In Coronazeiten geht es auch ohne eine neue Tausend-Mark-Sperre
Mit Reisewarnungen und Beherbergungsverboten ist der Pandemie nicht beizukommen. Aber sie eignen sich bestens, um den Fremdenverkehr zu ruinieren.
Dennoch wird fröhlich weiter getestet, und immer höhere „Infektionszahlen“nähren die Furcht vor einer zweiten Welle.
Die Verluste, die der österreichische Fremdenverkehr zwischen 1933 und 1936 aufgrund der deutschen Tausend-Mark-Sperre verkraften musste, waren außerordentlich. In Tirol gingen die Nächtigungen um 58 Prozent zurück, in Salzburg um 38 Prozent. Ab 1. Juli 1933 mussten deutsche Staatsbürger bei der Einreise eine Gebühr von 1000 Reichsmark zahlen. Berlin begründete dies mit „dem absoluten Verbote aller Uniformen, Fahnen und sonstiger Embleme der nationalsozialistischen Bewegung“durch die Regierung Dollfuß. Hitler war nicht der einzige, der versuchte, durch die Beschränkung des Reiseverkehrs politische Zugeständnisse zu erpressen. Im Sommer vorigen Jahres tat dies auch Putin, um Georgien in die Knie zu zwingen. Die Geschichte kennt mehrere ähnliche Beispiele.
Neu ist, dass sich demokratische Staaten, die keine sonderlich bösen Absichten hegen, auf einen regelrechten Wettbewerb einlassen, wie man den Tourismus am wirksamsten schädigt. Millionen kleine, mittlere und große Fremdenverkehrsbetriebe in Europa werden diesen Irrsinn nicht überleben.
Angesichts des steilen Anstiegs der positiv Getesteten bei einer gleichzeitig fast konstant niedrigen Erkrankungsund Hospitalisierungsrate wetteifern Politiker aller Länder, wer die härtesten Maßnahmen durchsetzt. Dabei weiß man, dass ein positiver PCR-Befund bei einer symptomfreien Person keine Infektionsdiagnose darstellt und auch nichts über die Infektiosität der getesteten Person aussagt. Die Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin warnt, dass „das unsystematische, unreflektierte, großflächige Testen sowie das Screenen im Tourismusbereich oder anderen Bereichen des Gesellschaftslebens“kein geeignetes Mittel ist, um die Pandemie einzudämmen. Dennoch wird fröhlich weiter getestet, und immer höhere „Infektionszahlen“nähren die Furcht vor einer zweiten Welle, die wiederum neue Maßnahmen zum vermeintlichen „Schutz der Bevölkerung“nach sich zieht.
In diesem Herbst treten die Regierungen dabei nicht mehr nur einander ans Schienbein, wie noch in diesem Sommer, als sie sich mit wechselnden Reisewarnungen belegten, die schließlich allen Ländern schadeten. Jetzt zeigt Deutschland, dass man den Schaden für den Fremdenverkehr im eigenen Land auch ganz allein maximieren kann und dass sich dafür Beherbergungsverbote bestens eignen. Zwölf der 16 deutschen Bundesländer verlangen neuerdings von Reisenden aus deutschen Risikogebieten einen negativen Covid-Test.
An der Spitze der Covid-Hardliner steht der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder, der unter anderem Verstöße gegen die Maskenpflicht mit 250 Euro, im Wiederholungsfall sogar mit 500 Euro bestrafen möchte. Söder tritt stur für das Beherbergungsverbot ein, hält es aber für angemessen, Reisende aus bayerischen Risikogebieten, zum Beispiel aus Rosenheim, davon auszunehmen – ganz so, als ob ein urbayerischer Covidler weniger infektiös wäre als einer aus dem rot-grün versifften Berlin. Dabei brauchte es Beherbergungsverbote gar nicht. Es reicht die bloße Ausschilderung eines Urlaubsziels als „Risikogebiet“.
Im Covid-Frühjahr erlitten die österreichischen Fremdenverkehrsbetriebe bei den Nächtigungen ein Minus von 70 Prozent. Trotz der Lockerungen betrug der Rückgang im Sommer immer noch 33 Prozent. Eine im Auftrag der Wirtschaftskammer erstellte Prognose der Prodinger-Beratungsgruppe rechnet mit einem weiteren Minus von 45 Prozent im Wintertourismus. Österreich kann es sich nicht leisten, solche Verluste einfach als leider unvermeidliche Kollateraleffekte der Seuche abzubuchen.
Wir werden mit dem Virus noch lang leben müssen. Vorsicht und die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln sind überall geboten, besonders auch im Urlaub. Sinnlose Vorschriften aber erzeugen nur Panik und richten nur noch weiteren Schaden an.
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