Aus Bier wurde Ernst: Marco Pogo sucht Mitarbeiter
Das Unternehmen Bierpartei bestreitet der Spitzenkandidat bisher allein. In Zukunft wird er aber Unterstützung brauchen.
Make Wien dicht again“, lautete einer seiner Slogans, ein Bierbrunnen sowie ein „bedingungsloses Grundfassl“zählten zu seinen politischen Forderungen, eine Bierrallye durch alle 23 Bezirke und ein Bierwandertag entlang seiner 13 Plakatständer auf der Mariahilfer Straße zählten zu den beliebtesten Wahlkampfveranstaltungen: Dominik Wlazny alias Marco Pogo versuchte die Wiener Wählerschaft in den vergangenen Wochen teils satirisch, in kulturpolitischen Fragen durchaus ernsthaft, von sich und seiner Bierpartei zu überzeugen.
Das konnte er vor allem im Internet: Trotz Zehntausender Euro an
Ausgaben für Onlinewerbung hängte Pogo die etablierten Parteien in den Rankings der Social-Media-Interaktionen deutlich ab. Das allein hätte ihm schon genügend Aufmerksamkeit für die Vermarktung seiner Band Turbobier und des gleichnamigen Getränks gebracht. Damit begnügen wollte sich der studierte Mediziner aber nicht. Der Einzug in den Wiener Gemeinderat, lautete sein Ziel. Seine vorrangige Motivation: „Für die b’soffenen G’schichten muss ein Profi ran“, wie er in der „Presse“sagte. Und: „Ich hoffe inständig für meine Stadt, dass nach der Wahl Bier im Wiener Gemeinderat sitzt. Und nicht THC.“
Wie wir seit Mittwoch wissen, sitzen nun beide nicht am Rathausplatz. 1,8 Prozent erreichte die Bierpartei, THC 3,3. Den Einzug verpassten beide, wie auch Links (2,0) und SÖZ (1,2).
Worüber sich Pogo – im Unterschied zu Heinz-Christian Strache, der nun ankündigte, als Magazinherausgeber in die Medienbranche einzusteigen – allerdings nun euphorisch freut, ist der für viele wohl überraschende Umstand, dass es die Bierpartei in elf Bezirken auf je ein Mandat gebracht hat. Damit hat es bei Pogos erstem Antritt noch nicht für das von ihm erträumte „Rauschen über den Rathausplatz“gereicht, für jenes am Hauptplatz von Simmering aber schon: In seinem Heimatbezirk wird er nun Bezirksrat.
Für die restlichen zehn Bezirksparlamente muss Pogo nun aber Kandidaten suchen, da sich nur fünf Männer auf der Bierpartei-Liste finden. „Aberhunderte Bewerbungen“erreichten ihn derzeit, sagt Pogo enthusiastisch. Darunter auch von Prominenten, die er aber nicht verraten möchte (Paul
Pizzera ist jedenfalls nicht dabei). „Prominenz ist kein Kriterium“, sagt Pogo. Sondern? „Menschen, die meine Werte teilen.“Welche denn? „Weltoffene Anschauung, ehrlicher Charakter, gegen Ausgrenzung jeglicher Art. Kurzum: Leiwande Typinnen und Typen.“Einer der „Typen“könnte Niko Alm heißen. Der Wiener hat reichlich politische (für die Neos saß er bis 2017 im Nationalrat) wie mediale Erfahrung (bis vor Kurzem leitete er die Rechercheplattform Addendum) und zeigte sich bereits im Wahlkampf im Umfeld der Bierpartei. Diese Ressource sollte Pogo nutzen: Denn will dieser seinen Wahl-Gag in ein politisches Projekt verwandeln, braucht er dringend politische Expertise. Sonst bleibt am Ende doch nur Spaß übrig, ganz ohne Ernst.
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