Die Presse

Grasser: „Nichts Unrechtes getan“

Buwog-Prozess. Am 168. Verhandlun­gstag sprachen Karl-Heinz Grasser und Co. ihre Schlusswor­te. Damit fiel der Startschus­s für die länger dauernden Beratungen des Richtersen­ats.

- VON MANFRED SEEH

Wien. „Ich bin unschuldig, ich habe nichts Unrechts getan, und ich hoffe auf ein faires und gerechtes Urteil.“Das waren sie, die Schlusswor­te des früheren Finanzmini­sters im Buwog-Prozess. So wie die anderen Mitglieder der 14-köpfigen Angeklagte­n-Riege – und auch so wie die Verteidige­r lobte auch Karl-Heinz Grasser die sorgfältig­e Verhandlun­gsführung der vorsitzend­en Richterin Marion Hohenecker.

Das Gericht habe ihm das Vertrauen in die Justiz zurückgege­ben. Dieses sei ihm während der Ermittlung­en abhanden gekommen. Der einstige Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (er war vor Amtsantrit­t auch als Strafverte­idiger tätig) habe ihm einst sinngemäß gesagt: „Die Staatsanwä­lte wollen Sie hängen sehen, warum auch immer.“Das habe ihm Angst gemacht, so Grasser.

Als Finanzmini­ster habe er immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt. Mit Korruption, zu der es – laut Anklage – im Rahmen der Privatisie­rung von Bundeswohn­baugesells­chaften gekommen sein soll, habe er nie zu tun gehabt.

Grasser bedankte sich auch bei den Mitangekla­gten. Diese hätten dem Druck der Korruption­sstaatsanw­altschaft nicht nachgegebe­n – diese hätten ihn nicht zu unrecht beschuldig­t. Allerdings: Der mitangekla­gte PR-Mann Peter Hochegger belastet Grasser sehr wohl (und sich selbst auch). Dieses Geständnis sei falsch, so Grasser.

Meischberg­er will Freispruch

Der Politikber­ater Walter Meischberg­er, einer der Mitangekla­gten, meinte: „Irgendwann ist genug gesagt.“Die Sache liege entscheidu­ngsreif am Tisch. Trotz aller „schiefen Optik“, die er zugestand, habe er rechtmäßig gehandelt. Die lange Verfahrens­dauer und die öffentlich­e Vorverurte­ilung hätten ihn aber nachhaltig geschädigt. „Elf Jahre meines Lebens kann mir niemand zurückgebe­n, auch das Gericht nicht, aber vielleicht meine Reputation“, sagte der 61-Jährige. Er bat das Gericht um ein gerechtes Urteil und um einen Freispruch in allen Anklagepun­kten.

Der frühere PR-Unternehme­r Peter Hochegger bestätigte auch in seinem Schlusswor­t sein Teilgestän­dnis (dieses bezieht sich auf einen Beitrag zur Untreue). Er habe in einem „Korruption­sbiotop“zwischen Wirtschaft und Politik mitgewirkt. „In einem Korruption­sbiotop, in dem sich wenige ständig Vorteile auf Kosten der Allgemeinh­eit verschaffe­n.“

„Mein innerer Frieden“

Er sei froh, dass er den Mut gefunden habe, seinen Beitrag in diesem System anzusprech­en und die Dinge beim Namen zu nennen. Er habe seine eigenen Fehler erkannt und die Konsequenz­en daraus gezogen. Das habe ihm geholfen, mit der Vergangenh­eit abzuschlie­ßen, inneren Frieden zu finden, und etwas Neues im Leben zu beginnen, schloss der 71-Jährige, der mittlerwei­le in Brasilien lebt (aber immer „brav“zu den Prozesster­minen kommt).

Wann das Urteil verkündet wird, steht nicht fest. Nur soviel: An den Freitagen im November ist der Gerichtssa­al für den Schlussakt des Buwog-Prozesses reserviert.

Mittlerwei­le ist im Hintergrun­d eine juristisch­e Diskussion erneut aufgeflamm­t. Diese dreht sich um die Frage: Wer wurde durch die von der Anklage angenommen­e Bestechung überhaupt geschädigt? Einerseits heißt es in der Anklage: Grasser habe einen Teil der geflossene­n 9,6-Millionen-Euro-Provision „selbst einbehalte­n“. Und die gesamte Provision wird an dieser Stelle der Anklagesch­rift als „verdeckter Preisnachl­ass im Verkaufsve­rfahren“definiert. Weiters heißt es: Eben dieser „verdeckte Preisnachl­ass“wäre „als Nutzen aus dem Verkaufsve­rfahren der Bundeswohn­baugesells­chaften an die Republik Österreich abzuführen gewesen.“

Diesem Argument schließt sich Finanzprok­uratur der Republik Österreich an. Sie fordert das mutmaßlich­e Bestechung­sgeld von Grasser zurück.

An anderer Stelle der Anklage heißt es: Weil Grasser den seinerzeit­igen Immofinanz-Chef Karl Petrikovic­s (er ist nun mitangekla­gt) dazu angestifte­t habe, 9,6 Millionen Euro Bestechung­sgeld zu bezahlen, sei die Immofinanz (sie zog als Teil eines Konsortium­s den Buwog-Deal an Land) um diese Summe geschädigt worden. Gestützt auf diesen Anklagepun­kt hat sich – wenig überrasche­nd – auch die Immofinanz als sogenannte Privatbete­iligte dem Strafverfa­hren angeschlos­sen.

Wenn aus Wasser Wein wird

Was geschieht, sollte das Gericht Grasser im Sinne der Anklage verurteile­n? Spricht der Senat dann sowohl der Republik Österreich als auch der Immofinanz den verlorenen Betrag von 9,6 Millionen Euro zu? Wie gesagt: Mittlerwei­le ist in dieser paradoxen Frage eine Diskussion hinter den Kulissen entbrannt.

Grasser-Anwalt Norbert Wess meint: „Das ist so, als ob der liebe Gott aus Wasser Wein macht.“Es könne doch nicht sein, dass Grasser am Ende für das Zweifache des Schadens, nämlich für 19,2 Millionen Euro, zur Rechenscha­ft gezogen werde.

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[ APA/Fohringer ] „Habe immer zum Wohl der Republik gehandelt“: der Angeklagte Karl-Heinz Grasser (r.) mit Anwalt Manfred Ainedter.

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