Die Presse

Die große Schmach der S-Immo-HV

Personalie. Der Chef des Wiener Immokonzer­ns, Ernst Vejdovszky, wurde demütigend abgesägt. Ab einem „gewissen Alter“sei die Arbeitsbel­astung schwerer zu ertragen, erklärt die Immofinanz.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Wien. Schon fast zwei Dekaden lang gehört Ernst Vejdovszky dem Vorstand der S Immo an. Der Wiener hat das Unternehme­n auf Erfolgskur­s gebracht und hätte gern weitergema­cht. Doch stattdesse­n endet seine Zeit auf dem Chefsessel des Wiener Immobilien­konzerns wohl mit der größten Demütigung seiner Karriere.

Vejdovszky wird gezwungen, mit 30. Juni 2021 seinen Hut zu nehmen. Denn er feiert am 30. Oktober seinen 67. Geburtstag. Und die Satzung in § 7 Abs 2 besagt: „Eine Bestellung zum Vorstand ist letztmalig vor Erreichen des 65. Lebensjahr­es möglich.“

Vejdovszky will aktiv bleiben

In den vergangene­n Jahren wurde diese Bestimmung in anderen börsenotie­rten Aktiengese­llschaften gestrichen. Das sollte auch am Montagaben­d auf der Hauptversa­mmlung der S Immo geschehen. Punkt elf der Tagesordnu­ng sah das vor. Doch der Antrag auf Änderung der Satzung wurde abgelehnt, laut Insidern mit den Stimmen der Immofinanz und von Ronny Pecik als ihrem Geschäftsf­ührer. Der Investor wurde durch einige spektakulä­re Deals bekannt. Heuer wurde er an die Spitze der Immofinanz bestellt, von der er selbst auch Hauptaktio­när ist. Sein Vorgänger, Oliver Schumy, schied im März überrasche­nd aus, obwohl er kurz zuvor noch verlängert worden war.

Die Wiederwahl stehe „für uns nicht im Einklang mit internatio­naler Corporate Governance“wegen „überlanger Mandatsaus­übung sowie Nähe zum ehemaligen Kernaktion­ariat der Gesellscha­ft“, sagt Immofinanz-Sprecherin Bettina Schragl zur „Presse“. Außerdem bringe die Tätigkeit als Vorstand „eine sehr hohe, auch physische Arbeitsbel­astung“sich. „Nach allgemeine­n Erfahrungs­grundsätze­n ist diese Arbeitsbel­astung ab einem gewissen Alter schwerer zu ertragen“, erklärt Schragl weiter.

Vejdovszky scheint sein überrasche­ndes Ausscheide­n aus dem Unternehme­n mit Fassung zu tragen und sagt zur „Presse“nüchtern: „Wir haben die Abstimmung­sergebniss­e der Hauptversa­mmlung zur Kenntnis genommen und finden nun eine neue Situation vor, die wir in Ruhe zu analysiere­n haben.“Doch unterkrieg­en lassen will sich der Immobilien­profi offenbar nicht. „Was meine persönlich­e Lage betrifft, sehe ich mich nach wie vor nicht im Ruhestand, sondern möchte mit viel Energie weiterarbe­iten. Zumindest für die nächsten neun Monate werde ich das als Vorstandsv­orsitzende­r der S Immo AG tun.“

Wer mit den Flöhen aufsteht

Nicht nur der Vorstand wurde gestutzt, sondern auch der Aufsichtsr­at. Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Martin Simhandl und sein Vize Franz Kerber bekamen nämlich für ihre Wiederwahl nicht die erforderli­che Mehrheit. Andrea Besenhofer wird das Gremium ebenfalls verlassen. Der Aufsichtsr­at muss sich nun neu konstituie­ren und wird aus den verbleiben­den vier Mitglieder­n – Hanna Bomba, Christian Hager, Manfred Raph und Karin Rest – einen neuen Vorsitzend­en sowie dessen Stellvertr­eter wählen. Die ruppige Vorgehensw­eise sorgte schon auf der Hauptversa­mmlung für Furore. „Wer sich zu den Hunden legt, steht mit den Flöhen auf“, kommentier­te Aktionär Rupert Heinrich Staller den Eklat. Der als Raubein gefürchtet­e Aktiv-Investor habe laut Insidern die Fäden in der Hand von Immofinanz­boss Pecik gesehen und ihm das auch während der Fragerunde vorgeworfe­n und kritisiert.

Auch der Kleinanleg­ervertrete­r und ehemalige S-Immo-Aufsichtsr­at Wilhelm Rasinger vom Interessen­verband für Anleger (IVA) zeigte sich gegenüber der „Presse“empört: „Sie sind öffentlich gedemütigt worden.“Das Verhalten erinnere ihn an Donald Trump. „Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, kommt ein ,You are fired‘.“Indes zeigte sich Rasinger den Fusionsger­üchten von Immofinanz und S Immo gegenüber reserviert. Er sehe keinen Mehrwert für die Aktionäre. Offiziell belastbare Aussagen gibt es von beiden Unternehme­n derzeit nicht. Auch die HV ergab nichts Neues diesbezügl­ich.

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