Weil an Wiens Rändern nicht nur Fläche ist
Was heißt da „Flächenbezirk“? Buch, Festival, Volkswohnpalast: Besuch in Floridsdorf.
Von den „Flächenbezirken“war dieser Tage viel die Rede und vom Einfluss, den diese kraft ihrer schieren Größe auf Wiener Wahlen hätten. Womit die Liste jener Vorzüge erschöpft ist, die man im Allgemeinen den Flachlandriesen an den Stadträndern zubilligen mag. Motto: Masse macht Macht.
Anderweitig Sozialisierte soll es ja fallweise tatsächlich noch wundernehmen, dass man in der Pampa der Peripherie aufrecht geht und leidlich mit Essbesteck umzugehen weiß. Für viele womöglich noch überraschender, dass sich dortselbst sogar einiges an Kultur- und Architekturgut erschließen lässt, insbesondere jenen, die offenen Sinns durch Straßen und Gassen zu gehen: auf dass man nicht übersieht, was sich nicht immer auf den allerersten Blick offenbart.
Etwa in der Jedleseer Straße zu Floridsdorf. Wobei ich bekennen muss, selbst in der Vergangenheit mehrfach achtlos den wuchtigen Gemeindebau aus den 1920ern passiert zu haben, der hier seit 1951 unter der Bezeichnung Karl-Seitz-Hof firmiert. Und dass mich erst ein Hinweis in Thomas Hofmanns Band „Es geschah in Transdanubien“(Edition Winkler-Hermaden) veranlasste, die spezifischen Qualitäten dieses Volkswohnpalasts genauer in Augenschein zu nehmen: von den verglasten Stiegenhäusern bis zu den Portalen, die von elegant ornamentierten Fliesen gefasst sind. Nicht zu vergessen der großzügig bemessene Grünraum, dem Hubert Gessners Entwurf ursprünglich den Namen „Gartenstadt Jedlesee“verdankte.
Dazu passt, dass das Internationale Festival für urbane Erkundungen, Urbanize!, dieser Tage ausgetragen, ausgerechnet Floridsdorf zu seinem diesjährigen Zentrum erkoren hat (urbanize.at). Um Fläche allein wird’s den Veranstaltern bei dieser Wahl wohl nicht gegangen sein . . .
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