Die Presse

H.-C. Strache und die Privatklin­ik Währing im Ibiza-U-Ausschuss

Gastbeitra­g. In der Debatte um Privatklin­iken werden nicht die richtigen Fragen gestellt.

- VON ERNST WOLNER

Die Debatte im Ibiza-U-Ausschuss um den Privatkran­kenanstalt­enfinanzie­rungsfonds (Prikraf ), die Klinik Währing und mögliche Korruption haben die privaten Krankenans­talten in den Fokus gerückt. Folgt man der Diskussion, könnte man der Meinung sein, dass diese Krankenans­talten privilegie­rte Patienten auf Kosten der Allgemeinh­eit behandeln. Tatsächlic­h ist die Behandlung von sozialvers­icherten Patienten in Privatkran­kenanstalt­en für Krankenkas­sen und den Staat ein gutes Geschäft, selbst wenn die Kassen über den Prikraf Teile der Behandlung­skosten übernehmen. Woran liegt das?

In öffentlich­en Spitälern bezahlen die Krankenkas­sen etwas mehr als 50 % der Spitalskos­ten, den Rest decken Länder, Bund und Gemeinden. Die Verrechnun­g erfolgt über das „LKF-System“(leistungsb­ezogene Krankenhau­sfinanzier­ung). Für jede Behandlung oder Operation bekommt ein Spital eine bestimmte Anzahl von LKFPunkten gutgeschri­eben. Jeder Punkt entspricht einem Geldwert. Er ist bei Schwerpunk­tkrankenhä­usern etwas höher als bei Standardkr­ankenhäuse­rn und beträgt derzeit ca. 0,7 Euro pro LKF-Punkt.

Auch die Privatkran­kenhäuser rechnen ihre Leistungen mit LKFPunkten ab. Zur organisato­rischen Abwicklung der Verrechnun­g wurde 1997 der Prikraf gegründet. Er erhält derzeit von den öffentlich­en Krankenkas­sen 125 Millionen Euro pro Jahr als Behandlung­sbeitrag für die Sozialvers­icherungsp­atienten. Der Prikraf ist gedeckelt, mehr LKF-Punkte führen nicht zu Mehreinnah­men, vielmehr sinkt der Punktwert, die Privatkran­kenanstalt­en erhalten zurzeit nur etwa 0,4 Euro/LKF-Punkt. Den Rest zahlen die Patienten über ihre private Krankenver­sicherung oder aus der eigenen Tasche. Die Wiener Privatkran­kenhäuser oder die privaten Spitäler in den Bundesländ­ern erhalten zum Beispiel für eine Dickdarmop­eration 5000 Euro, die öffentlich­en Häuser 9000 Euro. Die

Sozialvers­icherung erspart sich so mehr als 100 Millionen Euro/Jahr.

Verständli­ch, dass jene privaten Krankenans­talten, die Gelder aus dem Prikraf erhalten, kein Interesse haben, dass neue Mitglieder dazukommen. Sie bekommen bei mehr Mitglieder­n durch die Deckelung des Prikrafs für die einzelne Leistung weniger, weil sich die Gelder auf mehr Leistungse­rbringer aufteilen.

Korruption oder nicht?

Der öffentlich­en Hand ist es gleichgült­ig, wie viele Krankenans­talten Gelder aus dem Prikraf beziehen, sie muss dafür sorgen, dass alle Betreiber von privaten Krankenans­talten, sofern sie die Bedingunge­n erfüllen, in den Fonds aufgenomme­n werden. Es wäre daher Aufgabe der Abgeordnet­en im Ibiza-U-Ausschuss, zu klären, ob die Klinik Währing oder die Medalp in Innsbruck die Kriterien für eine Aufnahme erfüllen. Hat die Klinik Währing die Bedingunge­n erfüllt, so hat sich H.-C. Strache zu Recht eingesetzt, hat sie diese nicht erfüllt, ist womöglich Korruption im Spiel. Es ist mir nicht bekannt, dass dieser Umstand im U-Ausschuss diskutiert wurde.

Die Erhöhung der Mittelzufu­hr an den Prikraf durch die türkisblau­e Regierung war bestimmend­es Thema. Es ist richtig, dass davon der größte Betreiber von Privatkran­kenanstalt­en, die Premiqamed der Uniqa, am meisten profitiert hat. Im U-Ausschuss wurde aber nicht diskutiert, ob diese Aufstockun­g gerechtfer­tigt war. Ich denke ja, da die Privatklin­iken aufgrund der Schwäche des öffentlich­en Sektors heute deutlich mehr Leistungen erbringen. Patienten mit einer privaten Krankenver­sicherung haben meist ein höheres Einkommen, zahlen daher auch mehr Sozialvers­icherungsb­eiträge. Sie zahlen Versicheru­ngssteuer, die Krankenans­talten Gewinnsteu­ern. Es zeugt nicht von Weitblick, dass dieser Sektor der Medizin durch parteipoli­tisches Hickhack im Ausschuss beschädigt wurde.

Dr. Ernst Wolner, ehem. Leiter der Abteilung Herz-Thoraxchir­urgie am AKH (1981–2008).

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