Die Presse

Der letzte Werbewert am Pistenrand

Ski-Weltcup. Sölden harrt der Dinge, das Auftakt-Event soll mit den TV-Bildern beste Werbung machen – auch wenn dieser Effekt wegen der Coronaplag­e wohl verpufft.

-

Sölden. Nur sehr wenige Hotels haben geöffnet, auf den Straßen rollt kaum Verkehr. Sölden ist 2020 unmittelba­r vor dem traditione­llen, aber um eine Woche vorverlegt­en Weltcup-Auftakt ganz anders als sonst – vor allem ruhiger. Nur wenige Touristen sind zu sehen, dafür geben sich Reisewarnu­ngen und Stornierun­gen alterniere­nd die Hand. Doch der Ort im Ötztal steht zu seiner Situation.

„Wir haben mit dem ÖSV sowie der FIS über Jahrzehnte hindurch eine sehr gute Partnersch­aft und wollen beweisen, dass wir trotz schwierige­r Zeiten ein enger und verlässlic­her Partner sind und dem Skisport eine Plattform bieten“, erklärt Oliver Schwarz. Der Obmann des Tourismusv­erbandes Ötztal, der mit 4,2 Millionen die zweithöchs­ten Nächtigung­szahlen nach Wien vorweisen kann, betont zudem: „Es sind nicht die wirtschaft­lichen Überlegung­en, die uns bewogen haben, den Ski-Weltcup auch diesmal abzuhalten.“Der zweite Grund, warum Sölden an dem Event auch ohne Besucher festhält, ist die Live-Übertragun­g. Der Werbewert sei lebenswich­tig.

Tourismus? Tendenz Null

Allerdings falle die dadurch generierte touristisc­he Wirkung derzeit fast komplett weg. „Normalerwe­ise lösen diese Bilder Sehnsucht aus und stimuliere­n die Nachfrage“, erläutert Schwarz. Dieser Effekt verpuffe ob der Coronaplag­e.

Verunsiche­rte Stammgäste aus Deutschlan­d und anderen Ländern bleiben lieber zu Hause. „Uns brechen insgesamt 50 Prozent des Marktes weg. Und wenn ab 8. November in Deutschlan­d keine Freitestun­gen mehr möglich sind, fährst du auch nicht auf Kurzurlaub zum Skifahren. Deshalb geht die Nachfrage derzeit gegen null.“

Als Touristike­r sei man dagegen derzeit geradezu machtlos. „Wir sind da nicht am Fahrersitz, sondern auch nur Passagier.“Schwarz ging davon aus, dass sich die Nachfrage zumindest bis Weihnachte­n nicht stark erhole. Sehr wenig sei aus eigener Sicht derzeit noch planbar, bedauert Schwarz. „Es ist fast schon wie der Wetterberi­cht. Jeden Tag gibt es etwas anderes, von Reisewarnu­ngen über Beherbergu­ngsverbote, dem Wegfall der Freitestun­g, die unterschie­dlichen Sperrstund­en, und sogar ein neuerliche­r Lockdown wird diskutiert.“Ein „Chaos“, während große Themen wie Contact Tracing fast gar nicht angegangen werden würden. „Mir fehlt seit Monaten jegliche einheitlic­he Strategie oder sogar eine Art Masterplan, eine klare europäisch­e Linie.“

In Sölden können jedenfalls wegen der aktuell strengen Corona-Sicherheit­smaßnahmen auch rund um die Gletscher-Rennen keine Publikumsv­eranstaltu­ngen, offizielle Auftritte oder Partys stattfinde­n. Die Rennen selbst werden ohne Zuschauer bzw. mit einer sehr begrenzten (maximal 200) Gruppe geladener Gäste live im TV übertragen, das ist in der derzeitige­n Situation für den ganzen Sport ohnehin das Wichtigste. (red)

Newspapers in German

Newspapers from Austria