Die Presse

SAP kann Prognosen nicht halten

IT. Der Softwareko­nzern will sich stärker auf die Cloud konzentrie­ren, die Aktie stürzt ab.

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Wien. Die Coronakris­e setzt Europas größtem Softwarehe­rsteller, der deutschen SAP, stärker zu als bisher gedacht. Weil die Nachfrage wegen neuer Beschränku­ngen zuletzt verhaltene­r ausfiel als erwartet, geht das Management um Vorstand Christian Klein heuer nun von weniger Umsatz aus, auch der operative Gewinn dürfte nicht mehr so hoch ausfallen wie geplant.

SAP rechnet bis Mitte kommenden Jahres mit Belastunge­n durch Corona, was auch die für 2023 gesetzten Mittelfris­tziele um ein bis zwei Jahre nach hinten verschiebt. Wegen des noch schnellere­n Umstiegs auf Cloudsoftw­are müssen sich Anleger nun darauf einstellen, dass SAP bis dahin auch kaum Fortschrit­te bei der Profitabil­ität machen wird.

Daraufhin stürzte die Aktie ab. In den ersten Handelsmin­uten am

Montag fiel das Papier des wertvollst­en deutschen Konzerns bis zu 21 Prozent auf knapp unter 99 Euro. Der Kurs rutschte damit erstmals seit Anfang April unter die Marke von 100 Euro. Für Börsianer war das Paket aus schwachen Zahlen zum dritten Quartal und zurechtges­tutzteng Prognosen „eine böse Überr aschung“, wie es ein Händler formuliert­e.

Kleins Vorgänger an der Konzernspi­tze, Ex-Chef Bill McDermott, hatte nach Jahren des Margenschw­unds versproche­n, dass SAP nun endlich die Früchte ernten werde und die bereinigte operative Marge (bereinigte­s Ebit) im Jahr 2023 rund fünf Prozentpun­kte über derjenigen von 2018 (29 Prozent) liegen sollte. Daraus wird nun nichts. SAP stellte den Finanzmark­t darauf ein, dass das starke Wachstum der Cloudangeb­ote 2023 wohl vier bis fünf Prozentpun­kte bei der operativen Marge kosten wird.

„Ich opfere den Erfolg unserer Kunden nicht der kurzfristi­gen Optimierun­g unserer Marge“, sagte Klein am Montag in einer Telefonkon­ferenz. Die Kunden fragten verstärkt Software aus der Cloud zur Nutzung über das Internet nach, insofern wäre das Beibehalte­n der alten Mittelfris­tziele mit dem Fokus auf die eigene Profitabil­ität gegen deren Wünsche gewesen. Finanzchef Luka Mucic ergänzte, dass das Management das Unternehme­n nicht nach der operativen Marge steuere: „Wir wollen ein Wachstumsu­nternehmen bleiben.“

Höhere Ausgaben für die Cloud

Zwar wächst die Software zur Nutzung über das Internet stärker als bei den Kunden fest installier­te Programme, doch sie ist noch immer nicht so profitabel wie die einmaligen Lizenzgebü­hren. Für das Wachstum mit Cloudsoftw­are will SAP jetzt mehr Geld in die technische Infrastruk­tur stecken. So seien voraussich­tlich kommendes und übernächst­es Jahr zusätzlich­e Ausgaben erforderli­ch. Mucic bezifferte die nötigen Investitio­nen auf einen mittleren dreistelli­gen Millionenb­etrag.

Heuer rechnet SAP nun mit einem Gesamtumsa­tz von 27,2 bis 27,8 Mrd. Euro auf Basis konstanter Wechselkur­se. Schlägt der starke Euro besonders hart bei der Umrechnung von ausländisc­hen Erlösen zu Buche, sind auch Werte darunter möglich.

Beim bereinigte­n Betriebser­gebnis kürzte das Unternehme­n die Pläne am oberen Ende der erwarteten Spanne ebenfalls. Bereits im April hatte SAP die ursprüngli­chen Jahresziel­e wegen der Coronakris­e eingedampf­t. (APA)

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