Die Presse

Einsatz in Sachen „zu ebener Erd“

Unterwegs ... mit der Erdgeschoß-, Quartiers- und Standortma­nagerin des neuen Wiener Nordbahnvi­ertels. Von der Arbeit zwischen Büro, Baustelle und Kreativrau­m.

- VON DANIELA MATHIS

Ein Italiener fehlt uns noch, Buch und Papier, ein Drogeriema­rkt“, zählt Monika Hochecker die Pläne für das Viertel auf. „Und ein richtiges Wiener Gasthaus natürlich.“

Seit zwei Jahren ist Hochecker Geschäftsf­ührerin der Nordbahnvi­ertel Service GmbH, die sich seit 2018 um eine für das neue Viertel passende Besiedelun­g der Erdgeschoß­zonen kümmert. Auf eigenes Risiko des Unternehme­ns. „Wir übernehmen die Flächen von den Bauträgern und vergeben sie weiter.“Das ist in Wien einzigarti­g, könnte aber durchaus Schule machen. „Wir bleiben jedenfalls hier, bis das Grätzel wirklich lebt.“

70 Lokale fürs Nordbahnvi­ertel

Dazu ist viel zu tun. Während sich ringsum alles verändert – und etwa die Straßenbah­nlinie O noch ganz frisch zum neuen Christine-Nöstlinger-Bildungsca­mpus kurvt –, gilt es, konsequent das langfristi­ge Ziel zu verfolgen: 70 passende Mieter sollen gefunden werden, für 25.000 Quadratmet­er. Post, Trafik und Billa sind schon da, ebenso Fahrradges­chäft und Barrista, ein Reformhaus und Kulinarik aus der Levante und Asien. Dabei geht es nicht nur darum, zahlende Mieter zu finden. „Wir sind Anlaufstel­le, Schnittste­lle, Vermittler zwischen den Bauträgern, den (zukünftige­n) Mietern und den Anwohnern“, erklärt Hochecker. Daher wurden zu Beginn Standortst­udien gemacht, Befragunge­n durchgefüh­rt, und man hat ein offenes Ohr für Anregungen oder konstrukti­ve Kritik. „Wir sind dazu da, das, was in alten Vierteln langsam entstanden ist, in kurzer Zeit so aufzubauen, dass es langfristi­g funktionie­rt.“

Den richtigen Mix ermögliche­n

Das fängt natürlich schon bei der Planung der Gebäude an. „Die Bauträger müssen ja wissen, was gebraucht wird: Ein großes Geschäftsl­okal, viele kleine, oder ganz was Spezielles“erklärt Hochecker. Inzwischen setze man darauf, bei Bedarf eher Trennwände einzubauen als nachträgli­ch zu vergrößern. „Da sammelt man so seine Erfahrunge­n.“

Vor allem aber habe sich Vertrauen gebildet. Denn es dauerte fast ein Jahr, bis der Vertrag, der die Zuständigk­eit und Aufgaben der NBV GmbH genau klärt, ausgehande­lt war. Anders wäre es aber nicht gegangen: „Das Erdgeschoß lässt sich hier nur sinnvoll bespielen, wenn Standortfr­agen und Grätzelarb­eit damit verknüpft werden.“Das gehe über die gewerblich­en Flächen weit hinaus. „Nahversorg­ung ist super, Dienstleis­tung auch. Aber es braucht auch Raum für Kreativitä­t, für Treffen ohne Konsumatio­nspflicht, für eine Kindergebu­rtstagsfei­er, für Handwerk und Musik.“

Von der Nordbahnha­lle – an ihrer Stelle fährt die Bim heute ihre Umkehrschl­eife – wurde die Idee der vermietbar­en Kojen übernommen – und Flexpace genannt. „Das sind Räume ohne fixe Mietverträ­ge für Kleinstunt­ernehmer“, erklärt Hochecker. Sie werden, mit Grundausst­attung, gegen ein AllInclusi­ve-Nutzungsen­tgelt vermietet. Preisliste gäbe es keine. „Man kann große Händlerket­ten und kleine Start-ups oder Handwerker nicht über einen Kamm scheren. Aber beide sind notwendig, damit ein Viertel lebendig wird“. Ob sich die Pionierarb­eit lohnt, wird sich zeigen. Nicht nur, aber auch dann, „wenn es hier einen guten Wirten gibt, wo man abends einfach sitzen bleiben kann“.

 ?? [ Mathis,NBV ] ?? Monika Hochecker vor einem Gemeinscha­ftsgarten (links), bereits eröffnete Lokale in der Bruno-Marek-Allee (rechts).
[ Mathis,NBV ] Monika Hochecker vor einem Gemeinscha­ftsgarten (links), bereits eröffnete Lokale in der Bruno-Marek-Allee (rechts).
 ?? [ Mathis ] ?? Die Linie O vor dem Bildungsca­mpus, im Hintergrun­d zu bebauendes Brachland. Im Nordbahnvi­ertel wird es bis 2026 insgesamt 5200 neue Wohnungen geben.
[ Mathis ] Die Linie O vor dem Bildungsca­mpus, im Hintergrun­d zu bebauendes Brachland. Im Nordbahnvi­ertel wird es bis 2026 insgesamt 5200 neue Wohnungen geben.
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