Höchststand bei Corona in Österreich
Corona. Bei 1500 Neuinfektionen am Tag kommen die Länder stärker in die Ziehung. Die Ampel-Kommission befand über Rot-Schaltungen.
Die Länder kommen nun stärker in die Ziehung, erste RotSchaltungen für Bezirke.
Wien. Es war ein doch dramatischer Appell des Bundeskanzlers. Mit den Worten: „Es muss allen im Land klar sein: Die Lage ist ernst“, wandte sich Sebastian Kurz in Briefform an die Landeshauptleute. In mehreren Bundesländern hätten die Corona-Infektionszahlen ein „sehr besorgniserregendes Ausmaß“angenommen. Eine Neuinfektionsrate wie in Tschechien, warnte Kurz, führe de facto zum zweiten Lockdown.
Und weiter: „Nun geht es darum, dass die besonders betroffenen Bundesländer gezielt in den Regionen Verschärfungen vornehmen, da ab einem gewissen Zeitpunkt weder schnelle Tests noch gezieltes Contact Tracing für die Behörden in den betroffenen Bundesländern noch möglich sein werden.“Darüber hinaus appellierte er auch an die Bevölkerung, „die Lage ernst zu nehmen“.
Mit über 1500 Fällen war am Donnerstag ein neuer Höchststand an Infektionen erreicht: Stand 9.30 Uhr wurden binnen 24 Stunden 1552 Personen positiv getestet. Auf die Länder teilten sich diese wie folgt auf: Burgenland: 35. Kärnten: 22. Niederösterreich: 242. Oberösterreich: 224. Salzburg: 66. Steiermark: 119. Tirol: 295. Vorarlberg: 69. Wien: 480.
Als Erster unter den Landeshauptleuten verschärfte gestern der Salzburger Landeshauptmann, Wilfried Haslauer (ÖVP), die Maßnahmen für die stark betroffene Gemeinde Kuchl im Bezirk Hallein noch einmal (s. u.).
Haslauer als „Vorbild“
Am Donnerstagabend tagte zudem die Corona-Ampel-Kommission. Neun Bezirke, so hörte man vorab, seien Kandidaten für Rot: Rohrbach, Wels, Hallein, St. Johann im Pongau, St. Pölten, Innsbruck Stadt und Land, Imst und Schwarz. Inhaltlich wurde in der Sitzung über Ausbrüche in Altenund Pflegeheimen diskutiert. Darüber zeigte sich Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im Vorfeld besorgt. Manche wollten auch Grundsätzliches besprechen, nämlich: Was, wenn im Winter die Zahlen höher steigen? Kann es nach Rot eine weitere Eskalationsstufe geben? Die Sitzung endete erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe.
Das Ziel der Regierung – und der Ampel – ist ja bekanntlich, dass vor allem regionale Maßnahmen gesetzt werden. Bevor als Ultima Ratio ein zweiter Lockdown droht, sollen auf Landesebene und Bezirksebene alle Optionen ausgeschöpft werden. Daher beknien Vertreter der Bundesregierung seit Tagen die Landeshauptleute, um diese zu schärferen Maßnahmen zu bewegen. Man hofft, dass das Agieren von Haslauer einen Dominoeffekt auslöst – und weitere Bundesländer folgen. Türkise wie Grüne nennen Haslausler dezidiert ein „Vorbild“.
Allerdings weiß man auch, dass der Westen wirtschaftlich andere Prioritäten hat (der nahende Wintertourismus) als der Osten. In Wien (das auf Orange
bleibt) sind keine neuen Maßnahmen geplant. Derzeit würden die Zahlen dank der letzten Verschärfungen leicht sinken, heißt es. Der Ernst der Lage sei allen klar, so Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Faktum sei aber, „dass in einer solchen Situation nicht nur die Länder gefordert sind“.
Verbot für Plastikvisiere?
Hacker fordert also implizit bundesweite Maßnahmen. Tatsächlich werden diese auch angedacht. Ob und welche bundesweiten Regeln am Freitag verkündet werden, hängt, so hört man aus Regierungskreisen, aber davon ab, inwieweit die Länder jetzt tätig werden. Angedeutet wird, dass etwa der Begriff der Maske bzw. des Mund-Nasen-Schutzes so konkretisiert werden könnte, dass er die umstrittenen Plastikvisiere ausschließt. Auch die Zahl der Teilnehmer von Veranstaltungen könnte reduziert werden.
Zur Stimmung in der Regierung ist im Hintergrund zu hören: Die ÖVP, allen voran das Kanzleramt, dränge. Die Grünen, allen voran der Gesundheitsminister, heißt es, würden bremsen. In grünen Kreisen ist die Sicht eine andere. Dort heißt es: Die Grünen präferierten schon länger regionale Maßnahmen, während die ÖVP lange Ampel-kritisch gewesen sei und lieber bundesweit agiert hätte. Der Appell des Kanzlers zeige nun, dass die ÖVP auf die Linie der Grünen eingeschwungen sei.