Ibrahimovi´c’ Rosengarten.
Expedition Europa: Aufruhr im Malmöer Roseng˚ard, wo Zlatan Ibrahimovi´c aufwuchs.
„Expedition Europa“: Aufruhr im Malmöer Rosenga˚rd, dem Gemeindebaukomplex, in dem Zlatan Ibrahimovic´ aufwuchs. Von Martin Leidenfrost.
Am 28. August, es war eine Freitagnacht, ging in der Malmöer Sozialsiedlung „Rosengard“˚ die Nachricht um, Islamfeinde von der dänischen Partei „Strammer Kurs“hätten den Koran mit Füßen getreten oder gar verbrannt. Etwa 300 Protestierer zündeten darauf Reifen und Autos an und bewarfen Polizisten mit Steinen. Die Fotos zeigten junge, casual gekleidete Burschen und wohnblockhoch lodernden schwarzen Rauch.
Rosengard˚ heißt Rosengarten, wurde im Rahmen des „Millionenprogramms“der schwedischen Sozialdemokraten errichtet und verwandelte sich in ein anfangs muslimo-jugoslawisches Ghetto. Rosengard˚ ist berühmt, weil der rotzige Fussballgott Zlatan Ibrahimovic´ hier aufwuchs.
An einem werktäglichen Morgen spaziere ich durch den Rosengarten. Ich fürchte mich nicht, schwedische Ausländerghettos sind immer viel netter als französische. Der Islam ist hier nicht durchgehend sichtbar, gelegentlich ein Bartträger mit einer hinterdrein trottenden Dschilbab-Frau, aber auch eine korrekt verschleierte Afrogöre in einem atemberaubend anzüglichen Rock.
An einer Bushaltestelle erzählt mir eine Mittelschülerin palästinensischer Herkunft: „Der Protest war genau hier, ein, zwei Autos haben gebrannt, sicher nicht mehr.“Sie kennt die Jungs, die protestierten – „Rosengard˚ ist eine große Familie“– und widmet ihnen einen schönen Satz: „Was sie getan haben, war nicht okay, aber es war gut.“
Zlatans Wohnblock kennt jeder – ein Mural mit seinem lachenden Konterfei prangt oben dran. Gegenüber ein vergittertes Islamzentrum, am Eingang Kunst am Bau. Das Hochhaus ist seit Zlatans Zeiten nahöstlicher geworden. Nur noch ein Muharemovic, kein Ibrahimovic.´ Ein schwedisch-libanesischer Bengel mit riesigen Engelsaugen führt mich zur Stelle der angeblichen Koranverbrennung. Am Block vor Zlatans Block vorbei, über die Durchzugsstraße, eigentlich schon in den „Apfelgarten“rüber. Auf einem asphaltierten Radweg zwei kleine schwarze Flecken, „hier wars!“. Der sanfte Junge zeigt mir noch eine ausgebrannte Leuchtreklame. Er nennt beides falsch.
Die Autos abgefackelt
Ein Reinigungsmann, 58, ist orthodoxer Rumäne aus Suceava. Eine Koranverbrennung leugnet er: „Komm, ich zeig dir, was in Wahrheit gebrannt hat!“Er gibt in die App, die ihn überwacht, einen Standortwechsel ein und rennt mit dem Putzwagen los. 300 Meter weiter sperrt er den Keller eines bürgerlichen Flachbaus auf. Er führt mich hinein, für die Tiefgarage hat er leider keinen Schlüssel, „alle Autos da drin haben sie abgefackelt“. Wir stehen im Halbdunkel, er zeigt auf schwarze Russspuren auf dem Boden. Ich frage ihn: „Wer hat das gemacht?“Er sagt klar und leise: „Araber.“
Ich warte lange, bis das letzte erkennbare Jugocafe´ endlich öffnet. Zur roten Zone geworden, fehlt mir der Balkan sehr, das „Bosna Burek“im schwedischen Rosengarten ist ein kleiner Ersatz. Nur ein Gast, die Espresso-Aktion zieht nicht. Die Chefin ist eine typisch bosniakische Oma, die den kleinen Zlatan noch kannte, „ein feier Junge“. Die fromme Muslima will nach Zvornik zurück, „es ist kalt hier“, die serbischen Nachbarn dort fürchtet sie nicht mehr, „sie waren damals im Wahn, und was haben sie davon, jetzt hausen sie in Armut“. Die Brandschatzungen in Malmö erklärt sie mit Weltpolitik und Drogen, „alle sind gegen den Islam – Amerika, Russland, Serbien“, „Bosnier haben aber keine mitgemacht“. Und überhaupt, schreit sie zeternd: „Alle sind verrückt geworden!“Ich breche vor Lachen nieder, genau das denke ich mir auch immer öfter. Sie spendiert mir noch einen Espresso.