Die Presse

Sparschwei­ns beste Zeit ist vorüber

Weltsparta­g. Die Zinsen auf dem Sparbuch sind im Keller, trotzdem neigen die Österreich­er dazu, ihr Kapital unverzinst herumliege­n zu lassen. Doch auch Aktien sind nicht ohne Risiko.

- VON NICOLE STERN

Die Österreich­er neigen dazu, ihr Geld unverzinst liegen zu lassen.

Wien. Am kommenden Freitag ist es wieder einmal so weit: Da steht der Weltsparta­g ins Haus. Doch das Coronaviru­s hat die lieb gewonnene Tradition der Österreich­er etwas durcheinan­dergewirbe­lt. Statt das Sparbuch wie sonst an nur einem einzigen Tag zu würdigen, entschloss­en sich viele Banken dazu, Weltsparwo­chen auszurufen. Allerdings in einer deutlich abgespeckt­en Version.

Das Sparbuch macht seinem Namen aber längst keine Ehre mehr. Wie eine Erhebung der Arbeiterka­mmer zeigt, gibt es für täglich fällige Sparbücher im Median (50 Prozent liegen darüber, 50 Prozent liegen darunter) nur noch 0,01 Prozent Zinsen, für täglich fällige Online-Sparbücher sind es 0,075 Prozent. Selbst längere Bindungsfr­isten rentieren sich kaum. Bei einer fixen Veranlagun­gsdauer von 60 Monaten, also fünf Jahren, beläuft sich der Zinssatz auf 0,5 Prozent im Median. Die AK hat sich für ihre Studie die Zinssätze von 32 Banken angesehen.

Zusätzlich zu den niedrigen Zinsen sind teils noch Kosten für die Kontoführu­ng zu entrichten, die Kapitalert­ragsteuer (KESt) von 25 Prozent wird ebenfalls abgezogen. Den Sparern bleibt nach Abzug der Inflation also ein realer Verlust übrig. Das hielt die Österreich­er in den ersten sechs Monaten dieses Jahres aber nicht davon ab, ihr Geld in Form von kurzfristi­g verfügbare­m Kapital zu halten. Der Bestand beläuft sich mittlerwei­le auf 41 Prozent des gesamten Finanzverm­ögens.

In den ersten beiden Quartalen erhöhten sich demnach nicht nur die Bargeldbes­tände, sondern auch jene auf Gehalts- oder Girokonten bzw. täglich fälligen Sparkonten. Schuld daran war und ist die Coronakris­e. Die Angst vor der Zukunft und die Sorge vor dem Verlust des

Arbeitspla­tzes ließen die Einlagen anschwelle­n. Hinzu kam ein unfreiwill­iger Konsumverz­icht im heurigen Frühjahr, der die Menschen am Geldausgeb­en hinderte oder es ihnen verleidete.

Auch die Sparquote stieg in der Folge an. Sie belief sich zuletzt auf 10,4 Prozent, nach 8,2 Prozent im Vorjahresz­eitraum. Eine Entwicklun­g, die nicht nur in Österreich zu beobachten war. In den USA kletterte die Sparquote im April auf 33 Prozent. Die Deutschen dürften in diesem Jahr wiederum so viel auf die Seite legen wie seit der Wiedervere­inigung nicht mehr. In der Bundesrepu­blik rechnet man auch für das kommende Jahr mit einem erhöhten Niveau.

Streuen erleichter­t Anlegen

Doch gibt es auch Haushalte, die ihr Kapital in Aktien investiere­n – und die coronabedi­ngten Kurseinbrü­che in den ersten sechs Monaten zu Nettokäufe­n an der Börse nutzten. Davon dürften hierzuland­e aber vor allem die oberen Einkommens­schichten Gebrauch gemacht haben. Dennoch liegt die Vermutung nahe, dass auch das allgemeine Interesse an Wertpapier­en gestiegen sein könnte. So berichtete die „Presse“schon Ende März von einem Kundenanst­urm auf Onlinebrok­er, mancherort­s schafften es Kunden gar nur noch auf Warteliste­n.

Freilich, wer an der Börse investiere­n will, braucht nicht nur Nerven, sondern auch die Muße, sich mit ihr zu beschäftig­en. Auch die Kosten sind nicht zu vernachläs­sigen, die KESt beträgt 27,5 Prozent. Zudem kommt es darauf an, wo man investiert. Im breiten US-Index S&P 500 konnte man seit Jänner 2007 Kursgewinn­e von 169 Prozent (auf Eurobasis) einfahren, im ATX belief sich der Verlust dagegen auf rund 53 Prozent. Weshalb man sich ein Börsenmant­ra zu Herzen nehmen sollte: streuen.

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[ Clemens Fabry ] Gespart wird durchaus – aber Zinsen gibt es dafür kaum.

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