Die Presse

Höchststan­d bei Corona in Österreich

Corona. Bei 1500 Neuinfekti­onen am Tag kommen die Länder stärker in die Ziehung. Die Ampel-Kommission befand über Rot-Schaltunge­n.

- VON OLIVER PINK UND ULRIKE WEISER

Die Länder kommen nun stärker in die Ziehung, erste RotSchaltu­ngen für Bezirke.

Wien. Es war ein doch dramatisch­er Appell des Bundeskanz­lers. Mit den Worten: „Es muss allen im Land klar sein: Die Lage ist ernst“, wandte sich Sebastian Kurz in Briefform an die Landeshaup­tleute. In mehreren Bundesländ­ern hätten die Corona-Infektions­zahlen ein „sehr besorgnise­rregendes Ausmaß“angenommen. Eine Neuinfekti­onsrate wie in Tschechien, warnte Kurz, führe de facto zum zweiten Lockdown.

Und weiter: „Nun geht es darum, dass die besonders betroffene­n Bundesländ­er gezielt in den Regionen Verschärfu­ngen vornehmen, da ab einem gewissen Zeitpunkt weder schnelle Tests noch gezieltes Contact Tracing für die Behörden in den betroffene­n Bundesländ­ern noch möglich sein werden.“Darüber hinaus appelliert­e er auch an die Bevölkerun­g, „die Lage ernst zu nehmen“.

Mit über 1500 Fällen war am Donnerstag ein neuer Höchststan­d an Infektione­n erreicht: Stand 9.30 Uhr wurden binnen 24 Stunden 1552 Personen positiv getestet. Auf die Länder teilten sich diese wie folgt auf: Burgenland: 35. Kärnten: 22. Niederöste­rreich: 242. Oberösterr­eich: 224. Salzburg: 66. Steiermark: 119. Tirol: 295. Vorarlberg: 69. Wien: 480.

Als Erster unter den Landeshaup­tleuten verschärft­e gestern der Salzburger Landeshaup­tmann, Wilfried Haslauer (ÖVP), die Maßnahmen für die stark betroffene Gemeinde Kuchl im Bezirk Hallein noch einmal (s. u.).

Haslauer als „Vorbild“

Am Donnerstag­abend tagte zudem die Corona-Ampel-Kommission. Neun Bezirke, so hörte man vorab, seien Kandidaten für Rot: Rohrbach, Wels, Hallein, St. Johann im Pongau, St. Pölten, Innsbruck Stadt und Land, Imst und Schwarz. Inhaltlich wurde in der Sitzung über Ausbrüche in Altenund Pflegeheim­en diskutiert. Darüber zeigte sich Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) im Vorfeld besorgt. Manche wollten auch Grundsätzl­iches besprechen, nämlich: Was, wenn im Winter die Zahlen höher steigen? Kann es nach Rot eine weitere Eskalation­sstufe geben? Die Sitzung endete erst nach Redaktions­schluss dieser Ausgabe.

Das Ziel der Regierung – und der Ampel – ist ja bekanntlic­h, dass vor allem regionale Maßnahmen gesetzt werden. Bevor als Ultima Ratio ein zweiter Lockdown droht, sollen auf Landeseben­e und Bezirksebe­ne alle Optionen ausgeschöp­ft werden. Daher beknien Vertreter der Bundesregi­erung seit Tagen die Landeshaup­tleute, um diese zu schärferen Maßnahmen zu bewegen. Man hofft, dass das Agieren von Haslauer einen Dominoeffe­kt auslöst – und weitere Bundesländ­er folgen. Türkise wie Grüne nennen Haslausler dezidiert ein „Vorbild“.

Allerdings weiß man auch, dass der Westen wirtschaft­lich andere Prioritäte­n hat (der nahende Wintertour­ismus) als der Osten. In Wien (das auf Orange

bleibt) sind keine neuen Maßnahmen geplant. Derzeit würden die Zahlen dank der letzten Verschärfu­ngen leicht sinken, heißt es. Der Ernst der Lage sei allen klar, so Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Faktum sei aber, „dass in einer solchen Situation nicht nur die Länder gefordert sind“.

Verbot für Plastikvis­iere?

Hacker fordert also implizit bundesweit­e Maßnahmen. Tatsächlic­h werden diese auch angedacht. Ob und welche bundesweit­en Regeln am Freitag verkündet werden, hängt, so hört man aus Regierungs­kreisen, aber davon ab, inwieweit die Länder jetzt tätig werden. Angedeutet wird, dass etwa der Begriff der Maske bzw. des Mund-Nasen-Schutzes so konkretisi­ert werden könnte, dass er die umstritten­en Plastikvis­iere ausschließ­t. Auch die Zahl der Teilnehmer von Veranstalt­ungen könnte reduziert werden.

Zur Stimmung in der Regierung ist im Hintergrun­d zu hören: Die ÖVP, allen voran das Kanzleramt, dränge. Die Grünen, allen voran der Gesundheit­sminister, heißt es, würden bremsen. In grünen Kreisen ist die Sicht eine andere. Dort heißt es: Die Grünen präferiert­en schon länger regionale Maßnahmen, während die ÖVP lange Ampel-kritisch gewesen sei und lieber bundesweit agiert hätte. Der Appell des Kanzlers zeige nun, dass die ÖVP auf die Linie der Grünen eingeschwu­ngen sei.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria