Krise länger als bis 2022?
Konjunktur. Die Europäische Zentralbank fürchtet eine langwierige Erholungsphase. Indes verlieren Schwellenland-Währungen an Wert.
Athen/Frankfurt. Die neu angerollte Coronawelle macht die Hoffnungen zunichte, dass die Wirtschaft sich schnell von den Folgen des ersten Lockdowns im Frühjahr erholen könnte. Die Wirtschaft im Euroraum wird aus Sicht von EZBDirektor Fabio Panetta wegen der wieder schärferen Maßnahmen gegen die Coronapandemie möglicherweise später als gedacht zum Vorkrisenniveau zurückkehren.
Die jüngsten Wirtschaftsprojektionen der Europäischen Zentralbank (EZB) sehen erst für Ende 2022 eine Rückkehr zum Niveau von vor der Krise vor, sagte Panetta in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der griechischen Zeitung „Kathimerini“.
„Allerdings könnte die Rückkehr zu strengeren Eindämmungsschritten, die wir in einer Reihe von Euroländern beobachten, diesen Zeithorizont sogar noch weiter hinausschieben“, sagte Panetta. Er ist im sechsköpfigen EZB-Führungsteam unter anderem für internationale und europäische Beziehungen zuständig.
Das Wiederaufflammen der Infektionszahlen in manchen Ländern schwäche die wirtschaftliche Erholung, sagte der Notenbanker. Dies betreffe insbesondere den Dienstleistungssektor. „Das verstärkt die Notwendigkeit einer längeren wirtschaftlichen Unterstützung durch Konjunkturpolitik.“Es bestehe die Gefahr, dass die langsame Erholung die Unterschiede zwischen starken und schwächeren Ländern im Währungsraum verschärfe. „Je länger es dauert, zum Vorkrisenniveau zurückzukehren, umso größer wird die Auswirkung auf Divergenz und Ungleichheit sein.“
Ungleichheit wächst
Doch nicht nur innerhalb der Eurozone wächst die Ungleichheit. Infolge der Coronapandemie geraten die Währungen der wichtigen Schwellenländer gegenüber den großen Industriestaaten ins Hintertreffen. Ihr Rückstand im Vergleich zu Dollar, Euro und Co. ist so groß wie seit einem Jahrzehnt nicht. Weltweit rückläufige Zinsen, unsichere Konjunkturaussichten und Geldabflüsse dämpfen den Appetit der Investoren.
Vor allem in Osteuropa litten Währungen wie der polnische Zloty, der ungarische Forint oder die tschechische Krone unter den steigenden Coronazahlen, schrieben die Experten der DZ Bank. „Was die Sache für die ohnehin verunsicherten Währungen nicht einfacher macht, ist, dass zudem geldpolitische Lockerungserwartungen aufgekommen sind.“
Lockerungen (etwa Zinssenkungen) haben normalerweise den Effekt, dass die Währungen noch stärker abwerten. Nach Berechnungen von Nordea hinkt eine Gruppe aus zehn Schwellenländer-Währungen den Industriestaaten in diesem Jahr um fast 14 Prozent hinterher – dazu zählen der chinesische Yuan, der brasilianische Real und die türkische Lira, die derzeit so niedrig wie nie zuvor notiert.