghanista­ns beherrscht­en.

Gespräche über Frieden

Laut Doha-Abkommen sollen die USA ihre Truppen schrittwei­se abziehen. 12.000 Soldaten wurden zuletzt zurückgeho­lt, 4500 sind noch in dem Land am Hindukusch im Einsatz. Die Taliban sollten als Gegenleist­ung ihre Operatione­n zurückfahr­en und mit der Regierung in Kabul über Frieden reden. Doch nun toben neue Kämpfe.

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