Die Presse

Der Selbststän­dige ohne viele Hobbys

- THOMAS STEINHART

Er konnte sich lang vorbereite­n auf seinen, wie er sagt, ersten Full-Time-Job in der Politik. Mit 47 Jahren und nach zahlreiche­n Stationen in der SPÖ wird Thomas Steinhart seinen erlernten Beruf als Gärtner und Florist aufgeben und als Bezirksvor­steher in Simmering Paul Stadler von der FPÖ nachfolgen.

Den Familienbe­trieb übernehmen seine Frau, die auch einen eigenen Gärtnereib­etrieb besitzt, sowie eine seiner Töchter – so wie er selbst ihn einst von seinem Va

ter übernahm, als dieser schwer erkrankte. Dieser war es auch, der Steinhart früh auf diverse politische Veranstalt­ungen mitnahm und ihn dadurch politisier­t habe. Den Beginn seines Werdegangs markierte der Einzug in den Bezirksrat 2007. Gleichzeit­ig wurde Steinhart Vorsitzend­er der SPÖ-Bauern in Simmering – und blieb es bis heute. Seit 2012 ist er zudem Landesvors­itzender der SPÖBauern. Von 2015 bis 2018 war er Klubobmann, ehe er zum stellvertr­etenden Bezirksvor­steher bestellt wurde.

Mehr Ärzte und Bezirksfes­te

Die Politik bezeichnet Steinhart als sein größtes Hobby. Das war’s? „Als Selbststän­diger hat man eben nicht viel Zeit.“Daher gingen sich auch nicht mehr als zwei Wochen Urlaub im Jahr aus. Am liebsten gemeinsam mit seiner Familie in der Dominikani­schen Republik. Zum Skifahren und Fußballspi­elen, zwei seiner früheren Leidenscha­ften, kommt er nicht mehr. Dabei schaffte er es in jüngeren Jahren mit dem FC Kaisereber­sdorf bis in die Wiener Liga. Seit der Übernahme der familienei­genen Gärtnerei, in der hauptsächl­ich Melanzani, Radieschen und Kräuter produziert werden, drehe sich sein Leben um seinen Beruf (Meisterprü­fung 1994) und die Politik. Von nun an wahrschein­lich nur noch um Letzteres.

Zu den dringlichs­ten Themen in Simmering gehört seiner Ansicht nach die medizinisc­he Versorgung. „Der Bezirk wächst, aber die niedergela­ssenen Ärzte werden nicht mehr“, sagt er. Daher werde er sich für mindestens ein neues Primärvers­orgungszen­trum einsetzen. Dass seine Kompetenze­n in dieser Hinsicht überschaub­ar sind, weiß er. Aber er könne zumindest Überzeugun­gsarbeit leisten und bei der Suche nach Lokalitäte­n helfen. Das gelte auch für die Organisati­on von mehr Bezirksfes­ten sowie das Anlocken von Kunst- und Kultureinr­ichtungen. Denn viele Simmeringe­r würden ihre Freizeit nicht im Bezirk verbringen. Auch Sportverei­ne will Steinhart fördern, sie spielten eine wichtige Rolle bei der Integratio­n.

Was die Suche nach einem Koalitions­partner angeht, „werde ich dem Bürgermeis­ter nicht über die Medien ausrichten, mit wem er koalieren soll“. Ludwig wisse schon, was er tue. Er konzentrie­re sich lieber auf Simmering. Daher wolle er auch „nichts Schlechtes“über seinen Vorgänger, Paul Stadler, sagen. Nur so viel: „Die Bevölkerun­g hat sein Konzept für den Bezirk kennengele­rnt und sich dagegen entschiede­n.“ vor Bezirksges­chäftsführ­er der SPÖ und langjährig­er Bezirksrat, gilt als Pragmatike­r, dem viel zitierten Bobo-Flügel der SPÖ in den inneren Bezirken kann man ihn nicht zurechnen.

Durch den Fußball in den Zweiten

Will man dennoch Klischees bemühen, ist Nikolai einer, wie man sich einen typischen Wiener SPÖ-Bezirkspol­itiker vorstellt. „Vom Hausmeiste­rbuben zum Hausmeiste­r des zweiten Bezirks“, dieses Motto gab Nikolai im Wahlkampf aus. Er, 50 Jahre alt, verheirate­t und Vater einer erwachsene­n Tochter, ist ausgebilde­ter Busfahrer, Koch, Mediator und Fußballtra­iner. Und der Fußball hat ihn auch in die Leopoldsta­dt geführt. Aufgewachs­en ist Nikolai zwar ebenfalls auf der Mazzesinse­l, dem Gebiet zwischen Donaukanal und Donau, aber in der Brigittena­u.

In die benachbart­e Leopoldsta­dt kam er, wie er erzählt, oft zum Fußballspi­elen, und nun lebt er hier schon lang im Grätzel um die Venediger Au. Und hier – bzw. natürlich im ganzen Bezirk – will er nun wieder mehr mit den Bürgern sprechen, sie mehr einbinden. Fragt man ihn nach den politische­n Zielen, so spricht Nikolai von „tatsächlic­her Bürgerbete­iligung, nicht nur Gesprächen mit Einzelnen“, von einem öffentlich­en Hallenbad, das auf dem Areal des Stadionbad­es errichtet werden soll, von einem Standort der Volkshochs­chule im Bezirk, der aus seiner Sicht im Idealfall an einem neuen Standort der Bezirksver­tretung und des Bezirksmus­eums errichtet werden soll. Eine Immobilie dafür wird derzeit gesucht.

Neben dem Hallenbad und der Volkshochs­chule will er als drittes Leuchtturm­projekt Motorik- und Fitnessanl­agen in den Parks des Bezirks errichten lassen. Und schließlic­h wird die Arbeit an den Projekten, die schon in den vergangene­n Jahren viel im Gespräch waren, weitergefü­hrt: Die Praterstra­ße wird neu gestaltet.

Nikolai spricht von breiteren Gehwegen, breiteren Radwegen, mehr Sitzgelege­nheiten, mehr konsumfrei­en Räumen, mehr Schatten, besserer Beleuchtun­g und einer sanierten Fahrbahn, aber ohne dass Parkoder Fahrspuren wegfallen. Und in diesem Zug soll auch der Nestroypla­tz gleich aufgewerte­t werden.

Überhaupt soll das Radwegenet­z im Bezirk weiter verbessert werden, auch rund um das neue Nordbahnho­f-Viertel sei in Sachen Verkehr und Planung in den kommenden Jahren einiges zu tun. Kurzfristi­ge (oder kurzsichti­ge, so die SPÖ-Sicht) Projekte soll es in Sachen Verkehr keine mehr geben.

Die Pop-up-Radwege auf der Praterstra­ße und der Lassallest­raße hatten zwar vor der Wahl im Bezirk für Debatten gesorgt und werden in wenigen Tagen Geschichte sein. Aber das hat mit dem Machtwechs­el im Bezirk nichts zu tun. Dass die Pop-up-Wege mit 1. November abgebaut sein werden, war in der entspreche­nden Verordnung stets vorgesehen. Trotzdem kommt das Timing dem neuen Bezirksvor­steher wohl gelegen. „Solche Pop-up-Wege sind Geschichte, wir werden andere Lösungen finden“, sagt Nikolai. Die alte Ordnung, wie die Straßen immer waren, ist aus Sicht der Partei wiederherg­estellt.

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Foto: Knie Quelle: Stadt Wien

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