Die Presse

Spanien verhängt Notstand

Corona. Madrid will mit nächtliche­r Ausgangssp­erre Infektions­zahlen senken. Die Reisefreih­eit zwischen den Regionen wird beschnitte­n.

- Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

Die Worte des spanischen Premiers waren deutlich: „Die Situation ist sehr schwerwieg­end. Die nächsten Monate werden sehr hart“, sagte Pedro Sanchez.´ Wegen der stark ansteigend­en Zahl der Corona-Infektione­n in Spanien gebe es keinen anderen Weg, als wieder, wie schon im Frühjahr, den nationalen Ausnahmezu­stand zu verhängen. Offenbar rechnet Sanchez´ nicht mit einem schnellen Sieg über die Pandemie: Der Ausnahmezu­stand soll nach den Vorstellun­gen der Regierung wenigstens für ein halbes Jahr in Kraft bleiben. Das Parlament muss den Notstand allerdings formal alle zwei Wochen verlängern. Der sozialisti­sche Regierungs­chef forderte in einer TV-Ansprache „die Hilfe aller Parteien“.

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei 191 Ansteckung­en pro 100.000 Einwohner – mit steigender Tendenz. Die Krankenhäu­ser sind schon länger wieder am Limit. Nahezu 15.000 Covid-19-Patienten liegen im Spital, mehr als 2000 auf den Intensivst­ationen.

Als Maßnahme gegen weitere Infektione­n soll in Spanien eine nächtliche Ausgangssp­erre von elf Uhr abends bis sechs Uhr morgens gelten. Menschenan­sammlungen von mehr als sechs Personen werden verboten. Auch soll die Reisefreih­eit zwischen den Regionen beschnitte­n werden. Diese drastische Einschränk­ung der Bewegungsf­reiheit der Bürger ist nur mithilfe des Ausnahmezu­standes möglich.

Wildwuchs an Anti-Corona-Regeln

Das Notstandsr­echt würde es erlauben, die Bevölkerun­g wie schon während der ersten Coronawell­e in Zwangsquar­antäne zu schicken. Das soll jedoch unter allen Umständen vermieden werden, sagte Sanchez,´ auch, um die schon jetzt stark leidende Wirtschaft nicht weiter zu schädigen. Mit der Erklärung des Notstandes übernimmt die nationale Regierung in Madrid wieder die Kontrolle über die spanische Anti-Corona-Politik. In Normalzeit­en sind die Regionalre­gierungen für Gesundheit­spolitik zuständig. Dies hatte jedoch dazu geführt, dass in jeder Region andere Corona-Regeln galten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria