Bücher aus dem Automaten
Linz. Rund um die Uhr kann man vor Melanie Hofingers Geschäft Bücher aus einem extra angefertigten Automaten kaufen. Das zieht – vor allem nachts.
Nicht Getränke oder Snacks, sondern Bücher kommen in Linz neuerdings aus dem Automaten: Vor Melanie Hofingers Buchhandlung Veritas in der Harrachstraße hat die Unternehmerin einen Buchautomaten aufgestellt.
Die Idee zum Automaten entstand im April, mitten in der Coronazeit. „Als Alternative zum Versand, damit man noch schneller zu seinem Buch kommt“, sagt Hofinger. Praktisch sei das etwa dann, wenn man noch schnell ein Geschenk braucht oder an einem Sonntag der Lesestoff ausgeht. Der Automat wurde extra angefertigt: Über ein Unternehmernetzwerk knüpfte die 27-Jährige Kontakt zu einem Betrieb, der Snackautomaten baut. Im August, vier Monaten nach der ersten Idee, stand die Maschine vor Hofingers Geschäft.
Zwischen 25 verschiedenen Bücher kann man im Automaten wählen. Die Titel werden regelmäßig durch Neuerscheinungen ersetzt. Auch auf Wünsche geht Hofinger ein: „Wir hatten einen Kunden, der sich den ersten Teil von Joachim Meyerhoffs Buch aus dem Automaten geholt hatte und sich dann den zweiten Teil wünschte, damit er ihn in der Nacht abholen kann.“
Dass der Automat vor allem nachts besonders beliebt ist, überraschte Hofinger. „Wir sehen beim Automaten, wann er genutzt wird. Interessanterweise ist er besonders zwischen 22 Uhr und Mitternacht beliebt“, erzählt sie. Hofinger erklärt sich das vor allem durch jene Kunden, die lange Arbeitszeiten haben. „Wir haben bis 17.30 Uhr geöffnet, da kommen viele erst von der Arbeit nach Hause.“Genutzt wird der Automat jedenfalls intensiv: „Ich hätte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass das sofort so gut angenommen wird.“Und der Automat sorgt für Gesprächsstoff vor Ort.
Einige Kunden seien von dem modernen Automaten verblüfft – denn er gibt den Kunden Anweisungen. „Er spricht quasi mit einem, wenn man darauf klickt“, so Hofinger. „Ältere Damen haben da oft einen Spaß.“
Im Gespräch mit Bezirken
Hofingers Vision ist, dass jeder Mensch in seiner Nähe ein Buch erwerben kann. „Das ist Wissen, das ist Bildung“, sagt sie. „Ich bin gerade im Gespräch mit Bezirken, in denen es keine Buchhandlung mehr gibt. Wir überlegen, auch dort Automaten aufzustellen. Wenn man vor Ort keine Möglichkeit hat, muss man sonst ja zwangsläufig aufs Internet umsteigen.“
An fünf Standorten betreibt die 27-Jährige Buchhandlungen. Das Sortiment passt sie an die Umgebung an. „Es sind alles individuelle Traditionsbuchhandlungen.“Ein Schwerpunkt bei Veritas seien aber die religiöse Abteilung und jene für Kinderbücher.
Seit 2017 ist Hofinger in der Buchhandlungsbranche. „Meine Leidenschaft für Bücher war immer schon da.“In der Verkaufsleitung begann sie zuerst bei Veritas. „Nach einem turbulenten Jahr kam die Meldung vom Verlag, dass wir geschlossen werden“, erzählt Hofinger. Wenn einer der Mitarbeiter übernehmen möchte, sei dies aber möglich, hieß es. „Ich war gerade im Urlaub auf den Philippinen und auf dem Weg nach Hongkong, als ich das gelesen habe. Sieben Stunden Flugzeit hatte ich vor mir, in dieser Zeit fasste ich den Entschluss.“
2018 sperrte Hofinger unter ihrem Namen auf. Ein Jahr später übernahm sie eine weitere Buchhandlung, ein halbes Jahr später erneut. „Im September kamen noch zwei hinzu. Geplant waren die Übernahmen schon vor Corona. „Natürlich kam die Frage auf: Schmeißt man deshalb jetzt alles über den Haufen? Aber ich war mutig“, sagt sie. Auch wenn die Coronakrise ein „saftiges Minus“für sie bedeutete.
Neue Filiale selbst gebaut
In Mauthausen nahm sie die Renovierung deshalb selbst in die Hand: „Ich habe gestrichen, Regale aufgebaut und Kabel gezogen.“Ihr Vater nahm sich Urlaub, auch ihre Mutter, Geschwister und ihr Partner halfen mit vereinten Kräften mit. „Im August bekommen wir die Schulbücher geliefert, um die zu sortieren, brauchen wir normalerweise sieben Ferialpraktikanten. Heuer hatten wir einen“, sagt sie. So fand sich Hofinger zwischen Bauarbeiten und Bücherschlichten wieder.
Aber den Spaß daran hat Hofinger nie verloren. „Mir ist nicht wichtig, dass ich reich werde oder expandiere. Ich möchte einfach einen Mehrwert mit den Büchern bringen“, so Hofinger. „Das ist mein Glaubenssatz: Wenn man dadurch glaubwürdig bleibt, kommt der Erfolg von allein.“