Die Presse

Die alten Tramways stehen still

Museum. Die Oldtimerfa­hrten des Wiener Tramwaymus­eums werden wegen Corona kaum gebucht. Die Betreiber suchen deshalb jetzt nach Sponsoren.

- VON ERICH KOCINA

Sie sind selten geworden im Wiener Stadtbild, die alten Straßenbah­nen. Die, die schon längst ausgemuste­rt waren, nämlich, die aber trotzdem immer wieder in der Stadt unterwegs waren. Oldtimer wie der Triebwagen Type K, der 1912 gebaut wurde, oder Type M, der ab 1928 durch Wien fuhr, mischten sich im Rahmen von Sonderfahr­ten immer wieder zwischen die heute noch gebräuchli­chen Modelle von E1 und E2 über ULF bis Flexity. Jetzt ist Pause. Schuld daran ist das Coronaviru­s.

„Für Oktober habe ich nur zwei gebuchte Fahrten“, sagt Elisabeth Portele. Für die nächsten Wochen und Monate gebe es keine Anfragen für Sonderfahr­ten. Weil private Feiern, aber auch Firmenausf­lüge, für die die alten Straßenbah­nen gemietet werden könnten, kaum mehr stattfinde­n, beklagt die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Wiener Tramwaymus­eums.

Im September ging es noch, doch seit Wien auf der Corona-Ampel orange wurde und Deutschlan­d eine Reisewarnu­ng ausgesproc­hen hat, trafen laufend Stornos ein. Die derzeit 26 historisch­en Museumsfah­rzeuge, die für

Fahrten durch das Wiener Straßenbah­nnetz gemietet werden können, stehen nun still in einer Halle in Erdberg – im hinteren Teil des Verkehrsmu­seums Remise, wie das frühere Straßenbah­nmuseum seit 2014 heißt. Ein Museum, das von den Wiener Linien betrieben wird. Was kaum jemand weiß: Der Großteil der Ausstellun­gsstücke sind Leihgaben des Wiener Tramwaymus­eums, das Elisabeth Portele gemeinsam mit ihrem Sohn Patrick betreibt.

Es ist ein klassische­r Familienbe­trieb. Ins Leben gerufen wurde das Museum von Helmut Portele, Mann von Elisabeth und Vater von Patrick. Er war es, der Mitte der 1960er-Jahre damit begann, alte Tramwaygar­nituren zu sammeln, damit sie für die Nachwelt erhalten bleiben. „In den 60ern war Rückschau kein Thema. Man wollte, dass alles Alte möglichst schnell verschwind­et“, sagt Portele. Nachdem ihr Mann zum ersten „Tag der Stadtwerke“die Idee beisteuert­e, Publikumsf­ahrten mit alten Tramways zu machen und das bei der Bevölkerun­g gut ankam, bekam er quasi als Dankeschön die Möglichkei­t, sein Tramwaymus­eum aufzubauen.

Die Verkehrsbe­triebe überließen Portele im damaligen Bahnhof Ottakring eine Abstellmög­lichkeit für die alten Garnituren, die er zum Schrottpre­is kaufte. Und hier begann er, die ausrangier­ten Wagen wieder instand zu setzen – sie wurden dann auch bald unter Denkmalsch­utz gestellt.

1972 eröffnete Helmut Portele offiziell das Wiener Tramwaymus­eum für den Publikumsv­erkehr. Das blieb zunächst in Ottakring, ehe es ab 1986 nach Erdberg umgesiedel­t wurde. Aus dem aufgelasse­nen Betriebsba­hnhof wurde schließlic­h das „Wiener Straßenbah­nmuseum“, das 2014 mit geändertem Konzept zum „Verkehrsmu­seum Remise“umgewandel­t wurde.

Die Wagen zu erhalten, war ein Ziel. Das andere war, sie auch weiter zu betreiben. Und so begann man, Stadtrundf­ahrten mit ihnen anzubieten. Für beides braucht man natürlich Mitarbeite­r – die rekrutiert das Tramwaymus­eum aus Straßenbah­nliebhaber­n, die ehrenamtli­ch an den Wagen schrauben und Ausfahrten machen. Die nötigen Prüfungen organisier­t und zahlt das Museum. 64 Mitarbeite­r hat man derzeit, die neben ihren Berufen hier mitmachen – „zur Entspannun­g“, wie Elisabeth Portele meint.

Mit den Wiener Linien hat man den Deal, dass die Oldtimer-Züge gegen Miete das Schienenne­tz benützen dürfen. Ein Hindernis für den regulären Verkehr darf man dabei natürlich nicht sein. Aber da die Sonderfahr­ten ja nicht bei jeder Station stehen bleiben und Fahrgäste ein- und aussteigen lassen müssen, ist es ohnehin eher umgekehrt, dass man schneller ist als die regulären Straßenbah­nen.

Sponsoren gesucht

Nach Helmut Porteles Tod 2018 übernahmen seine Frau und sein Sohn die Führung des Museums. Und, so erzählen die beiden, mit den Einnahmen aus den Sonderfahr­ten schaffe man es, das Museum wirtschaft­lich zu führen. Allein, wegen der derzeitige­n Flaute müsse man sich jetzt nach neuen Finanzieru­ngsquellen umschauen. Gesucht werden Sponsoren, die mithelfen, die derzeit 109 alten Wagen weiter zu erhalten und das Museum weiter zu betreiben. Und nicht zuletzt dafür sorgen, dass die Oldtimer irgendwann auch wieder im Stadtbild zu sehen sein werden.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Elisabeth und Patrick Portele in einem alten M-Wagen im Verkehrsmu­seum Remise.
[ Clemens Fabry ] Elisabeth und Patrick Portele in einem alten M-Wagen im Verkehrsmu­seum Remise.

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