H.-C. Strache und die Privatklinik Währing im Ibiza-U-Ausschuss
Gastbeitrag. In der Debatte um Privatkliniken werden nicht die richtigen Fragen gestellt.
Die Debatte im Ibiza-U-Ausschuss um den Privatkrankenanstaltenfinanzierungsfonds (Prikraf ), die Klinik Währing und mögliche Korruption haben die privaten Krankenanstalten in den Fokus gerückt. Folgt man der Diskussion, könnte man der Meinung sein, dass diese Krankenanstalten privilegierte Patienten auf Kosten der Allgemeinheit behandeln. Tatsächlich ist die Behandlung von sozialversicherten Patienten in Privatkrankenanstalten für Krankenkassen und den Staat ein gutes Geschäft, selbst wenn die Kassen über den Prikraf Teile der Behandlungskosten übernehmen. Woran liegt das?
In öffentlichen Spitälern bezahlen die Krankenkassen etwas mehr als 50 % der Spitalskosten, den Rest decken Länder, Bund und Gemeinden. Die Verrechnung erfolgt über das „LKF-System“(leistungsbezogene Krankenhausfinanzierung). Für jede Behandlung oder Operation bekommt ein Spital eine bestimmte Anzahl von LKFPunkten gutgeschrieben. Jeder Punkt entspricht einem Geldwert. Er ist bei Schwerpunktkrankenhäusern etwas höher als bei Standardkrankenhäusern und beträgt derzeit ca. 0,7 Euro pro LKF-Punkt.
Auch die Privatkrankenhäuser rechnen ihre Leistungen mit LKFPunkten ab. Zur organisatorischen Abwicklung der Verrechnung wurde 1997 der Prikraf gegründet. Er erhält derzeit von den öffentlichen Krankenkassen 125 Millionen Euro pro Jahr als Behandlungsbeitrag für die Sozialversicherungspatienten. Der Prikraf ist gedeckelt, mehr LKF-Punkte führen nicht zu Mehreinnahmen, vielmehr sinkt der Punktwert, die Privatkrankenanstalten erhalten zurzeit nur etwa 0,4 Euro/LKF-Punkt. Den Rest zahlen die Patienten über ihre private Krankenversicherung oder aus der eigenen Tasche. Die Wiener Privatkrankenhäuser oder die privaten Spitäler in den Bundesländern erhalten zum Beispiel für eine Dickdarmoperation 5000 Euro, die öffentlichen Häuser 9000 Euro. Die
Sozialversicherung erspart sich so mehr als 100 Millionen Euro/Jahr.
Verständlich, dass jene privaten Krankenanstalten, die Gelder aus dem Prikraf erhalten, kein Interesse haben, dass neue Mitglieder dazukommen. Sie bekommen bei mehr Mitgliedern durch die Deckelung des Prikrafs für die einzelne Leistung weniger, weil sich die Gelder auf mehr Leistungserbringer aufteilen.
Korruption oder nicht?
Der öffentlichen Hand ist es gleichgültig, wie viele Krankenanstalten Gelder aus dem Prikraf beziehen, sie muss dafür sorgen, dass alle Betreiber von privaten Krankenanstalten, sofern sie die Bedingungen erfüllen, in den Fonds aufgenommen werden. Es wäre daher Aufgabe der Abgeordneten im Ibiza-U-Ausschuss, zu klären, ob die Klinik Währing oder die Medalp in Innsbruck die Kriterien für eine Aufnahme erfüllen. Hat die Klinik Währing die Bedingungen erfüllt, so hat sich H.-C. Strache zu Recht eingesetzt, hat sie diese nicht erfüllt, ist womöglich Korruption im Spiel. Es ist mir nicht bekannt, dass dieser Umstand im U-Ausschuss diskutiert wurde.
Die Erhöhung der Mittelzufuhr an den Prikraf durch die türkisblaue Regierung war bestimmendes Thema. Es ist richtig, dass davon der größte Betreiber von Privatkrankenanstalten, die Premiqamed der Uniqa, am meisten profitiert hat. Im U-Ausschuss wurde aber nicht diskutiert, ob diese Aufstockung gerechtfertigt war. Ich denke ja, da die Privatkliniken aufgrund der Schwäche des öffentlichen Sektors heute deutlich mehr Leistungen erbringen. Patienten mit einer privaten Krankenversicherung haben meist ein höheres Einkommen, zahlen daher auch mehr Sozialversicherungsbeiträge. Sie zahlen Versicherungssteuer, die Krankenanstalten Gewinnsteuern. Es zeugt nicht von Weitblick, dass dieser Sektor der Medizin durch parteipolitisches Hickhack im Ausschuss beschädigt wurde.
Dr. Ernst Wolner, ehem. Leiter der Abteilung Herz-Thoraxchirurgie am AKH (1981–2008).