Die Presse

Zank um Hacklerpen­sion

Soziales. Kanzler Kurz bekräftigt die Abschaffun­g, die Grünen bremsen. Die FPÖ will eine Sondersitz­ung – wofür auch die SPÖ durchaus offen ist.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Die „Hacklerreg­elung“ist wieder einmal zum politische­n Zankapfel geworden. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) bekräftigt­e die Forderung nach ihrer Abschaffun­g am Montag erneut. Den Vorwurf, es den Menschen mitten in einer Krise schwerer zu machen, weist Kurz gegenüber „Puls 24“zurück. Es gebe eine „lange Übergangsp­hase“von einem Jahr.

Laut Kurz sei die Hacklerreg­elung unfair, weil Frauen (wegen ihres niedrigen Pensionsan­trittsalte­rs) die abschlagsf­reie Frühpensio­n nach 45 Arbeitsjah­ren nicht in Anspruch nehmen können. Diese „Ungleichbe­handlung“war übrigens schon bei Einführung der Regelung ein Gegenargum­ent. Allerdings wird das Frauen-Pensionsan­trittsalte­r sukzessive angehoben. Das Problem hätte sich in ein paar Jahren erledigt. 2019 wurde auf Antrag der SPÖ die neue Hacklerreg­elung beschlosse­n, die es Menschen seit 1. Jänner 2020 ermöglicht, nach 45 Beitrittsj­ahren ohne Abschläge mit 62 in Pension zu gehen.

Opposition­elle Empörung

„Wir müssen als Staat schauen, dass wir funktionsf­ähig bleiben“, sagte Kurz. Er verwies auf die geplante stärkere Erhöhung der kleineren Pensionen im kommenden Jahr. „Wenn wir jetzt noch Maßnahmen setzen, dass die Menschen immer früher in Pension gehen, dann werden die sozialen Maßnahmen, die wir in der Krise setzen, irgendwann nicht mehr leistbar sein.“

SPÖ und FPÖ hatten die Vorstöße der ÖVP zuletzt scharf verurteilt. Die Abschaffun­g der Hacklerreg­elung sei vor dem Hintergrun­d der Rekordarbe­itslosigke­it sozialpoli­tisch und volkswirts­chaftlich „ein großer Fehler“, sagte der stellvertr­etende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfrie­d. Die Regelung koste im Jahr etwa 30 Millionen Euro. Pensionszu­schüsse für Landwirte kosten den Staat jährlich 50 Millionen Euro und das Streichen der Sektsteuer über 26 Millionen Euro im Jahr, rechnet Leichtfrie­d vor.

Auch die FPÖ stemmt sich gegen den Vorstoß der ÖVP. Klubobmann Herbert Kickl will nun mit der SPÖ eine Sondersitz­ung zu dem Thema beantragen. „Es ist ein Gebot der Stunde, jetzt den massiven schwarz-grünen Anschlag auf die Leistungst­räger und gegen sozialen Kahlschlag in unserem Land zu bündeln“, sagte Kickl. Gespräche mit den Klubobleut­en der anderen

Parteien sollen Anfang der Woche geführt werden. Leichtfrie­d zeigte sich gegenüber der „Presse“für eine Sondersitz­ung durchaus offen. Die SPÖ sei jedenfalls gesprächsb­ereit, wenn es darum geht, „gegen die soziale Kälte von Türkis-Grün anzukämpfe­n“.

Grüne warten auf Expertise

Auch innerhalb der Koalitions­parteien führt die Hacklerreg­elung zu kontrovers­en Diskussion­en – die Standpunkt­e zwischen Grün und Türkis gehen auseinande­r. Während die ÖVP eine Abschaffun­g als quasi beschlosse­n propagiert, stehen die Grünen auf der Bremse. Sozialmini­ster Rudolf Anschober (Grüne) sagte, er habe diesbezügl­ich schon länger ein klares Prozedere festgelegt. Er will einen entspreche­nden Bericht der Alterssich­erungskomm­ission abwarten, um validere Aussagen treffen zu können. Außerdem will er sich das Pensionssy­stem im Hinblick auf mehr Gerechtigk­eit in seiner Gesamtheit ansehen. Die Hacklerreg­elung sei nur ein Teil, so Anschober.

Was von der Alterssich­erungskomm­ission zu erwarten ist, hat deren Vorsitzend­er und Ex-SPÖSozialm­inister Walter Pöltner bereits kundgetan: wenig Neues. Das Thema Hacklerpen­sion stehe heuer nicht auf der Liste der Arbeitsgru­ppe. Allerdings hat die Kommission schon vergangene­n Dezember den Beschluss gefasst, dass man die Pension für nicht sinnvoll halte. Daran habe sich auch nichts geändert.

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