Wie Mann Hausarbeit übernimmt
Rollenverteilung. Ziehen wir uns wieder mehr in die eigenen vier Wände zurück, bleibt an den Frauen wieder mehr Haus- und Sorgearbeit hängen. Das hat Folgen für Karriere und Absicherung.
SIE kann es ja so gut: organisieren, kochen, putzen, waschen, die Kinder versorgen und ihnen beim Home-Schooling die Lehrer ersetzen. Da kann ER, der Karrieremann, sich ruhig auf seine Erwerbsarbeit konzentrieren. Seine Passivität in Haushaltsund Familiendingen rechtfertigt er mit seinem höheren Verdienst.
Was klingt wie ein Nachhall aus längst vergangenen Jahrhunderten, warf in diesem Sommer zigtausende Frauen zurück. Erneut ordneten sie beruflich Erreichtes Familie und Haushalt unter, die Wertigkeit der Partner wurde neu gewürfelt. Arbeitete frau nicht schon bisher in Teilzeit, gewöhnt sie sich jetzt daran. In Vollzeit schafft sie nicht alles.
Natürlich gibt es Männer, die sich die unbezahlte Haus- und Sorgearbeit mit ihrer Partnerin teilen. Doch die vergangenen Monate zeigen, dass allzu viele anders denken. Das wirft nicht nur die zögerlich vorwärtstapsende Gleichstellung zurück. Sondern es begünstigt auch künftige Altersarmut, ein typisches Frauenthema. Wer Teilzeit oder gar nicht arbeitet, hat kaum Chancen auf eine Pension, die zum Leben reicht.
Gegenrechnen
Die Autorin, Bloggerin und Podcasterin Patricia Cammarata besticht mit konstruktiven Ideen. Für sie beginnt die Lösung mit dem schonungslosen Offenlegen beider Gehälter. Viele Frauen wissen nur ungefähr, was ihr Mann verdient. Zusatzeinkünfte verschweigt er aus gutem Grund: Sie treiben mögliche Alimente in die Höhe.
Cammarata fordert ein Gegenrechnen: Er legt seine vollen Einkünfte auf den Tisch, sie rechnet vor, was ihre Haushalts- und Sorgeleistung auf dem Markt wert ist. Zwölf Euro pro Stunde mindestens, multipliziert mit Arbeitsstunden, die ab dem ersten nächtlichen Brüllen des Babys zählen, sieben Tage die Woche. Cammarata summiert auf über 60.000 Euro entgangenes Jahreseinkommen und fordert zum Ausgleich 50 Prozent seines Jahresnettos – plus eine private Zusatzpension aus seinem Anteil.
Sie geht aber auch mit dem weiblichen Perfektionsanspruch ins Gericht. Ihre Frage lautet nicht „Wie mache ich etwas noch besser/ effizienter?“, sondern „Warum mache ich das eigentlich?“Dann entspringt die dreistöckige Regenbogentorte zum Kindergeburtstag eher der eigenen Sehnsucht nach Anerkennung als jener des Kindes. Dem schmeckt jede Torte.
Erst werden Aufgaben entrümpelt, dann muss frau mann dazu bringen, seinen Anteil an den Aufgaben zu übernehmen.
Aus dem Projektmanagement kommt der Begriff „Definition of Done“, DoD. Er meint jene Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit eine Aufgabe als erledigt betrachtet wird – von beiden. Für ihn bedeutet „Esstisch abgeräumt“, das schmutzige Geschirr zur Abwasch zu tragen. Für sie bedeutet es: Das Geschirr ist im Geschirrspüler, der Esstisch gereinigt, der Boden aufgekehrt. Über solchen Begriffsunschärfen reiben sich Beziehungen auf.
Neu verhandeln
Für eine Neuaufteilung listen nun beide ihre Aufgaben auf. Hier zeigt sich, dass die typisch weiblichen Aufgaben häufig wiederkehren und aus unzähligen Subaufgaben bestehen (Wäsche waschen, aufhängen, bügeln, einräumen). Die typisch männlichen sind selten und monothematisch (Reifen wechseln lassen). Zur Visualisierung bieten sich Excel-Listen und Mindmaps an, aber auch das kostenlose Planungstool Trello oder die App Wunderlist.
Und jetzt loslassen
Hat er mehr oder weniger freiwillig seinen Anteil akzeptiert, begeht sie oft einen schweren Fehler: Sie lässt nicht los. Packt weiter an, kann alles besser (jahrelange Übung), rollt die Augen über seine ungelenken Erstversuche, über seine andere Art, die Dinge zu erledigen. Auch wenn er sich anfangs vielleicht absichtlich dumm anstellt – es heißt, konsequent zu bleiben. Am Ende zählt nur, sich freizuspielen. Und die gewonnene Zeit nicht sofort in neue To-dos zu stecken.