Die Presse

Die Öbag will sich aus der Schusslini­e nehmen

Personalie. Die Staatshold­ing stockt ihr Management auf. Mit dabei: die renommiert­e Beraterin Christine Catasta. Eine Frau, die in der ÖVP gut angeschrie­ben ist – und mit der die Partei viel vorhatte.

- VON HANNA KORDIK

Für die werten Leser der Kordikonom­y ist es keine große Überraschu­ng: Schon Anfang Juli war an dieser Stelle von einer bevorstehe­nden personelle­n Aufstockun­g bei der Staatshold­ing Öbag berichtet worden. Thomas Schmid steht ja recht allein an der Spitze der Holding, die Staatsbete­iligungen an OMV, Post, Telekom und Casinos Austria verwaltet. Und das ist der politische­n Opposition schon einmal grundsätzl­ich nicht recht. Dazu kommt aber auch noch, dass Schmid in der Causa Glücksspie­l als Beschuldig­ter geführt wird. Unschuldsv­ermutung hin oder her: Er hat ziemlich viel am Hals. Jetzt werden also die Management­kapazitäte­n in der Öbag ausgeweite­t. Und da kommt es nun doch zu einer ordentlich­en Überraschu­ng.

Am Mittwoch hat nämlich Christine Catasta ihren neuen Vertrag mit der Öbag unterschri­eben. Das kann getrost als Paukenschl­ag bezeichnet werden, denn Catasta ist in Wirtschaft­skreisen beileibe keine Unbekannte: Sie hat 38 Jahre lang beim Beraterunt­ernehmen PwC gearbeitet, die letzten beiden Jahre sogar als CEO. In den vergangene­n Monaten hatte sie dort nur mehr einen Werkvertra­g – denn Catasta ist heuer 62 Jahre alt geworden, und bei der Altersgren­ze ist PwC streng. Egal: Jetzt hat sie dem Unternehme­n den Rücken gekehrt. Seit Anfang Oktober ist sie Mitglied im Aufsichtsr­at der Erste Bank, und in der Öbag wird sie als Direktorin das Beteiligun­gsmanageme­nt verantwort­en. In der Hierarchie gleich unter Thomas Schmid.

Das natürlich ist alles andere als ein Zufall. Catasta ist in der ÖVP sehr gut angeschrie­ben. Sie selbst betont im Gespräch mit der „Presse“: „Ich gehöre keiner politische­n Partei an und habe mich parteipoli­tisch auch nie engagiert. Aber ich habe einen konservati­ven Background.“

Parteimitg­lied oder nicht – Kanzler Sebastian Kurz hält viel von der renommiert­en Beraterin. Und das kam so: 2017 startete der damals frisch gebackene ÖVP-Chef öffentlich­keitswirks­am mit seinen „Österreich Gesprächen“. Es ging darum, möglichst viele Experten zum Gedankenau­stausch zu gewinnen, um zu eruieren, wo wirtschaft­lich der Schuh drückt. Catasta hatte sich damals schon auf ihre bevorstehe­nde Zeit als PwC-CEO vorbereite­t und meldete sich als Expertin an. „Ich wollte PwC ein Gesicht geben und mich stärker in wirtschaft­spolitisch­e Debatten einbringen“, erzählt sie.

Das Konzept ist gut aufgegange­n. Was die wenigsten wissen: Ende 2017, kurz vor der Angelobung der türkis-blauen Regierung, ließ Kurz bei Catasta nachfragen, ob sie Finanzmini­sterin werden möchte. Casinos-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner hatte nämlich gerade abgesagt. Catasta: „Ich hatte einen Tag Bedenkzeit.“Sie hat sich angesichts ihres bevorstehe­nden Karrieresp­rungs bei PwC dagegen entschiede­n. Das Amt übernahm dann Hartwig Löger.

Es war nicht der einzige Korb, den die ÖVP von Catasta erhalten sollte. Ende 2018 wurde sie gefragt, ob sie den Aufsichtsr­at der Staatshold­ing Öbag präsidiere­n wolle. Sie wollte. Aber sie konnte nicht: PwC sah Unvereinba­rkeiten, weil das Beratungsu­nternehmen etliche Großkonzer­ne – auch einige der Öbag – betreut. Catasta musste also wieder absagen. Statt ihr wurde Helmut Kern Öbag-Präsident.

Egal – die Öbag ist ohnehin drangeblie­ben. Im Juli kam Catasta in den Aufsichtsr­at des Stromkonze­rns Verbund, und bei den Verhandlun­gen über die Staatshilf­en für die AUA gab es auch regen Kontakt: Catasta stand damals der Fluglinie beratend zur Seite. Und ihr jetziger Öbag-Job ist mit Sicherheit deutlich attraktive­r als jener der Aufsichtsr­atspräside­ntin: Catasta wird in diversen Aufsichtsr­äten der Öbag-Unternehme­n sitzen (in den Casinos etwa ist mit dem Abgang von Walter Rothenstei­ner ein Platz frei geworden, Präsident soll aber nach wie vor Wolfgang Hesoun werden). „Ich kann jetzt mehr mitgestalt­en“, sagt sie über ihren neuen Job. Und: „Ich hoffe, dass das politische Hickhack jetzt aufhört. Es muss darum gehen, Mehrwert zu schaffen.“

Mit ihr kommt ein zweiter Direktor in die Öbag. Das ist Maximilian Schnödl. Er leitete in den vergangene­n Jahren mehrere führende Technologi­eunternehm­en und gilt als Digitalisi­erungsexpe­rte. Und: Er ist ein enger Vertrauter von Thomas Schmid. Manche meinen sogar, Schnödl könnte künftig auch eine Vorstandsf­unktion in einem Öbag-Unternehme­n übernehmen. Etwa als Nachfolger von Post-Chef Georg Pölzl.

Aber wird die personelle Aufstockun­g in der Öbag Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen? Man wird sehen. Erstaunlic­herweise bricht nun just ein jahrelange­r Kritiker der Staatshold­ing im Gespräch mit der „Presse“eine Lanze für die Öbag: Claus Raidl, einst selbst ÖIAGVorsta­nd und zuletzt Präsident der Nationalba­nk. Raidl: „Auch mit seiner Personalpo­litik – etwa das Engagement von Christine Catasta – hat Thomas Schmid die Staatshold­ing als Institutio­n reetablier­t und gefestigt.“Und siehe da: Raidl, der sich in den vergangene­n Jahren massiv für Privatisie­rungen starkgemac­ht hat, betont nun die Wichtigkei­t eines staatliche­n Kernaktion­ärs für Schlüsseli­ndustrien: „Industriep­olitik ist ein nationaler Faktor“, sagt er, „gerade in Krisenzeit­en können österreich­ische Leitbetrie­be zum Spielball werden.“Die Kritik und Rücktritts­aufforderu­ngen an die Adresse von Thomas Schmid will Raidl nicht verstehen: „Das sind parteipoli­tische Angriffe, die in erster Linie Sebastian Kurz treffen sollen.“

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[ Akos Burg ] Die neue Öbag-Direktorin Christine Catasta: „Ich hoffe, dass das politische Hickhack aufhört.“
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